Coronavirus:Erneuter Marschbefehl ins Gesundheitsamt

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Seit die Unterstützungskräfte der Bundeswehr wieder abgezogen wurden, stauen sich im Gesundheitsamt noch mehr unbearbeitete Corona-Fälle. (Foto: Philipp Schulze/dpa)

Demnächst unterstützen 30 Soldaten der Bundeswehr die Behörde, weil diese mit der Fallbearbeitung überfordert ist.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis München

15 Soldaten der Bundeswehr unterstützen bereits das Gesundheitsamt München-Land bei der Erfassung und Abarbeitung positiver Corona-Fälle, jetzt sind weitere 15 Kräfte angefordert, wie Landrat Christoph Göbel (CSU) am Donnerstag in seinem wöchentlichen Pressegespräch zur Corona-Lage mitteilte. Mit der Verstärkung will Göbel den Problemen im Gesundheitsamt bei der Ermittlung der tatsächlichen Infektionslage Herr werden. Seit Tagen kämpft die Behörde mit rasant steigenden Zahlen von Neuansteckungen. Göbel sprach in der Presserunde von einer "absolut volatilen Lage" und einem "Schicksal", das man mit den Gesundheitsämtern anderer Landkreis teile.

Offensichtlich auch mit dem Münchner Gesundheitsreferat. Denn seit Tagen wird für den Landkreis eine Hospitalisierungsrate von Null gemeldet. Das bedeutet: Offiziell befindet sich kein an Covid-19-Erkrankter aus dem Landkreis zur Behandlung in einem Münchner Krankenhaus - trotz aktuell mehr als 7500 Infizierten. Diese Angabe bezeichnet Göbel als "unglaubwürdig". Natürlich befänden sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch Menschen aus dem Landkreis in Kliniken, und zwar vermutlich in Krankenhäusern in München. Von dort aber kämen keine Meldungen ans Gesundheitsamt.

Laut Amt liegen keine Landkreisbewohner im Krankenhaus. "Unglaubwürdig" nennt das der Landrat

Der Landrat führt das darauf zurück, dass auch in der Stadt die Mitarbeiter der Behörden "am Anschlag arbeiten". Dass das Landratsamt also offiziell fehlerhafte Daten meldet, rechtfertigt Göbel so: Er könne schlichtweg nicht melden, was er an Daten nicht bekomme. Der Landrat geht allerdings davon aus, dass die Hospitalisierungsrate deutlich unter dem bayernweiten Schnitt von derzeit 4,9 Patienten je 100 000 Einwohner liegt. Dies schlussfolgert Göbel aus Erkenntnissen aus der Delta-Welle. Auch in dieser habe der Landkreis stets deutlich unter dem durchschnittlichen Wert gelegen. Göbel führt das auf eine im Landkreis hohe Impfquote zurück - allerdings gibt es auch für diese keine exakten Zahlen.

Unterdessen erfasst die Omikron-Welle den Landkreis mit immer stärkerer Wucht. Stand Donnerstagnachmittag waren 7559 Menschen nachgewiesenermaßen infiziert - so viele wie noch nie in der Pandemie. Der Landrat schätzt, dass etwa die Hälfte aller Ansteckungen momentan in Schulen und Kindertageseinrichtungen passieren. Dennoch hat der Landkreis in allen Schulen auf Weisung des Ministeriums die Kontaktnachverfolgung eingestellt. "Man akzeptiert offenbar, dass die Verläufe bei Kindern und Jugendlichen milder sind und stellt dem gegenüber, was ich richtige finde, dass für diese Gruppen die Möglichkeit des Impfens vorhanden ist", so Göbel. Daher sei es konsequent, die Ermittlung von Kontaktpersonen einzustellen.

Auch in Alten- und Pflegeheimen steigen die Infektionszahlen deutlich und erreichen neue Rekordwerte: 138 Bewohner in sieben Einrichtungen waren am Donnerstag infiziert, mehr als doppelt so viele wie in der Vorwoche - alle geboostert. Die allermeisten hätten milde Verläufe, so die Auskunft aus dem Gesundheitsamt. Hinzu kommen noch 131 infizierte Beschäftigte. Beides sind absolute Höchststände.

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