Umweltschutz:Tropennächte im Münchner Umland

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Hitzeperiode im Jahr 2018: Mit einer Pumpe musste das Wasser im Deininger Weiher umgewälzt werden. So wurde Sauerstoff in den Moorweiher gebracht, um das Fischsterben zu verhindern. (Foto: Sebastian Gabriel)

Für den Landkreis München wird eine deutliche Steigerung der mittleren Jahrestemperatur bis Ende des Jahrhunderts vorhergesagt. Eine Statistik des Landratsamts zeigt, welche Bemühungen um Klimaschutz und Klimaanpassung geplant sind und welche es bereits gibt.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis München

Die Prognosen für den Landkreis München lassen nichts Gutes erahnen. Zum Ende dieses Jahrhunderts wird die Welt ein gefährlicherer Ort sein. Die Klimaprojektionen des „Representative Concentration Pathway“, auf Deutsch: Repräsentativer Konzentrationspfad, sagen explizit für den Landkreis München eine deutliche Steigerung der mittleren Jahrestemperatur bis Ende des Jahrhunderts vorher, im Vergleich zur Referenzperiode zwischen 1971 und dem Jahr 2000 wird sie von 8,4 auf 12,2 Grad hinaufgehen. Die Zahl der Hitzetage mit einer Höchsttemperatur von 30 Grad Celsius und mehr wird von 3,9 im Jahresdurchschnitt auf nahezu 28 zulegen. Und in etwas weniger als 80 Jahren rechnet man im Münchner Umland mit jährlich mehr als sieben Tropennächten mit über 25 Grad – ein Phänomen, das es so bisher nicht gab.

Landrat Christoph Göbel (CSU) spricht davon, dass es beim Klimaschutz, aber auch der Klimaanpassung „aller Bemühung“ bedarf; allerdings, so der Gräfelfinger, sei die klimatische Veränderung nicht mehr gänzlich aufzuhalten. Welchen Beitrag der Landkreis München, seine 29 Städte und Gemeinden und insbesondere die Menschen in München und der Region leisten können oder bereits erbringen, zeigt die neue Statistik-Broschüre des Landkreises München. In der Reihe „Auf einen Blick“ geht es schwerpunktmäßig und umfassend um das Thema „Umweltschutz“.

Seit vergangenem Jahr beteiligt sich der Landkreis München an dem Programm „Natur Vielfalt Leben im Landkreis München“, bei dem über mehrere Jahre hinweg bis 2028 aufeinander aufbauende Schwerpunkte rund um die Biodiversität gesetzt werden; mit an Bord sind dabei Kommunen, Vereine, landwirtschaftliche Betriebe, Unternehmen, Schulen und auch engagierte Ehrenamtliche. In Frühjahr 2024 wurde damit begonnen, auf 60 repräsentativen Flächen im Landkreis Insekten zu kartieren, um Lebensräume und gefährdete Bereiche über Gemeindegrenzen hinweg aufzuwerten. Denn die Zahlen sind alarmierend: Etwa 40 Prozent der einst in Bayern lebenden Tierarten gelten als ausgestorben, verschwunden oder bedroht – besonders eklatant ist der Rückgang der Artenvielfalt bei den Insekten.

In den kommenden Jahren sollen mit „Natur Vielfalt Leben im Landkreis München“ etwa ein Insektenlehrgang für Kinder angeboten, Streuobstwiesen aufgebaut, Fahrradwanderwege angelegt und Weideprojekte aufgelegt werden.

Der Landkreis München hat im Mai 2023 die Aktion „Zukunft+“ initiiert, bei der Privatpersonen oder Unternehmen CO₂-Zertifikate erwerben können, um dadurch die eigenen Treibhausgas-Emissionen ausgleichen zu können. Mit den Erlösen werden lokale und globale Klimaschutzprojekte unterstützt – so wurden etwa im vergangenen Mai im Forstenrieder Park 2500 Bäume gepflanzt und dadurch eine Fläche von 0,6 Hektar labiler Fichtenwald langfristig ökologisch stabilisiert. Von Mai 2023 bis April 2024 wurden über die Zertifikate nahezu 110 000 Euro eingenommen und dadurch etwa 5500 Tonnen Kohlendioxid eingespart. Die meisten Spenden, mehr als 80 Prozent, kamen von Firmen aus dem Münchner Umland.

