KommunalfinanzenDer Staat schafft an, doch der Kreis will nicht länger zahlen

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Etwas mehr als 1300 Beschäftigte arbeiten an den Standorten des Münchner Landratsamtes wie etwa hier in Riem. Gut zehn Prozent davon sind Staatsbedienstete – also Angestellte des Freistaats Bayern.
Etwas mehr als 1300 Beschäftigte arbeiten an den Standorten des Münchner Landratsamtes wie etwa hier in Riem. Gut zehn Prozent davon sind Staatsbedienstete – also Angestellte des Freistaats Bayern. (Foto: Claus Schunk)

Damit das Landratsamt sämtliche Aufgaben erfüllen kann, die vom Freistaat delegiert werden, sind weit mehr Mitarbeiter nötig als Bayern bezahlt. Das will der Münchner Kreistag nicht länger hinnehmen. Doch eine von den Grünen angestrengte Petition scheitert an CSU, SPD und Freien Wählern.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis München

Wenn der Veterinärmediziner auf den Hof kommt, um einem Verdachtsfall auf Vogelgrippe nachzugehen, macht sich der um seine Tiere besorgte Landwirt in den seltensten Fällen Gedanken, wer den Tierarzt bezahlt. Für die Kommunalpolitiker im Landkreis München – und in vielen anderen bayerischen Landkreisen – aber ist diese Frage von enormer Bedeutung. Denn eigentlich müsste der Veterinär, obwohl er im jeweiligen Landratsamt angestellt ist, sein Gehalt vom Freistaat Bayern beziehen; das Veterinärwesen ist eine sogenannte Staatsaufgabe. Doch der Freistaat delegiert zunehmend Aufgaben an die kommunale Ebene, was zu immer lauterer Kritik führt, bleibt er doch in den allermeisten Fällen deren Finanzierung schuldig.

Im Münchner Landratsamt arbeiten derzeit etwas mehr als 1300 Beschäftigte, gut 130, also zehn Prozent, davon sind Beschäftigte oder Beamte des Staates. Deren Zahl aber reicht nicht aus, um all die vom Freistaat auf den Landkreis übertragenen Aufgaben von den Leistungen in der Kfz-Zulassungsstelle über die Ausländerbehörde und den Naturschutz bis zum Veterinäramt bewältigen zu können. Angesichts dieser personellen Defizite finanziert der Landkreis München aus eigenen Mitteln noch einmal zusätzlich etwa hundert Stellen, die sich ausschließlich um staatliche Aufgaben kümmern.

Die Grünen im Münchner Kreistag haben daher bereits in den Beratungen über den Landkreis-Etat für das Jahr 2025 einen Antrag gestellt, mit dem der Freistaat Bayern zum „vollständigen Finanzausgleich für die Übernahme staatlicher Aufgaben“ aufgefordert werden soll. Mit den Stimmen von CSU, SPD und Freien Wählern aber wurde die Aufforderung zum Einreichen einer entsprechenden Petition an die Staatsregierung in der Sitzung des Kreisausschusses am Montag mehrheitlich abgelehnt. Allerdings nicht, weil diese Dreierkoalition die Kritik am Vorgehen des Freistaates nicht teilen würde; vielmehr wollen Christsoziale, Sozialdemokraten und Freie abwarten, ob andere Landkreise auf juristischem Wege mehr Erfolg haben könnten.

„Insgesamt haben die Kommunen zu wenig Finanzmittel“

Die gängige Praxis, originär staatliche Aufgaben auf die kommunale Ebene weiter zu delegieren, trifft alle 71 bayerischen Landkreise und 25 kreisfreien Städte. Als wirtschaftsstärkster Landkreis im Freistaat muss der Landkreis München zur Bewältigung aller staatlichen Aufgaben nahezu 20 Millionen Euro zusätzlich im Jahr aufwenden. Angesichts einer Steuerkraft von etwas mehr als 1,4 Milliarden Euro im Jahr wirkt diese Summe vernachlässigbar, doch auch der Landkreis München steckt gebeutelt durch die Krisen der vergangenen Jahre und schrumpfendes Wirtschaftswachstum in einer finanzpolitischen Krise. „Wir haben in den Haushaltsberatungen gesehen, dass sich die Situation noch einmal zuspitzt“, sagte daher der Oberschleißheimer Landtagsabgeordnete und Kreisrat Markus Büchler von den Grünen, der den Antrag noch einmal verteidigte. Es sei jetzt an der Zeit, dem Freistaat gegenüber „lauter und nachdrücklicher“ zu werden, so Büchler. Denn während im reichen Landkreis München das Geld knapp werde, sitze der Freistaat „auf Rücklagen in Milliardenhöhe“.

Oberhachings Bürgermeister und CSU-Fraktionssprecher Stefan Schelle pflichtete Büchler grundsätzlich bei: „Insgesamt haben die Kommunen zu wenig Finanzmittel. Das ist vollkommen unbestritten.“ Allerdings verwies Schelle auf Landkreise, die durch die gängige Praxis des Freistaates noch härter getroffen würden als der Landkreis München – und daher auch andere Schritte als eine Petition gewählt hätten, die es abzuwarten gelte. So hat etwa der Landkreis Starnberg im vergangenen Jahr ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, mit dem geprüft werden soll, ob der Freistaat nicht doch für die von der kommunalen Ebene geleisteten Aufgaben aufkommen muss.

Schließlich muss der Landkreis Starnberg anteilig deutlich mehr Mittel für Staatsaufgaben aufbringen: Bei einer Steuerkraft von etwa 250 Millionen Euro kostet ihn die Erledigung der Aufgaben zusätzlich neun Millionen Euro. Auch deshalb wurde dort im vergangenen Jahr diskutiert, Klage gegen den Freistaat Bayern einzureichen. Der SPD-Kreisrat und Ismaninger Bürgermeister Alexander Greulich sprach sich ebenfalls dafür aus, die Resultate des Rechtsgutachtens abzuwarten, ehe der Landkreis München in die Offensive gehen sollte.

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