Süddeutsche Zeitung

SZ-Serie: Bier von hier, Folge 5:Ein Prosit auf den Wissensdurst

In einem ehemaligen Oberhachinger Kuhstall bringt Robert Prinz Laien das Bierbrauen bei. Sein Stadlbräu steht in einigen Restaurants im Hachinger Tal als "Gleißenthaler Helles" oder "Kybier-Dunkel" auf der Karte. Die neuesten Kreationen kann man bei ihm direkt testen.

Von Bernhard Lohr, Oberhaching

Gegen solch eine Schule hätte mancher Teenager nichts einzuwenden. Der Lehrer ein lockerer Typ, der einem sofort das Du anbietet und der an der Seite seiner abgewetzten Lederhose einen Hirschfänger stecken hat. Der Unterrichtsraum ein buntes Durcheinander - eine Wirtsstube gar, in der Dozent Robert Prinz mit seinen Schülern bis in den Abend zusammensitzt. Beim Bier natürlich, um das sich in diesen eigentümlichen Räumen beim Stadlbräu an der Kybergstraße in Oberhaching alles dreht, und welches das einzige Unterrichtsthema ist. Hier braut der Lehrer selbst und zeigt in seiner Bierschule allen, wie das geht.

Wer Robert Prinz, 53, besucht, taucht direkt von der Dorfstraße aus in eine fremde Welt ein. Zwischen Wohnhäusern und angrenzend an einen alten Bauernhof stehen im Freien Biertische. Eine Wand mit grob bearbeiteten Brettern vermittelt den Eindruck, man befinde sich auf einer Alm. Eine Tür führt in das Dunkel des früheren Stalls, in dem Prinz seine Leidenschaft fürs Bier seit 15 Jahren auslebt.

Robert Prinz war einst Wirt im Penzberger Brauhaus samt Wirtshausbrauanlage. Dann verhalf er den Geretsriedern im Geretsrieder Sudhaus mit einer Minibrauerei zu ihrem ersten eigenen Bier und war bald das Wirtedasein leid. "Ich habe den Leuten irgendwann nur noch erzählt, wie das Bierbrauen funktioniert", sagt er. So verlegte sich der Brau- und Malzmeister ganz aufs Brauen und Dozieren und trug in der Folge viel zum Aufschwung der Klein- und Kleinstbrauereien bei. An Selbstbewusstsein fehlt es Prinz nicht. Er sei Vorreiter in der Szene in Deutschland, wenn nicht in Europa gewesen, sagt er. Auf mehr als 25 000 Teilnehmer kommt er in gut 20 Jahren, die er insgesamt unterrichtet - und dazu noch Tausende, die er als Fachmann auf Bier-Events angesprochen hat.

Ein Zertifikat und eine Heimbrauanlage

Nach dem Abschied von Geretsried richtete Prinz in dem ehemaligen Kuhstall in Oberhaching die Biermanufaktur samt Schulungsraum und Gastrobereich ein. Heute arbeitet er als Berater mit der Speidel GmbH, einem Hersteller von Kleinbrauanlagen, zusammen und vertreibt diese auch, damit die stolzen Heimbrauer, die er mit einem von ihm ausgestellten Zertifikat aus seinen Kursen entlässt, zu Hause loslegen können. Eine Speidel-Anlage steht im Schulungsraum. Gleich nebenan steigt aus einem 300 Liter fassenden Gärtank feiner Hefegeruch auf. "Vorsicht beim Betreten, CO₂-Gefahr", ist auf einem Schild zu lesen. Seit zwei Tagen verwandeln dort Hefekulturen Zucker in Alkohol. Das Brauen seines Stadlbräus betreibt Prinz nur nebenher, so wie den Bierverkauf.

Das Smartphone klingelt, dran ist das thailändischen Thai Thuna-Restaurant in Taufkirchen. Eine halbe Stunde später fährt jemand vom Restaurant mit dem Wagen vor, es werden ein paar Träger eingeladen. Einige Restaurants und Getränkehändler in Oberhaching und Umgebung bieten Stadlbräu an. Ein Online-Getränkedienst liefert es nach Hause: das Weißbier mit dem Namen "Diamant", das Gleißenthaler-Helle oder das "Kybier-Dunkel". Wer direkt bei Robert Prinz vorbeischaut, der kann als Gast sogar eine neue Kreation des Braumeisters testen, wie das herbere, hopfige Rote aus dem Fass.

TV-Projekt mit Thomas Fuchsberger

Bei all dem Expertentum hat sich Robert Prinz eine unverstellte Art bewahrt. "Ich laufe, glaube ich, seit 30 Jahren mit Lederhose herum", sagt er. Man könnte ihn als bayerisches Original bezeichnen, und als solches hat er ein Netzwerk von Freunden um sich geschart, zu denen einige Prominente zählen. Fotografien an den Wänden zeugen von davon. Ein Bild vom früheren FC-Bayern-Torwart Bernd Dreher hängt neben einem mit einer schwarzen Trauerbinde versehenen von Thomas Fuchsberger. Mit dem Sohn von "Blacky" Joachim Fuchsberger war Prinz befreundet und mit ihm plante er für den BR eine Sendung im Stil von "Gernstl unterwegs", bei der er und Tommi, wie er sagt, das Bierland Bayern erkunden wollten.

Fuchsbergers plötzlicher Tod im Jahr 2010 machte dem einen Strich durch die Rechnung. Es war eins von vielen Projekten von Prinz. Er sieht sich als Visionär, dem nur bisschen das Glück gefehlt hat. Er sei mit vielem zu früh dran gewesen, sagt er, sonst wäre mehr daraus geworden.

Prinz braute mit dem "Oximoron" ein alkoholfreies Weißbier, bevor die alkoholfreien Biere groß herauskamen. Er wollte mit 0,33er-Flaschen auf den Markt, als die kleinen Biere noch nicht angesagt waren. Und er fasste mit dem "Original Münchner Viktualienmarktbier", das er von Oberhaching aus auslieferte, kurz Fuß bei Münchner Wirtshäusern. Exklusiv war der Ansatz des auf Hochglanzpapier gedruckten "Bier Magazins", das Prinz 2009 in DIN-A-4-Format für 9,80 Euro pro Heft auf den Markt brachte. Mit Reportagen und Bildstrecken versuchten Prinz und ein befreundeter Journalist den Spagat vom Bierkult zur Bierkultur.

Im Interview erzählte Sportreporter Waldemar Hartmann, wie er als Weißbier-Waldi zur Werbeikone wurde. Nach einigen Nummern wurde das Magazin eingestellt. Die Bierkurse laufen Prinz zufolge bestens. Neu im Angebot: Bierabfüllen für Heimbrauer mit eigenem Etikett; buchbar unter www.biervonmir.com.

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Quelle:
SZ vom 24.09.2019/belo
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