Süddeutsche Zeitung

Kirchenfeste in der Pandemie:Keine Kapitulation vor dem Virus

Wegen der Corona-Auflagen teilen viele Kirchengemeinden die Termine für die Erstkommunion und die Konfirmation auf.

Von Magdalena Scheck

Um in die Glaubensgemeinschaften der christlichen Kirchengemeinden aufgenommen zu werden, feiern jedes Jahr Kinder und Jugendliche in einem bestimmten Alter Kommunion und Konfirmation. Doch was, wenn die Gemeinschaft aufgrund der Kontaktbeschränkungen nicht mitfeiern kann? Wenn die Ansteckungsgefahr zu hoch scheint? Und die Vorbereitung nicht wie gewöhnlich in Präsenz stattfinden darf?

Auch in diesem Jahr beeinträchtigt die Pandemie die Festgottesdienste, die normalerweise in den Frühlingsmonaten gefeiert werden. Die Corona-Regeln beschränken die Teilnehmerzahlen der Feste, denn zwischen zwei Personen aus unterschiedlichen Haushalten muss auch in den Kirchen der Mindestabstand von 1,5 Metern gewahrt werden. Je nach Größe der Kirche, können so mehr oder weniger Gäste die Kommunion mitverfolgen. Damit gehen die Pfarrgemeinden im Landkreis ganz unterschiedlich um - die einen verschieben die Gottesdienste, die anderen setzen sie mit neuen Konzepten um.

Eine Kommunion abzusagen, das wäre wie "vor Corona zu kapitulieren", findet der katholische Oberhachinger Pfarrer Emmeran Hilger - für ihn und viele andere Kirchen im Landkreis ist das keine Option. Um das Fest, das traditionell eigentlich meist am Weißen Sonntag, dem ersten Sonntag nach Ostern, gefeiert wird, trotz der Pandemie zu ermöglichen, gilt es nun in der Vorbereitung und im Gottesdienst kreativ zu werden.

"Das Kommunionsfest ist für viele ein Highlight"

In der Kirche St. Bartholomäus in Deisenhofen sollen in diesem Jahr rund 60 Kinder die Erstkommunion empfangen, aufgeteilt auf vier Termine mit jeweils 15 Kommunionkindern und zehn Gästen pro Kind. Doch vorerst hat die Pfarrei die Gottesdienste in den Juni und Juli verschoben. "Das Kommunionsfest ist für viele ein Highlight", sagt Hilger, "deshalb soll es auch seinen Platz bekommen. Momentan ist das schwierig, denn wenn man Corona-konform feiert, darf man fast niemanden außer der Familie einladen."

Langfristig zu planen sei im Moment kaum möglich, doch er habe die Hoffnung, dass sich im Sommer die Situation soweit gebessert habe, dass auch die Großeltern der Kinder wieder "gerne und mit gutem Gewissen" mitfeiern können, denn diese seien "maßgeblich für die religiöse Erziehung und das Hineinwachsen in den Glauben", betont der Oberhachinger Pfarrer.

Der katholische Pfarrverband Aschheim-Feldkirchen hat sich für die rund 75 Kommunionkinder in diesem Jahr eine flexible Strategie überlegt: Ob sie in einer Einzelkommunion während der normalen Messe oder in einer Gruppe von bis zu fünf Kindern die Erstkommunion empfangen wollen und ob die Feier im Frühjahr oder erst im Oktober stattfinden soll, durften die Familien selbst entscheiden. So wird es in diesem Jahr insgesamt 14 Kommunionsfeiern geben, sagt Gemeindereferentin Ina Trainer, kleine Gottesdienste, bei denen die Kinder jeweils maximal zehn Gäste mitbringen können.

Die kleinen Feste geben ein ganz anderes Bild ab als sonst, wenn die Kirche voll ist und viele Kinder einziehen, weiß Trainer. Doch auch das habe seine Vorteile: "Die einzelnen Kinder stehen mehr im Fokus. Jedes Kind hat eine Aufgabe im Gottesdienst. Die Kinder merken, sie sind die absoluten Hauptpersonen und gehen nicht in einer großen Gruppe unter."

