Coronavirus im Landkreis München:Warten auf die nächste Welle

Coronavirus im Landkreis München: Nur noch zwischen 50 und 100 Impfungen werden derzeit in den drei Impfzentren des Landkreises am Tag verabreicht.

Nur noch zwischen 50 und 100 Impfungen werden derzeit in den drei Impfzentren des Landkreises am Tag verabreicht.

(Foto: Claus Schunk)

Von der Pandemie ist kaum noch etwas zu spüren. Doch immer noch sterben Menschen an Covid-19 und die nächste Variante ist im Anmarsch.

Von Martin Mühlfenzl

Diese Pandemie scheint ihren Schrecken fast verloren zu haben. Nur noch im öffentlichen Nahverkehr wird man der Masken wegen daran erinnert, dass noch Viren durch die Luft fliegen. Und wenn das Münchner Landratsamt Trauriges zu vermelden hat: Drei Todesfälle im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung verkündete die Behörde in der vergangenen Woche. Zwei Frauen und ein Mann - zwei davon erst Mitte 60 - sind nun Teil der Statistik, die seit Pandemie-Beginn im Landkreis München insgesamt 373 Opfer erfasst hat. Und noch immer müssen Menschen aufgrund einer Infektion im Krankenhaus behandelt werden. Vorbei ist diese Pandemie nicht.

Die sogenannte Hospitalisierungsinzidenz, die besagt, wie viele Menschen auf 100 000 Einwohner binnen einer Woche wegen Corona im Krankenhaus behandelt werden müssen, lag für den Landkreis München Ende vergangener Woche bei 4,0 und damit etwas höher als im gesamten Freistaat (3,8 am Montag). Dieser Wert schwankt im Landkreis immer wieder, folgt aber einem Muster - und zwar mit Verzögerung von einigen Wochen der Höhe der Infektionszahlen. Anfang Februar lag die Hospitalisierungsinzidenz laut Landratsamt bei 5,72, ehe sie Anfang März zurückging und sich zwischen 3,4 und 4,3 einpendelte, um dann Anfang April wieder auf 5,7 zu steigen. Ende April, Anfang Mai erreichte die Hospitalisierungsinzidenz ihren bisherigen Höhepunkt in diesem Jahr und lag bei Werten zwischen sieben und acht. Das war die Folge des Höchststandes an Infektionen Mitte, Ende März. Damals lag die Sieben-Tage-Inzidenz im Landkreis München bei mehr als 1700, mehr als tausend neue nachgewiesene Fälle kamen täglich hinzu. Dann kam der 1. Mai und es fielen nahezu alle Corona-Beschränkungen.

Den Zahlen kann man derzeit nicht trauen

Am Montag wies das RKI für den Landkreis München eine Sieben-Tage-Inzidenz von 245,1 aus, insgesamt 857 Menschen haben sich in der vergangenen Woche nachweislich mit dem Coronavirus infiziert. Doch welchen Wert haben diese Zahlen? Denn die Zahl der Testungen ist im Vergleich zu den ersten Monaten dieses Jahres deutlich zurückgegangen. In der Woche vom 4. bis 10. April ließen in den kommunalen Testzentren des Landkreises mehr als 5300 Menschen einen PCR-Test vornehmen, nahezu 4000 entschieden sich für einen kostenlosen Antigen-Schnelltest. Seitdem ist die Zahl der Test kontinuierlich rückläufig, scheint sich nun aber auf einem niedrigeren Niveau einzupendeln: Vom 23. bis 29. Mai waren es in den kommunalen Testzentren 1187 PCR- und 2197 Schnelltest, in der Woche darauf stieg die Zahl der PCR-Tests leicht auf 1312 an, hinzu kamen noch 2196 Antigen-Tests. Klar ist aber: Weniger Test bedeuten auch weniger positive Ergebnisse.

Zuletzt wurden von Experten immer wieder Befürchtungen geäußert, die für den Herbst angekündigte Corona-Welle könne auch aufgrund der neuen Omikron-Variante BA.5 schon im Sommer bevorstehen. Im Landkreis München aber lässt sich noch kein deutlicher Aufwärtstrend bei den Infektionszahlen ablesen. Allerdings, stellt das Landratsamt klar, müssten "auch die Daten der kommenden Tage betrachtet werden", heißt es Nachfrage. Hinzu komme, dass der Inzidenzverlauf wegen der nicht mehr notwendigen Meldung neuer Fallzahlen an Wochenenden und Feiertagen erst nachlaufend aktualisiert werde. Und auch die Dunkelziffer dürfte bei den Infektionen deutlich höher liegen, als sich dies mit Tests samt positiven Testergebnissen derzeit feststellen lässt - eine seriöse Schätzung sei nicht möglich, so das Landratsamt.

Weiter in Betrieb sind die drei Impfzentren des Landkreises in Haar, Unterschleißheim und Oberhaching, allerdings ist das Angebot in Oberhaching reduziert worden, dort wird sonn- und feiertags nicht mehr gegen das Coronavirus immunisiert. Dies ist auch der weiter sehr niedrigen Nachfrage geschuldet. In den drei Impfzentren werden derzeit lediglich zwischen 50 und 100 Impfungen am Tag verabreicht. Seit 1. Mai, teilt das Landratsamt mit, machten den größten Teil - etwa 70 Prozent - die zweiten Auffrischungen aus, mehr als 80 Prozent der Impflinge seien älter als 60 Jahre. Wie hoch die Impfquote im Landkreis tatsächlich ist, lässt sich allerdings nicht feststellen, da landkreisübergreifend geimpft wird; also auch Menschen, die nicht im Landkreis wohnen, hier ihre Immunisierung erhalten und Landkreisbürger sich auch außerhalb des Landkreises impfen lassen.

Nach der Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko), auch fünf- bis elfjährige Kinder impfen zu lassen, hat das Landratsamt keinen besonderen Effekt festgestellt. Die Behörde spricht von "sehr geringen Impfzahlen" in dieser Altersgruppe. Ob sich das im Herbst oder Winter ändern könnte, sei nicht vorherzusagen. Der Landkreis selbst plant derzeit keine eigene Aktionen wie Impf-Angebote an Schulen.

Zur SZ-Startseite
Coronavirus: Einmalhandschuhe und Masken liegen an einem Straßenrand

SZ PlusMeinungCorona-Politik
:Willkommen in Chaos-Land

Ideologisch aufgeladene Debatten verhindern eine pragmatische Vorbereitung auf mögliche neue Infektionswellen im Herbst. Dabei wäre es wichtig, den Menschen klarzumachen, was kommen kann.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: