Süddeutsche Zeitung

Aschheim:Schwere Geschütze aus der Fan-Base

Beim Neujahrsempfang der FDP München-Land gibt sich Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann überzeugt, dass die Ukraine Leopard-2-Panzer geliefert bekommt.

Von Martin Mühlfenzl, Aschheim

Der einen Frage kann Marie-Agnes Strack-Zimmermann nicht komplett ausweichen. Und so bleibt die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses fast schon militärisch stramm vor der blauen Plakatwand mit dem Logo ihrer Partei stehen, das Mikrofon fest in der Hand, um dann doch nicht allzu viel preiszugeben. "Ich beteilige mich nicht an Spekulationen jedweder Art", sagt die 64-jährige FDP-Bundestagsabgeordnete. Ein Parteifreund wollte natürlich von ihr wissen, ob sie angesichts der bevorstehenden Demission von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) nun plane, deren Ressort zu übernehmen. Vermutlich um nicht noch mehr Unruhe in die Ampel-Koalition zu bringen, lässt Strack-Zimmermann die mehr als Hundert Gäste beim Neujahrsempfang der FDP München-Land in Aschheim wissen: "Wir haben die vier Ministerien, die wir wollten. Das wird sich auch nicht ändern."

Nicht wenige in der FDP dürften sich wünschen, dass die Verteidigungsexpertin doch noch ihre Chance erhält und Ministerin wird. Der Empfang, den ihr die Liberalen in Aschheim bereiten, wäre jedenfalls mit warm unzureichend beschrieben: Euphorisch trifft es wohl eher. "Ich habe schon gehört, dass es eine echte Fan-Base für Frau Strack-Zimmermann in der FDP gibt. Und die ist besonders loyal unter den jüngeren Menschen", sagt zu Beginn des Empfangs Marco Deutsch, der Direktkandidat der Liberalen im Stimmkreis München-Land Süd bei der Landtagswahl im Herbst. Den Ball nimmt die Bundestagsabgeordnete auf: "Ich wäre entsetzt, wenn mich nur die alten Säcke gut fänden."

Dann aber wird es ernst. Strack-Zimmermann ist ja eben erst aus einem der Krisengebiete der Welt zurückgekehrt, mit einer FDP-Delegation war sie in Taiwan, dem demokratischen Inselstaat vor der Küste Chinas, der von der Volksrepublik als abtrünnige Provinz betrachtet wird. Und Krisen dominieren ohnehin den Alltag der Verteidigungspolitikerin, die seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine immer mehr zum Sprachrohr ihrer Partei geworden ist. Dass die Koalition, nicht zuletzt ihretwegen, mitunter ein zerstrittenes Bild abgibt, will sie nicht wahrhaben: "Wir arbeiten vernünftig zusammen, sind aber nicht verheiratet oder fusioniert. Ziehen Sie sich das Narrativ nicht an, dass die Ampel schlecht ist. Wir haben Verantwortung übernommen und sind dankbar, dass wir in diesen historischen Zeiten mitregieren dürfen."

"Jeder Tag zählt, wir haben keine Zeit, diese Diskussionen so lange zu führen."

Historisch vor allem wegen der von Olaf Scholz ausgerufenen Zeitenwende, die auch Strack-Zimmermann in ihrer Rede gerne zitiert. Die Haltung der Liberalen gegenüber Russland ist auch in Aschheim klar: "Wir müssen dieser Brutalität ins Auge sehen. Deshalb kann unsere Antwort nur sein, die Ukraine so lange zu unterstützen, wie sie uns braucht." Und unter dem Applaus nahezu aller Zuhörer im Saal würdigt sie die Rolle Deutschlands dabei: "Wirtschaftlich und humanitär sind wir ganz vorne dabei, wir sind in Europa diejenigen, die die Ukraine am meisten unterstützen."

Auch militärisch leistet Deutschland nach Ansicht von Strack-Zimmermann viel, so werde inzwischen der Schützenpanzer Marder geliefert, mit dem die Ukrainer auch ins Gefecht ziehen könnten. "Bis dato gehen die Ukrainer mit offenen Fahrzeugen an die Front." Doch nachdem Strack-Zimmermann zusammen mit ihrem Kollegen Anton Hofreiter von den Grünen, mit dem sie in der Ukraine war, eine der vehementesten Befürworterinnen von schweren Waffen an das vom Krieg geschundene Land ist, lässt sie auch in Aschheim die Gelegenheit nicht verstreichen, den Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz zu erhöhen: Die ganze Welt erwarte, dass Deutschland führe, auch bei der Unterstützung der Ukraine mit Kampfpanzern westlicher Bauart, sagt die Liberale. "Wir werden weiter Druck machen, dass auch Leopard-2-Kampfpanzer geliefert werden. Und ich prophezeie, dass es auch passieren wird", sagt Strack-Zimmermann. "Entscheidend ist, was die Ukraine braucht. Jeder Tag zählt, wir haben keine Zeit, diese Diskussionen so lange zu führen."

Am Ende, das ist auch einer Hardlinerin wie Marie-Agnes Strack-Zimmermann klar, wird es aber Gespräche geben müssen. "Aber nur, wenn die Ukraine das möchte." Um die Verhandlungen mit Putins Russland dann aus einer Position der Stärke heraus zu führen, müsse die Ukraine den Krieg gewinnen.

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