Bürgerliches Engagement:Gemeinsam gegen den Mietwahnsinn

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Der Spatenstich für das erste Wohnhaus der neuen Genossenschaft steht noch nicht fest. Die Mitglieder aber sind bereit. (Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Die Garchinger Wohnungsbaugenossenschaft hat enormen Zulauf. Sie will bezahlbaren Wohnraum schaffen

Von Irmengard Gnau, Garching

Als sich Bastian Dombret, Matthias Behler, Lars Seyfert und weitere Mitstreiter im November 2019 aufmachten zu einem ersten persönlichen Treffen im Römerhoftheater, ahnten sie noch nicht, welche Resonanz ihr Anliegen finden würde. Das Theater war überfüllt, so viele Garchingerinnen und Garchinger kamen, um sich über die Idee des genossenschaftlichen Wohnbaus zu informieren. "Das zeigt: Das Thema bezahlbarer Wohnraum ist in Garching virulent", sagt Behler.

Bei stetig steigenden Bodenpreisen und hohem Zuzug tun sich im Großraum selbst Gutverdienende zunehmend schwer, eine Wohnung zu finden. Die Garchinger wollen diesem Problem gemeinsam etwas entgegensetzen: Seit dem ersten Treffen im November 2019 ist aus der privat organisierten offenen Bürgerinitiative eine eingetragene Genossenschaft geworden, die "Gemeinsam in Garching Wohnbau eG".

Über nachlassendes Interesse können sich die drei Vorstandsmitglieder Seyfert, Dombret und Behler seither nicht beklagen, im Gegenteil: 249 Mitglieder zählt die Genossenschaft inzwischen, von jungen Familien bis zum Rentnerpaar. Eine Kerngruppe aus Bürgerinnen und Bürgern engagiert sich neben ihrem Hauptberuf intensiv in verschiedenen Arbeitsgruppen, wägt das Für und Wider verschiedener Baumodelle ab, wälzt Finanzierungspläne und entwickelt Mobilitätskonzepte. Als Vorsitzenden des Aufsichtsrats hat die junge Genossenschaft den ehemaligen Bürgermeister Manfred Solbrig gewonnen. "Ich bin begeistert, was in dieser kurzen Zeit entstanden ist", sagt Dombret, der seit 2014 für die FDP im Garchinger Stadtrat sitzt.

"Wir warten nur noch auf den fertigen Bebauungsplan."

Nun brennen die Genossen darauf, ihr erstes Wohnbauprojekt in die Tat umzusetzen. In der "Kommunikationszone", dem großen Neubauviertel im Garchinger Nordosten, das eine Verbindung zwischen dem Ortskern und dem Forschungszentrum schaffen soll, hat die Stadt zwei Grundstücke für genossenschaftlichen Wohnbau vorgesehen. Allein, bisher gab es noch keine Garchinger Institution, die das hätte übernehmen können.

Das hat sich nun geändert. "Wir sind bereit, uns formal auf die vorgesehene Baufläche im ersten Bauabschnitt zu bewerben. Wir warten nur noch auf den fertigen Bebauungsplan", sagt Dombret. Die Vorbereitungen für das Großprojekt "Kommunikationszone" hatten sich seit dem Ideenwettbewerb im Jahr 2012 immer wieder verzögert. Garchings Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) hofft, in diesem Jahr mit der Erschließung für das gut 30 Hektar große Gelände beginnen zu können, damit 2022 die ersten Bagger rollen, um Wohnungen für bis zu 3000 Menschen zu schaffen.

"Gemeinsam in Garching" will den Schwerpunkt dabei auf familiengerechte Wohnungen legen. Da der Bebauungsplan in der Kommunikationszone Häuser mit maximal vier Geschossen vorsieht, könnten im ersten Wohnhaus der Genossenschaft wohl bis zu 50, höchstens 60 Wohnungen entstehen, schätzt Solbrig. Damit können freilich nicht alle Mitglieder, die das wünschen, gleich beim ersten Bauprojekt zum Zug kommen. Doch wenn es nach dem Willen des Vorstands geht, soll es ja auch nicht bei dem einen genossenschaftlich gebauten Haus in Garching bleiben. Für ein Grundstück im zweiten Bauabschnitt der Kommunikationszone will sich die Genossenschaft ebenso bewerben wie für eines im neuen Wohngebiet am Schleißheimer Kanal in Hochbrück. Und dann ist noch nicht Schluss. "Wir wollen uns als der Partner der Stadt in Sachen Wohnbau etablieren", sagt Dombret selbstbewusst.

Lieblose Alltagsbauten schließen die Genossen dabei aus. Ökologisch nachhaltig und gemeinschaftsfördernd soll ihr Entwurf sein, dabei aber das Ziel bezahlbaren Wohnraums nicht aus den Augen verlieren. Das eigene Quartier aktiv mitzugestalten, etwa durch gemeinsame Mobilitätsangebote, ist für viele eine große Motivation.

Seyfert ist überzeugt: "Das Modell Genossenschaft kann der angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt etwas entgegensetzen - solange genügend Grundstücke zur Verfügung gestellt werden."

Die nächste Informationsveranstaltung der Garchinger Wohnbaugenossenschaft findet am Sonntag, 11. April, 16 Uhr online statt. Anmeldung unter www.gemeinsam-in-garching.de.

© SZ vom 18.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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