Bei der Firma Geldhauser in Hofolding werden Busse bereits mit Wasserstoff betankt. (Foto: Catherina Hess)

Die Broschüre des Landkreises München zeigt auch auf, wie technologische Neuerungen etwas zum Klimaschutz beitragen können. So ist im Landkreis der Traum vom klimaneutralen Fahren mit Wasserstoff bereits Realität – wenn die Umsetzung auch noch in den Kinderschuhen steckt. Gemeinsam mit den Landkreisen Ebersberg und Landshut aber wird das Projekt „HyBayern“ vorangebracht; etwa durch die klimaneutrale Herstellung von Wasserstoff durch grünen Strom im niederbayerischen Pfeffenhausen, der mit speziellen Trailern an die Wasserstoff-Tankstellen in Glonn und Hofolding geliefert wird.

Zwölf Brennstoffzellen-Busse sind bei den Unternehmen Geldhauser und Ettenhuber in den Landkreisen München und Ebersberg auf mittlerweile acht Regionalbus-Linien mit einer jährlichen Fahrleistung von mehr als einer Million Kilometer unterwegs. An der Tankstelle in Hofolding werden mit etwa 300 Kilogramm Wasserstoff am Tag 25 Busse und Lastwagen betankt – dadurch ergibt sich eine CO₂-Ersparnis von nahezu 2000 Tonnen.

Im Hofoldinger Forst wachsen die Windräder in den Himmel. (Foto: Martin Mühlfenzl)

Nur wenige Kilometer weiter südwestlich der Wasserstoff-Tankstelle in Hofolding wird sichtbar, welche Veränderungen auf den Landkreis München bei der Energiewende zukommen werden. Im Hofoldinger Forst wachsen derzeit die drei Windräder der Gemeinden Sauerlach, Aying und Otterfing in die Höhe – bereits im März werden die ersten Rotoren Strom für tausende Haushalte produzieren. Im Höhenkirchner Forst indes ist der geplante Bau der Windenergieanlagen durch ein Gerichtsurteil vorerst gestoppt worden. Doch die Planungen der Gemeinden Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Oberpframmern und Egmating gehen sogar noch intensiver weiter: Statt drei sollen nun fünf Windräder an weniger sensiblen Standorten im Wasserschutzgebiet entstehen.

Die Genehmigungen sind zwar bisher nicht erteilt, doch die Eckdaten des Projekts stehen: Sechs Anlagen mit einer Gesamthöhe von je 245 Meter, eine prognostizierte Stromerzeugung von neun Millionen Kilowattstunden je Anlage, die etwa 18 000 Haushalte mit Energieversorgen werden. „Eine Windenergieanlage vermeidet im Laufe von 20 Jahren weit über 1000-mal mehr Treibhausgase als in der gleichen Zeit durch gesunden Wald auf der für die Windenergieanlage gerodeten Fläche an CO₂ gebunden werden würde“, heißt es in der Statistik-Broschüre des Landkreises.

Dargestellt werden darin auch die Vorteile der Geothermie, die im Landkreis immer weiter ausgebaut wird; auch der Einsatz der umweltfreundlichen Wärmepumpe wird darin erläutert. Es geht zudem um die Sicherung der Grundwasserversorgung und die Qualität der Naherholungsgebiete im Landkreis. Um die 1300 Prüfungen von Bäumen und Baumgruppen im Jahr, die jährlichen Kontrollen der Spielplätze, die hygienischen Beschaffenheiten der als EU-Badestellen ausgezeichneten Seen wie dem Feringa-, dem Garchinger, Heimstettener und Unterschleißheimer See – oder auch des Deininger Weihers. Aufgeführt sind zudem die Radschnellverbindungen, die ihren Beitrag zur Verkehrswende leisten sollen: den im Bau befindlichen Radschnellweg aus der Münchner Innenstadt nach Garching und die in Planung befindlichen Route nach Markt Schwaben im Landkreis Ebersberg.

Die Broschüre „Auf einen Blick“ zum Thema Umweltschutz ist erhältlich auf der Homepage des Münchner Landratsamtes (www.landkreis-muenchen.de) im Bereich Publikationen.

In einer früheren Version stand, dass im Höhenkirchner Forst sechs Windräder entstehen sollen. Wir haben das korrigiert.

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