Das bestätigt auch Nicol Alletter, die im April die Kommunion ihrer Tochter in Aschheim gefeiert hat. Trotzdem sagt sie: "Natürlich ist es traurig, dass die Kommunion nicht wie üblich das große Familienfest ist." Denn in der Kirche durften zwar zehn Familienmitglieder die Erstkommunion verfolgen, hinterher gemeinsam zu feiern, war aber nicht erlaubt. "Das ist schon ein Widerspruch", sagt Alletter. "Es ist nicht durchdacht von der Politik."

Doch nicht nur die Feier und der Gottesdienst, sondern auch die Kommunionsvorbereitung bringt neue Herausforderungen für Kirchen und Familien. Während sich die Kinder normalerweise in Gruppen auf die Kommunion vorbereiten, haben sie sich in diesem Jahr in den Familien mit verschiedenen Aufgaben auseinandergesetzt, gemeinsam eine Mahlzeit zubereitet, Fürbitten geschrieben oder eine digitale Schnitzeljagd gemacht, erzählt Uli Hofmann, Pastoralreferent des katholischen Pfarrverbandes Ismaning und Unterföhring. Genauso wie in Oberhaching und in Aschheim und Feldkirchen musste dort die Kommunionsvorbereitung virtuell stattfinden, mit Hilfe von Videos oder per E-Mail.

So beschäftigten sich die Kinder in ihren Familien intensiver mit dem Glauben, die Gemeinschaftserfahrung mit den Gleichaltrigen kam jedoch zu kurz, sagt Hofmann. Im Pfarrverband werden in diesem Jahr 100 Kinder die Kommunion erhalten. Diese werden in Unterföhring in Gruppen von acht Kindern eingeteilt; im Innenhof der Ismaninger Kirche sind die Gruppen auf 17 Kinder beschränkt. Dadurch wird die Kommunion "persönlicher", findet Hofmann: "Es ist eben kein raschelndes, unruhiges Fest, sondern ein stilleres, intensiveres Feiern, bei dem man noch mal neu zur Besinnung kommen kann. Das hat alles immer zwei Seiten."

70 Konfirmationen an drei Tagen

Ein ungewöhnlicheres Konzept verfolgt die evangelische Michaelskirche in Ottobrunn, die ihre Konfirmation in einen Stationen-Gottesdienst eingeteilt hat. Dadurch erlebt jeder Konfirmand seine Konfirmation ganz individuell, indem er vier Stationen in vier verschiedenen Räumen in der Kirche, dem Foyer und dem Gemeindesaal durchläuft. Da die Räume relativ groß sind, können die Konfirmanden so bis zu 20 Personen mitbringen, erklärt Dekan Mathis Steinbauer. So sollen nacheinander an drei Tagen rund 70 Konfirmationen stattfinden. Ob die Konfirmationen verschoben werden, entscheide jede Gemeinde des Prodekanats für sich, sagt der Dekan, meist hänge das von den örtlichen Gegebenheiten und der personellen Ausstattung ab. Die Michaelskirche habe das Glück, große Räume und somit die besten Voraussetzungen zu haben, die Konfirmation wie vorgesehen Mitte Mai über die Bühne zu bringen.

In der Jesuskirche in Haar wurde die Konfirmation bereits verschoben, zunächst in den Spätsommer oder den frühen Herbst, sagt Pfarrerin Annedore Becker. Auch in Haar soll in kleineren Gruppen gefeiert werden, die genaue Planung stehe aber noch nicht fest. Doch nachdem die Vorbereitung, wie in der Michaelskirche, nur über Zoom und wenige Präsenztreffen ablaufen konnte, gab es für die 23 Konfirmanden laut Becker bisher zu wenig Möglichkeiten, das kirchengemeindliche Leben kennenzulernen und sich mit anderen Jugendlichen auszutauschen.

Der Pfarrerin ist aber bewusst, dass die Konfirmation aufgrund der aktuellen Lage eben nicht mit der ganzen Familie gefeiert werden kann, ohne das Risiko einzugehen, sich und andere zu gefährden. "Die Konfirmation ist der festliche Abschluss eines Weges", sagt Becker, "eines Jahres in dem die Jugendlichen überlegen, was es für sie heißt als Christ zu leben." Bei der Konfirmation beantworteten sie die Frage "Willst du als Christ leben?" mit Ja. "Insofern fände ich es tragisch, wenn wir das gar nicht feiern könnten", sagt Becker. "Wir müssen uns aber an die Richtlinien halten, denn ein Fest ist nur dann schön, wenn man es relativ unbeschwert feiern kann."

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Quelle:
SZ vom 12.05.2021
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