Süddeutsche Zeitung

CSU-Versammlung ohne Öffentlichkeit:Pandemie als Vorwand

Wegen der hohen Inzidenz lädt die CSU im Kreis München-Land die Presse von ihrer Delegiertenversammlung am Samstag aus. Infektionsschutz ist nicht das Ziel.

Kommentar von Wolfgang Krause

Dass es mit der Medienkompetenz der CSU nicht so weit her ist, hat sich in den vergangenen Jahren nicht nur im Totalversagen der Staatsregierung bei der Digitalisierung der Schulen gezeigt. Während andere Parteien ganze Bundesparteitage ins Internet verlegt haben, hat die CSU auch während der schlimmsten Phasen der Pandemie darauf bestanden, dass jeder Ortsverband seine Mitglieder für Wahlen in einem Raum versammelt. Die Kreisdelegiertenversammlung der CSU München-Land soll nun auch im übertragenen Sinne im Hinterzimmer abgehalten werden - in Präsenz, aber ohne Presse.

Kreisvorsitzender Florian Hahn erklärt diesen Schritt damit, dass die Teilnehmerzahl wegen Corona auf ein Minimum beschränkt werden soll. Das ist ebenso dreist wie durchsichtig. Wenn sich 160 Delegierte der CSU-Ortsverbände in einem Sauerlacher Landgasthof treffen, kommt es auf eine Handvoll Reporterinnen und Reporter sicher nicht an. Die CSU missbraucht die Pandemie als Vorwand, um eine missliebige Berichterstattung zu verhindern. Nicht Infektionsschutz ist das Ziel, sondern Message Control.

Hintergrund sind vermutlich die aufkommenden Spannungen in der CSU nach der krachenden Niederlage bei der Bundestagswahl. Durch sein egoistisches Agieren im Wahlkampf hat Ministerpräsident Markus Söder viele Sympathien in der eigenen Partei verspielt. Beim Landesparteitag der Jungen Union wurde sein langjähriger Konkurrent Manfred Weber demonstrativ gefeiert.

Söder-Fan Hahn muss deshalb damit rechnen, dass auch bei der CSU München-Land Kritik am Parteichef geäußert wird. Die will er offenbar unter dem Deckel halten, indem er die Wahl des neuen Kreisvorstandes im Hauruck-Verfahren durchziehen lässt und die Öffentlichkeit ausschließt.

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Quelle:
SZ vom 11.11.2021
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