Kreis und quer:Deo, Schweiß und Viren

Nicht einmal im Wald ist man sicher vor den Ausdünstungen seiner Mitmenschen. Dann lieber gleich aufs Oktoberfest.

Kolumne von Michael Morosow

Für Hirsche und Rehe gilt bislang keine Maskenpflicht. Das liegt vielleicht daran, dass die Waldtiere das Coronavirus wahrscheinlich nicht weitergeben können, ganz sicher nicht, wenn sie bei 200 Grad in der Bratreine ihrer Bestimmung entgegen brutzeln. Wirft doch bereits bei 60 Grad jeder Sars-CoV-2-Typ das Handtuch. Im Wald freilich wird es selten so heiß, außer es brennt. Und so haben sich in Nordamerika Hunderte Hirsche und Rehe mit dem Virus infiziert, wie das Fachmagazin "Nature" berichtete. Schwere Symptome sollen sie bislang aber nicht gezeigt haben. Aber wer weiß, wie stark die Abwehrkräfte des heimischen Wildes sind, Nasenabstriche für PCR-Tests an Reh und Hirsch wurden im Landkreis München noch nicht genommen. Um jegliches Risiko auszuschließen, könnte man sich eine FFP2-Maske umbinden, die aber nur stören würde beim Waldluftschnuppern. Nein, nicht im Wald, wäre lächerlich.

Nach dem jüngsten Regen duftet es am Abend nach Harz und Tannennadeln und verleitet einen zu tiefen Atemzügen. Leider auch andere. Ein Pulk Rennradfahrer prescht schwer keuchend auf einem befestigten Waldweg vorbei. Husch, und weg sind sie. Was aber bleibt, ist ihre persönliche Duftmarke, eine Mischung aus Schweiß und verschiedenen Deodorants. Eine ganze Zeit lang steht man mittendrin in einer Wolke recht sportlicher Ausdünstungen und fragt sich: Kann es sein, dass man eben gerade virusbeladene Kleinsttröpfchen von einer Menge eingeatmet hat, als säße man auf der Wiesn im Armbrustschützenzelt inmitten entfesselt hustender Trunkenbolde aus Ischgl? Und lag die CSU-Fraktion im Bezirksausschuss Sendling-Westpark vielleicht doch nicht ganz daneben, als sie im Frühjahr 2021 zum Schutz der Spaziergänger vor Viren das Fahrradfahren auf den Hauptverkehrswegen im Westpark verbieten lassen wollte?

Sei's drum, ausweislich eines negativen Corona-Selbsttests war die von den Radlern hinterlassene Duftwolke nicht virenbeladen. Es bleibt die Erkenntnis, dass es auf dieser Welt keine Rückzugsorte mehr gibt, an denen man wirklich sicher sein kann vor dem verdammten Virus. Außer vielleicht man taucht heimlich im Deininger Weiher unter, hier droht aktuell lediglich der Befall mit Fäkalbakterien. Dass auch Fische Corona haben können, glauben ohnehin nur die Chinesen, die inzwischen auch ihre Meeresfänge testen lassen. Wer also im Waldhaus am Deininger Weiher Forelle bestellt, kann dies mit gutem Gewissen tun.

Die Möglichkeit, beim Keferloher Montag einen Ochsenbraten mit einer Mass runterzuspülen, besteht heuer leider nicht. Das für diesen Montag angesetzte Volksfest fällt aus, wegen Personalmangels. Dafür bereitet sich der Landkreis auf das größte Volksfest der Welt vor, das nicht abermals abgesagt wurde, vielleicht weil sich heuer wohl nur fünf statt sechs Millionen Besucher auf engem Raum begegnen werden. Und weil keine Radfahrer auf die Theresienwiese dürfen.

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