Public Viewing:Zehn Freunde könnt ihr sein

Public Viewing: Bereit zum Anpfiff: Simon Angermair und Myriam Stratmann vom Biergarten Mühlenpark in Garching warten auf Gäste und Fans.

Bereit zum Anpfiff: Simon Angermair und Myriam Stratmann vom Biergarten Mühlenpark in Garching warten auf Gäste und Fans.

(Foto: Claus Schunk)

Die Spiele der Europameisterschaft können trotz Corona auch dieses Mal gemeinsam verfolgt werden - unter Auflagen. Einige große Gaststätten verzichten allerdings ganz bewusst darauf

Von Stefan Galler und Bernhard Lohr

Was war das für ein Jubel und Trubel in den Biergärten und in den Festzelten. Bei diversen Europameisterschaften und Weltmeisterschaften war das Publikum regelmäßig aus dem Häuschen, wenn die Nationalmannschaft ein Tor geschossen hatte. Sogar bei der Pleiten-Pech-und-Pannen-WM 2018 in Russland. Doch dieses Jahr wird der kollektive Freudentaumel durch die Corona-Pandemie stark gebremst. Manche Wirte verzichten wegen der Beschränkungen weitgehend auf Übertragungen, wie in der Waldwirtschaft in Großhesselohe und im Biergarten in Ottobrunn am Wolf-Ferrari-Haus. Doch mancher Gastronom setzt auf König-Fußball.

Für die Betreiber der Unterschleißheimer Parkgaststätte ist das Fußball-Event ein Muss. Es ist keine Fußballkneipe, aber die Lage an der Stadionstraße 1 passt gut. So laufen dort regelmäßig Champions-League-Spiele und Gastwirt Daniel Eiglmeier sagt zum Public-Viewing: "Doch, doch, wir machen das." Viele Gäste erwarteten das regelrecht. Deshalb habe er sogar eine "gewisse Planungssicherheit". Es soll eine Großleinwand in der Gaststätte geben und einen Fernseher draußen. Ein paar Reservierungen lägen bereits vor, sagt Daniel Eiglmeier. Je nach Zulauf werde man die Tische gruppieren und alles anpassen.

Der Aufwand, den Eiglmeier betreibt, zeigt auch das Problem, das vielen Wirten vor allem großer Biergärten Kopfzerbrechen bereitet: Laut Christine Mergel, Assistentin des Geschäftsführers in der Waldwirtschaft in Großhesselohe, hat Public Viewing keinen Sinn, "solange der Biergarten nicht voll bestuhlt werden kann". Alles sei zu unsicher, die Inzidenz könne wieder nach oben gehen. Außerdem kämpft mancher Wirt nach Ende des Lockdowns noch mit Personalmangel.

Große, reine Public-Viewing-Veranstaltungen wie in der Vergangenheit finden ohnehin nicht statt. Da und dort hätten sonst die Burschen oder die Junge Union etwas organisiert. Laut Landratsamt ist es Cafés, Restaurants oder Biergärten erlaubt, die Spiele zu übertragen. Allerdings müsse die Gastronomie im Vordergrund stehen. "Das Public Viewing kann natürlich als Anlass für die Besucher genommen werden, die Gastronomie zu besuchen, es muss dabei aber das gastronomische Angebot mit Speisen und Getränken an Tischen erkennbar bleiben", sagt eine Behördensprecherin. Die Regeln für die Gastronomie seien ferner einzuhalten, insbesondere der Mindestabstand zwischen den einzelnen Tischen und Gruppen dürfe nicht unterschritten werden und die FFP2-Maskenpflicht gelte auch weiterhin beim Verlassen des Platzes. Immerhin hat die letzte Lockerung noch manchen Wirt motiviert, es mit Fußball zu versuchen. Zehn Personen aus beliebig vielen Haushalten dürfen an einem Tisch zusammen sitzen. Genesene, vollständig Geimpfte und Kinder unter 14 Jahren aus diesen Haushalten werden nicht mitgezählt.

Simon Angermair, Wirt vom Biergarten Mühlenpark in Garching, hat sich eigens für die EM einen Beamer und eine drei Meter breite Leinwand angeschafft, die im hinteren, überdachten Teil des knapp 700 Gäste fassenden Biergartens aufgestellt wird. "Mit den neuen Regelungen haben wir nicht lange überlegt", sagt er. Es sei jetzt ohne Test und mit einer vernünftigen Zahl an Leuten an einem Tisch machbar. Die Anschaffung des Equipments werde sich lohnen, ist Angermair sicher, schließlich stehe nächstes Jahr schon die Weltmeisterschaft bevor. Angermair will nur die Spiele mit deutscher Beteiligung zeigen, um zwischendurch auch fußballfreie Zeit im Biergarten zu haben. "Die Leute, die normal in den Biergarten gehen, wollen wir nicht stören."

