Landkreis hilft bei der Berufswahl:Unterwegs zum Traumjob

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Schreiner, Industriekaufmann oder doch PC-Expertin? Um Schülern bei der Wahl der richtigen Ausbildung zu helfen, bietet ihnen das Landratsamt München eine Bustour zu den Unternehmen in der Region - und zu künftigen Jobs.

Von Annette Jäger, Gräfelfing

Industriekaufmann, Fachkraft für Lagerlogistik, Fachinformatiker für Systemintegration - so klingen Ausbildungsberufe, unter denen sich Schüler meist wenig vorstellen können. Trotzdem sollen in ihren Köpfen Berufswünsche entstehen, denn möglicherweise könnten diese Tätigkeiten interessant sein. Damit das einfacher geht, hat das Landratsamt in Kooperation mit der Agentur für Arbeit München am Mittwoch, am schulfreien Buß- und Bettag, eine Ausbildungstour organisiert: Insgesamt 206 Schüler haben sich angemeldet, um an einer von 14 Bustouren zu insgesamt 50 Unternehmen im Landkreis teilzunehmen und Berufsbilder kennenzulernen. Eingeladen waren Schüler aller Schularten ab dem Alter von 13 Jahren.

Die Schüler der Bustour acht haben einen straffen Tag vor sich. Um acht Uhr morgens hält der Bus vor der Firma Dr. Hönle AG in Gräfelfing, Anbieter industrieller UV-Technologie. Danach geht es weiter zur Toptica Photonics AG in derselben Straße, Entwickler und Hersteller von Lasersystemen. Im Anschluss werden Berufsoptionen im Landratsamt München vorgestellt und am Nachmittag gibt es noch einen Einblick in die Welt der Banken bei der Münchner Bank in Gräfelfing.

Die Schüler nehmen aus unterschiedlicher Gründen an der Berufs-Exkursion teil. Einer von ihnen weiß schon, dass er Schreiner werden will, "ich bin eher praktisch veranlagt". Dass er sich trotzdem erklären lässt, was der Industriekaufmann so macht, geschieht seiner Mutter zuliebe, "sie will, dass ich meinen Blick weite". Ein anderer interessiert sich für IT und Softwareentwicklung und will sehen, was Betriebe in dem Bereich anbieten.

Bei vielen anderen sind die Berufswünsche noch nicht so konkret. Deshalb sollen sie Berufsorientierung nicht nur durch Beratung im Jobcenter erfahren, sondern ganz praktisch, sagt Stephanie Mertens, Bildungsmanagerin beim Landratsamt. Man muss erst mal ein Gefühl dafür bekommen, wo man am besten aufgehoben ist. Im Büro am PC? Oder lieber in der Werkstatt? Klingt Buchhaltung verlockend oder baut man lieber elektronische Anlagen? Oder liegt einem eher ein sozialer Beruf?

Ziel der Ausbildungstour, die im Februar als Pilotprojekt in kleinem Format zum ersten Mal stattfand und aufgrund der guten Resonanz nun ausgeweitet wurde, sei es, den Schülern die Betriebe im Landkreis vorzustellen. Wenn sich daraus konkrete Bewerbungen ergeben, ist das ein willkommener Nebeneffekt. Denn der Fachkräftemangel in der Region München - dazu zählen die Stadt und die Landkreise München, Landsberg, Dachau, Freising, Erding und Ebersberg - ist eklatant: Im Jahr 2020 sollen 79 000 Fachkräfte fehlen, im Jahr 2030 sogar 137 000.

Bei der Dr. Hönle AG werden die Schüler durch die Werkstätten geführt, einen Stopp machen sie bei Mitarbeiter Manfred Steinmayr. Er erklärt, was man mit UV-Licht alles machen kann: Lebensmittelverpackungen bestrahlen, damit sie keimfrei werden, Klebstoffe aushärten oder hochqualitative, glänzende Oberflächen herstellen, wie sie etwa bei Smartphoneverpackungen oder Zigarettenschachteln zum Einsatz kommen. Auch bei den Hologrammen auf den Geldscheinen wird UV-Licht eingesetzt. Steinmayr hat Elektromechaniker gelernt und ist als Servicetechniker für industrielle Anlagen durch die ganze Welt gereist. Er hat für sich herausgefunden, dass Vielseitigkeit des Jobs entscheidend für ihn ist - Fließbandarbeit würde er nur einen oder zwei Tage lang aushalten. Den Schülern gibt er noch einen Tipp mit auf den Weg: "Macht's nur eins: Lernen. Der Rest ist egal."

Lernen ist das eine, Ausprobieren das andere. "Berufsfindung ist ein Prozess", sagt Martin Hirsch, der die Tour als Vertreter der Agentur für Arbeit begleitet. Er rät den Schülern, viele Praktika zu machen, die Schulferien eigneten sich dafür. So könnten sie herausfinden, was ihnen liege und sie hätten eine Chance, sich zu beweisen, auch wenn im Zeugnis keine Eins steht.

Bei der nächsten Station, der Firma Toptica Photonics, gibt Azubi Adrian Dittmar, der kurz vor seiner Abschlussprüfung zum Industriekaufmann steht, seine Erfahrungen weiter. Er berichtet, dass er als Abiturient nicht immer die besseren Karten hatte. Gerade im Bereich Buchhaltung seien ihm Realschüler voraus gewesen. Johannes Tretter, zuständig für Personalrekrutierung, ermutigte auch Schüler mit gutem qualifizierendem Hauptschulabschluss, dem Quali, sich zu bewerben, "grundsätzlich sind wir für alles offen".

Das Fazit der Tour zur Mittagszeit: Ausbildungsberufe gibt es jede Menge, Unternehmen, die motivierte Schüler suchen, ebenso. Es ist an den Schülern, herauszufinden, was ihnen liegt. "Habt keine Angst, Euch etwas zuzutrauen", ermutigt Azubi Adrian Dittmar. "Wenn ihr Spaß am Beruf habt, müsst ihr das ganze Leben nicht mehr arbeiten."

© SZ vom 22.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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