Abfallwirtschaft:"Scheinbar ist es nicht so optimal gelaufen"

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Die Biomüllvergärungsanlage des Landkreises in Kirchstockach ist nach 25 Jahren stillgelegt worden. (Foto: Claus Schunk)

Kreisräte verschiedener Fraktionen verteidigen die Entscheidung für eine neue Biomüllvergärungsanlage gegen Kritik. In der Vergangenheit wurden aber offenbar Fehler gemacht.

Von Angela Boschert, Brunnthal

Petra Mayr aus Oberschleißheim hat als einfache Bürgerin an die Kreisräte geschrieben und trotzdem hat sie gleich von mehreren postwendend eine Antwort bekommen. Das zeigt, dass die promovierte Chemikerin und diplomierte Biotechnologin einen wunden Punkt getroffen hat mit ihrer Kritik an den Plänen des Landkreises München, für geschätzt 50 Millionen Euro eine neue Biomüllvergärungsanlage zu bauen. Kreisräte mehrerer Fraktionen bleiben zwar dabei, dass sich eine Sanierung der stillgelegten bisherigen Biomüllvergärungsanlage in Kirchstockach nicht lohnt. Aber es wird deutlich, dass es womöglich gar nicht erst so weit kommen hätte dürfen.

Wegen Vertrags- und Geschäftsgeheimnissen war das Thema lange nichtöffentlich beraten worden. Im November beschloss der Umweltausschuss des Kreistags dann, geeignete Grundstücke für eine neue Anlage zu prüfen und "zeitnah" eine Machbarkeitsstudie für eine neue Anlage in Auftrag zu geben. In ihr sollen auch die Nachnutzung des aktuellen Grundstücks - die Erbpacht endet 2035 - und "Möglichkeiten der nachhaltigen Energieproduktion Berücksichtigung finden". Auch beschloss der Ausschuss, "derzeit nicht in die Wiederinbetriebnahme der derzeitigen Anlage" zu investieren. Sie steht seit Ende 2021 still und wurde hinsichtlich ihres Zustands und der notwendigen Investitionen und Möglichkeiten untersucht. Das bisherige Nassgärverfahren ist nicht mehr zeitgemäß, der Durchsatz zu gering und hohe Immissionsschutzmaßnahmen müssten vorgenommen werden, damit sie im hochgestuften Wasserschutzgebiet wieder betrieben werden dürfte. All das veranlasste die Ausschussmitglieder zu dem einstimmigen Beschluss.

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Petra Mayr findet diesen dennoch falsch, zumal es sich laut Landratsamt um "eine Wirtschaftlichkeitsentscheidung" handelt. Die Oberschleißheimerin hält es angesichts der Bemühungen um Energiesparen und Klimaschutz für "das Gebot der Stunde, die bestehende Anlage unter Beibehaltung noch nutzbarer Teile zu modernisieren". Das würde laut der Beschlussvorlage des Landratsamtes für den Umweltausschuss 13 bis 20 Millionen Euro kosten. Weil eine Sanierung schneller gehen würde als ein Neubau, müssten aber laut Mayer nicht so lang die Kosten von fünf Millionen Euro jährlich für den Abtransport des im Landkreis anfallenden Bioabfalls gezahlt werden. Derzeit fahren Diesel-Lkw die 32 700 Tonnen Müll unter anderem in die Landkreise Erding, Kelheim und Miesbach. Vereinbart ist dies bis Ende 2026 mit drei Jahren Verlängerungsoption. Nicht zuletzt könne der Landkreis früher wieder selbst Strom aus dem Biomüll generieren, die Abwärme nutzen und würde die Bürger somit weniger mit anteiligen Kosten für Transport und Entsorgung über die Müllgebühr belasten.

Der Brunnthaler Bürgermeister und CSU-Kreisrat Stefan Kern antwortete Mayr auf ihr Schreiben, die Kreisräte hätten ihre genannten Argumente ausführlich diskutiert und betont: "Sowohl kurze Transportwege als auch eine lückenlose umweltgerechte Verwertung des Abfalls war immer ein großes Anliegen über alle Fraktionen hinweg." Die CSU-Kreisrätin Kerstin Schreyer, die auch Vorsitzende des Wirtschafts- und Energieausschusses des Landtags ist, schrieb ihr: "Da es derzeit keinen Betreiber für die bestehende Anlage gibt und wir perspektivisch bei einer Sanierung noch eine zweite Anlage bauen müssten, um den Bioabfall im Landkreis verwerten zu können, ist die Sanierung - auch finanziell - keine Option, weshalb ich voll hinter den Beschlüssen stehe." Schreyer setzt für den Bau einer zweiten, zusätzlichen Anlage allerdings die 30 bis 50 Millionen Euro an, die eine neue Ersatzanlage ohne das zu findende Grundstück kosten soll. Aktuell ist die Erbpacht der größte Kostenfaktor bei der Umladestation.

"Mir geht es als Bürger und Kreisrat auch nicht anders."

FDP-Kreisrat Manfred Riederle, der schon länger dafür plädiert, die Öffentlichkeit zu informieren, "kann den Ärger der Bürger wirklich nachvollziehen", wie er sagt: "Mir geht es als Bürger und Kreisrat auch nicht anders." Die inzwischen stillgelegte Anlage sei beim Bau vor 25 Jahren ein Vorzeigeprojekt gewesen. "Wenn man sie auf dem Stand der Technik gehalten hätte, wenn alles optimal gelaufen wäre, könnte man sie aus wirtschaftlichen Gründen heute weiter betreiben. Aber scheinbar ist es nicht so optimal gelaufen", sagt er. Details will er nicht nennen.

Mayr wirft auch die Frage auf, ob der Kreistag nicht früher über die desolate Entwicklungen der Anlage hätte informiert werden müssen. SPD-Kreisrätin Ingrid Lenz-Aktas, die die gesamte Historie der Kirchstockacher Anlage kennt, verneint dies. Sie fühle sich "ausreichend informiert, weil ich im Landratsamt nachgefragt habe, wenn mir Unterlagen nicht ausgereicht haben". Seit Jahren sei im Umweltausschuss überlegt worden, ob und welche Investitionen in die Anlage sich noch rentieren oder ob man sie stoppen sollte. Doch immer schwebe "wie ein Damoklesschwert über allem, dass der Landkreis den Biomüll entsorgen muss". Für Lenz-Aktas ist die Entscheidung des Umweltausschusses richtig: "Wirtschaftlichkeitsentscheidung meint: auch für den Bürger gedacht. Wir brauchen jetzt schnell die Machbarkeitsstudie. Ich denke, sie wird mehrere Möglichkeiten aufzeigen." Das letzte Wort ist offenbar noch nicht gesprochen.

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