Für die bietet sich in der nächsten Zeit außer der Waldwirtschaft in Großhessellohe auch der Biergarten am Wolf-Ferrari-Haus in Ottobrunn an, der bei den großen Fußballereignissen der vergangenen Jahre ein Hotspot war. Wirt Markus Grenzdörffer hat vor zwei Jahren zur WM in Russland im festen Glauben, die Spieler um Toni Kroos könnten ein anständiges Turnier abliefern, 18 000 Euro in Miete für einen leistungsfähigen Beamer und weitere Technik investiert. Es zahlte sich nicht aus. 1200 Plätze hat er in seinem Biergarten, der momentan auch bewirtschaftet ist. Aber die Innengastronomie liegt noch brach, weil Personal auf die Schnelle gar nicht zu bekommen sei. Der Wirt findet es schwierig, nach dem Lockdown jetzt zum Feiern einzuladen. "Da verstehe ich die Welt nicht mehr." Wie solle er etwa verhindern, dass sich Menschen im Siegestaumel in den Armen liegen?

Angela Inselkammer vom Brauereigasthof Aying verschließt sich der Idee, wie schon bei Titelkämpfen in der Vergangenheit eine Leinwand aufzustellen, keineswegs: "Wir werden sehen, wie es sich entwickelt und dann auch darauf reagieren. Wir wollen ja gute Gastgeber sein", sagte Inselkammer, die auch Landesvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbandes ist, am Freitag im ZDF-Mittagsmagazin. "Wenn sich unsere Gäste das wünschen, werden wir das auch machen."

Nicht viel zu überlegen gibt es für kleinere Gaststätten, die auf Fußball-Übertragungen spezialisiert sind. Etwa das "Second Street" in Haar an der Wasserburger Straße. Dort will man auch draußen ein paar Fernseher aufstellen. Der Betreiber der italienischen Amici-Lokale, die es im Landkreis in Unterföhring und Heimstetten und neuerdings im Jugendstilpark in Haar gibt, geht die EM vorsichtig und differenziert an. Stefan Mayr findet, "es geht alles ein bisserl schnell". Eben galt noch der Lockdown, es waren strenge Vorgaben einzuhalten, was Registierung und Gästezahl angeht. Und jetzt die Lockerung. Mayr sagt, man sei ja doch in erster Linie ein Speiselokal. Es werde an der Bar etwa ein Fernseher laufen und in der Gaststätte in Unterföhring werde man vielleicht auch mehr anbieten. Noch sei das aber nicht ganz entschieden.

Public Viewing: Großveranstaltungen wie bei der WM 2018 - hier beim Sonnwendfeuer in Grasbrunn - wird es heuer nicht geben.

Großveranstaltungen wie bei der WM 2018 - hier beim Sonnwendfeuer in Grasbrunn - wird es heuer nicht geben.

(Foto: Claus Schunk)

Mit Schwung gehen jene Gaststätten die Europameisterschaft an, für die gemeinsames Fußballschauen sowieso zum Repertoire gehört. Das Lokal "Zum Kelten" in Kirchheim etwa, die Vereinsgaststätte des SV Heimstetten. "Wir zeigen alle Spiele während unseren Öffnungszeiten, bevorzugt natürlich die Spiele der Deutschen", sagt Geschäftsführer Michael Matejka. Das heißt: Das Klubrestaurant hat dann länger offen als sonst, denn normalerweise schließt es um 22 Uhr. Eine Reservierung wird empfohlen, sagt Matejka.

Live-Übertragungen bietet wie gewohnt auch "Die Waldeslust" in Unterhaching. Das Lokal am Ortseingang von München kommend war schon früher In-Treffpunkt Münchner Fußball-Profis. Dieses Mal wird das Programm im Vergleich zu früheren Großveranstaltungen etwas reduziert: "Wir zeigen prinzipiell alle Spiele. Allerdings nicht alle im Außenbereich oder auf Leinwand", teilt das Team um Geschäftsführer Holger Müller mit. Im Lokal stehen aber jede Menge Flachbildschirme zur Verfügung, sodass Fans keinen Treffer verpassen dürften. Reservierungen laufen ausschließlich über die Homepage www.waldeslust.de. Die Wirtschaft bietet Gratis-Corona-Tests im Haus an.

Auch im "Die 2" in Neubiberg kommen die Fußballfreunde wieder zu ihrem Recht, nachdem Eigentümer Klaus Hoffmann auf dem Höhepunkt der Corona-Krise das Abo fürs Sportfernsehen gekündigt hatte. Alle Deutschland-Spiele werden live auf fünf Großbildfernsehern gezeigt.

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