Wiesn-Absage:Gebrochene Schokoherzen

Produktion von Wiesnherzn bei der Firma Zuckersucht in Aschheim, 2016

Vor allem für die Wiesn wird bei der Firma Zuckersucht in Aschheim eigentlich produziert - und für viele kleinere Volksfeste.

(Foto: Angelika Bardehle)

Die Süßigkeiten-Hersteller Fesey in Riemerling und Zuckersucht in Aschheim trifft die Absage der Wiesn und anderer Volksfeste hart. Sie haben die Lager voller Schokolade und Nougat und suchen nach neuen Märkten

Von Angela Boschert, Hohenbrunn/Aschheim

Das Aus für die Wiesn hat die Hersteller von Süßwaren, Schokofiguren und Lebkuchenherzen getroffen. "Als die Absage dann amtlich war, hat es uns einen Schlag versetzt", sagt Hugo Seybold, der seit 1995 das Familienunternehmen Fesey Schokolade-Figuren in Riemerling führt. Schon kurz nach der Gründung des "Schokoladenfiguren-Herst.- Betriebes" - so der Eintrag in der Handwerksrolle von 1934 - war die damalige Eigentümerin, Seybolds Großmutter Margarethe Fenchl, "die erste, die rote Schokoherzen auf die Wiesn lieferte", erzählt Seybold stolz. Rot-glänzend und in Cellophan eingewickelt, sind diese Schokoherzen mit Spruchbanderole als "Münchner Herzen" bekannt.

Wieviel Schokolade Fenchl damals per Hand außer zu Herzen zu Hohlfiguren verarbeitet hat, weiß niemand, doch heute stellen die 47 Fesey-Mitarbeiter aus circa 80 Tonnen Schokolade jedes Jahr unzählige Schokoladenfiguren, Pralinen und Nougatbarren her, die bei Volksfesten, Kirtas und Dulten jeder Art verkauft werden.

Der Platz zum Einlagern wird knapp

"Da alle seit März bis auf weiteres abgesagt sind, entgehen uns die Frühlings-, die Sommer- und mit dem Oktoberfest auch die Herbstsaison", sagt Seybold, der immer wieder die vielen kleineren Volksfeste erwähnt. "Wir sind ein Herstellerbetrieb und beliefern die verschiedensten Standl mit Schokoherzen und Lebkuchen, Süßwaren und Rohmaterialien wie Nüssen und Zucker oder Kuvertüre für Schokofrüchte. Die Rohstoffe sind schon bestellt. Aktuell versuche ich die Rahmenverträge zu stornieren, aber ich rechne damit, bestellte Kokoswürfel und Magenbrot abnehmen zu müssen", so Seybold. Der Platz, um sie einzulagern, wird knapp, denn er hat angesichts der Situation den Bau einer modernen, größeren Lagerhalle verschoben.

Wiesn-Absage: Bernd Dostler lebt von Lebkuchenherzen, aber auch von Leckereien zur Weihnachtszeit. Die Wiesn-Absage trifft den Produzenten aus Aschheim hart.

Bernd Dostler lebt von Lebkuchenherzen, aber auch von Leckereien zur Weihnachtszeit. Die Wiesn-Absage trifft den Produzenten aus Aschheim hart.

Beim Telefonat stehen in Riemerling die Produktionsbänder still, denn Seybold konzentriert sich aktuell auf Umbau- und Renovierungsarbeiten. Das Lager sei noch aufzuräumen, danach werde er Außendienst-Mitarbeiter im Werk beschäftigen. Sie könnten Muttertagsherzen anmalen und Sonderbeschriftungen auf Maikäfer aufbringen oder ähnliches. Die Mitarbeiter seien in Kurzarbeit aber als Familienbetrieb in dritter Generation - die vierte steht bereit - "halten wir zusammen und gehen unseren Weg", sagt Seybold. Er hält inne: "Dass es so kommt, hätte ich in den kühnsten Träumen nicht gedacht, aber ich hoffe, dass noch Weihnachtsmärkte stattfinden."

Bernd Dostler, Geschäftsführer der Event- und Werbekonditorei Zuckersucht in Aschheim, hatte die Wiesn-Absage erwartet. "Die Erkenntnis, dass es mit dem Oktoberfest dieses Jahr nichts wird, hat bei mir schon seit acht Wochen Gewissheit", sagt er.

"Unsere Wiesn galt immer als krisensicher."

Was eine Pandemie bedeute, habe ihm sein Vater oft erzählt. Der war 1963 in Zermatt, als dort der Typhus ausbrach und sich das Leben von einem auf den anderen Tag völlig änderte. "Unsere Wiesn galt immer als krisensicher, daher war ich immer sehr entspannt, doch jetzt ...". Dostler hat begonnen, die Gedanken umzusetzen, die seit Wochen in seinem Kopf kreisen. Zuckersucht arbeite mit teilweise 150 Mitarbeitern nur für das Oktoberfest, so habe er schon im März die im Januar angelaufene Produktion von Schokospezialitäten, Trockenfrüchten, Magenbrot, Splitterbomben und feinen Baumkuchen gestoppt. Er stellt den Betrieb gerade um auf neue Kundengruppen und Artikel.

Bernd Dostler war 2003 als "Börni I., Prinz der Herzen" der offizielle Faschingsprinz der Landeshauptstadt.

Er ist verliebt in die Wiesn und Stolz spricht aus vielen Sätzen seiner E-Mail. Etwa, dass Zuckersucht als "der BMW unter den Lebkuchenherzen" gelte. Die Lager seien mit Neuem bei Herzen, Sprüchen und trendigen Designs gefüllt, betont er. Sogar spezielle Corona-Krisenherzen mit Mundschutz und aufbauenden Sprüchen habe er sich ausgedacht. Und ganz spontan ein "Obg'sogt is" Herz gemacht. Dostler hätte dieses Jahr das 20-jährige Bestehen von Zuckersucht gefeiert. Das geht nun nicht auf der Wiesn. Doch: "Da bleibt mir jetzt nur zu sagen, ,schau ma moi, dann seg'n mas scho!'"

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