Süddeutsche Zeitung

Schutzgebiet:Wasser auf die Mühlen

Brunnthal reicht Sauerlach im Streit um einen neuen Brunnen die Hand, erhebt aber zugleich schwere Vorwürfe gegen die Nachbargemeinde.

Von Angela Boschert, Brunnthal

Der Streit wegen des Wasserschutzgebiets für den neuen Brunnen der Gemeinde Brunnthal geht möglicherweise in die Schlussrunde. Brunnthals Bürgermeister Stefan Kern (CSU) soll mit seiner Sauerlacher Amtskollegin Barbara Bogner (Unabhängige Bürgervereinigung, UBV) eine Lösung suchen, hat der Gemeinderat am Mittwochabend mehrheitlich entschieden. Der Vorschlag eines Runden Tisches mit professionellem Mediator wurde mehrheitlich abgelehnt. Bogner und Kern kennen sich seit mehr als 25 Jahren.

Kern überbrachte seiner Amtskollegin ein entsprechendes Schreiben gleich am Tag nach der Sitzung. Sie war schon informiert, denn Sauerlachs Zweiter und Dritter Bürgermeister, Klaus Zimmermann (UBV) und Wolfgang Büsch (Grüne), hatten die Sitzung im Festsaal des Landgasthofs Brunnthal verfolgt, sich aber nicht zu dem Beschluss geäußert, der mit großer Mehrheit gegen nur drei Stimmen fiel. Dieser listet detailliert die einzelnen Schritte auf, die zum Bau des neuen Brunnthaler Brunnens nahe der Autobahnausfahrt Hofoldinger Forst an der alten Römerstraße geführt haben.

Bürgermeister Kern entschuldigt sich

Der Disput zwischen den zwei Nachbargemeinden erreichte seinen Höhepunkt im Juni, als Sauerlach Brunnthal die direkte Zufahrt zur Baustelle verbot. Erst habe Brunnthal ohne Berechtigung den Forstweg mit Baustellenfahrzeugen befahren, dann habe die Gemeinde auch noch Verkehrsschilder im Wald aufgestellt, ohne zu fragen. "Das geht überhaupt nicht", so Bogner zur SZ. Brunnthal war davon ausgegangen, dass der Weg im Staatsforst liegt und dessen Nutzung durch Verträge erlaubt ist. Für etwaige Schäden komme die Gemeinde auf, entschuldigt sich Bürgermeister Kern nun bei den Nachbarn. Fortan nehmen die Baustellenfahrzeuge von der Autobahnausfahrt einen großen Bogen über Sauerlach-Mitte, durch Walchstatt und Otterfing.

Den Brunnenbau hält man in Brunnthal nach wie vor für berechtigt, wie die Gemeinde in dem dreiseitigen Beschluss minutiös ausführt. Seit 2007 werde über die Wasserschutzgebiete für die Brunnen und die gesamte Wasserversorgung diskutiert. Das Schutzgebiet entspreche den Forderungen Sauerlachs und liege im Bannwald, der nur eingeschränkt nutzbar sei. Weder die Entwicklung Sauerlachs einschließlich Gewerbe und Landwirtschaft noch die Umgehungsstraße werde behindert. Zudem sei das Gebiet vom Wasserwirtschaftsamt geprüft worden. "Die Gemeinde Sauerlach war in diesen Prozess eingebunden", heißt es von Seiten Brunnthals.

2015 und erneut 2017 habe der Sauerlacher Gemeinderat dem Wasserschutzgebiet zugestimmt. Jetzt aber breche Sauerlach das Vertrauen "in einer Beliebigkeit, die sprachlos macht", heißt es weiter. Die Behauptung, Brunnthal handle "rein wirtschaftlich" und schränke die Planungshoheit von Sauerlach ein, sei "vollkommen unverständlich". Auch argumentiere Sauerlach zu Unrecht, das Schutzgebiet betreffe die Konzentrations- also Aufstellflächen für ein Windrad. Der Entwurf der neuen Wasserschutzgebietsverordnung schließe Windräder in Trinkwasserschutzzonen nicht grundsätzlich aus. Zudem solle das Windrad nach aktuellem Planungsstand der Arge Windenergie Hofoldinger Forst außerhalb des Schutzgebiets liegen.

"Die Vehemenz, mit der die Gemeinde Sauerlach neuerdings allein zum eigenen Vorteil und dem einiger weniger Waldeigentümer gegen das Wasserschutzgebiet der Gemeinde Brunnthal vorgeht, kann als einzigartig negativ innerhalb der kommunalen Familie bezeichnet werden", heißt es in dem dreiseitigen Gemeinderatsbeschluss. Dies alles erschüttere eine vertrauensvolle und verlässliche Zusammenarbeit unter Gemeinden.

SPD-Gemeinderätin Christine Zietsch (SPD) bezeichnete den Text als zu vorwurfsvoll, doch unterstützten nur fünf Kollegen ihren Antrag, harsche Passagen zu streichen, um eine einvernehmliche Einigung zu befördern. Sauerlachs Bürgermeisterin Bogner hielt am Donnerstag entgegen, ihre Gemeinde habe ein neues hydrologisches Gutachten in Auftrag gegeben, um die Fließrichtung des Wassers sowie die Breite und Größe des Schutzgebiets prüfen zu lassen, das sie weiterhin so nicht für umsetzbar hält. Brunnthal baue einen Brunnen, zu dem es offiziell keine Zufahrt habe. Sauerlach sei zudem unvollständig informiert worden, das werde sie ihrem Kollegen Kern darlegen. Einen Vermittler bräuchten sie nicht. "Jetzt haben wir den Auftrag, miteinander zu reden", sagte Bogner zur SZ.

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Quelle:
SZ vom 16.07.2021
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