Autonomes Fahren:Heftiges Werben um BMW

Autonomes Fahren: Der Business-Campus in Unterschleißheim möchte mit BMW ins Geschäft kommen.

Der Business-Campus in Unterschleißheim möchte mit BMW ins Geschäft kommen.

(Foto: Business-Campus)

Der Autobauer sucht nach einem Standort für ein Forschungs- und Entwicklungszentrum "Autonomes Fahren". Die Entscheidung könnte bereits an diesem Montag fallen. Beste Aussichten auf den High-Tech-Campus haben derzeit Unterschleißheim und Haar

Von Bernhard Lohr, Landkreis

Es war ein perfekter Tag für Ottmar Hirschbichler. Ganz nach dem Geschmack eines Bürgermeisters, der für seine Gemeinde brennt. Hirschbichler teilte sich die Bühne mit Wirtschaftsministerin Ilse Aigner und Automobil-Managern aus dem fernen München. Die 5000-Seelen-Gemeinde Wallersdorf in Niederbayern feierte im April Richtfest für das BMW-Logistikzentrum mit 2000 Arbeitsplätzen.

Hirschbichler versuchte damals die Bedeutung des Ereignisses in Worte zu fassen und sprach vom "Quantensprung" für seine Gemeinde und von "Chancen ohne Ende". In einigen Tagen dürfte ein Bürgermeister aus dem Landkreis München ähnliches von sich geben.

2000 Ingenieure und IT-Fachleute

Das gesamte Umland blickt mit Spannung auf eine Standortentscheidung, die der BMW-Vorstand vielleicht schon diesen Montag fällt. Der Konzern will im Raum München seine Aktivitäten im Bereich des Autonomen Fahrens in einem Forschungs- und Entwicklungszentrum zusammenführen und das Auto-Projekt unter dem Titel "Inext" mit 2000 Ingenieuren und IT-Fachleuten vorantreiben. Zuletzt sah es so aus, als könnten sich die Bürgermeister in Haar, Unterschleißheim und Aschheim Hoffnung darauf machen, den Campus in die Gemeinde zu holen. Dem Vernehmen nach ist aber Aschheim praktisch aus dem Rennen.

Dieses habe nur noch geringe Chancen auf einen Zuschlag, heißt es aus Konzernkreisen. Nach SZ-Informationen wurden BMW bestehende Gebäude am östlichen Rand des Gewerbegebiets Aschheim-Dornach angeboten. Es läuft nun also wohl auf einen Zweikampf hinaus. Zur Wahl stehen: ein 15 Hektar großes, freies Areal südlich der Wasserburger Straße in Haar, oder der 17 Hektar große Business-Campus in Unterschleißheim an der Landshuter Straße, der auf früherem EADS-Gelände unter Einbeziehung bestehender Gebäude entsteht.

BMW Forschungs- und Entwicklungszentrum

Die Dibag mit ihrem Bebauungskonzept in Haar.

(Foto: Dibag)

Das BMW-Projekt hat die Dimension und die Qualität, um einen Ort vielleicht sogar noch mehr zu verändern als Wallersdorf in Niederbayern. BMW baut hier keine Hallen auf der Grünen Wiese. Vielmehr entsteht ein Hightech-Standort, an dem kreative Köpfe über neue Formen der Mobilität brüten; und das auf einem Campus, der auch an bestehende Strukturen angebunden ist und die Arbeitswelt von morgen repräsentiert. Arbeiten und Wohnen sollen zusammengedacht werden. Etwa 1000 Fachkräfte will BMW neu anstellen. Auch die Frage, wo diese wohnen sollen, ist zu beantworten. Hoteliers, Gastronomen und der Einzelhandel würden profitieren.

Viele haben Angst vor mehr Verkehr und Lärm

Haars Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) spricht von einem großen Imagegewinn und hofft auf mehr Gewerbesteuer. "Chancen ohne Ende", könnte die Bürgermeisterin auch sagen. Freilich äußerten Anlieger in Haar kürzlich auf einer Versammlung Befürchtungen vor mehr Lärm und Verkehr. Solche Debatten dürften in Haar oder in Unterschleißheim richtig losgehen, wenn der Zuschlag kommt.

Als Wallersdorfs Bürgermeister Hirschbichler im April vom großen Tag für seine Gemeinde schwärmte, war Alfons Doblinger dabei. Der Vorstandschef der Dibag AG feierte als Bauherr des Logistikzentrums beim Richtfest mit. Jetzt hofft er in Haar mit BMW auf einen ähnlichen Coup. Die Dibag hat die so genannte Finckwiese gekauft und in Absprache mit BMW ein Bebauungskonzept entworfen, das Sebastian Kuhlen, Leiter der Projektentwicklung bei Dibag, als "Maßanzug" anpreist.

Das Grundstück nahe Autobahn und S-Bahn sei "optimal erschlossen". Man stelle auf freiem Feld genau das hin, was sich BMW wünsche, sagt Kuhlen. Auch an Erweiterungsflächen sei gedacht und an ein angrenzendes Wohngebiet. Dass im Jugendstilpark Haar am Isar-Amper-Klinikum in Kürze die Arbeiten für ein Wohngebiet für 2000 Bürger beginnen, erwähnt Kuhlen in dem Zusammenhang gerne auch.

Im März 2018 will BMW einziehen

Der Geschäftsführer des Business-Campus in Unterschleißheim ist freilich ebenso überzeugt, auf alle Bedürfnisse des Autobauers die passenden Antworten zu haben. "Wir sind auch ein Mitbewerber", sagt Stephan Hof und preist seinen Masterplan. Aus seiner Sicht spricht für den Business-Campus, dass dort von vornherein Arbeiten und Leben zusammenbracht würden; mit Einzelhandel, Fitnessstudio und Cafés. BMW-Mitarbeiter fänden die "entsprechende Aufenthaltsqualität mit städtebaulichem Anspruch".

Angeblich hegt bei BMW auf Management-Ebene mancher Sympathie für Unterschleißheim, weil dieses nah an der Konzernzentrale liegt. BMW-Sprecher Jochen Frey sagt dazu nur, alles rund um München sei nah. Wichtig sei, dass das Projekt schnell vorangehe und am Ende alle Fachleute für Autonomes Fahren an einem Ort zusammenarbeiten könnten.

Ob der BMW-Vorstand tatsächlich schon an diesem Montag entscheidet, wie es zuletzt hieß, wollte Konzernsprecher Frey nicht bestätigen. Vermutlich werde im Lauf der Woche Klarheit geschaffen, spätestens aber vor Weihnachten. Die Zeit drängt jedenfalls. Von Frühjahr 2017 an soll der neue Firmenstandort aufgebaut werden, und im März 2018 will BMW einziehen, damit möglichst bald die ersten selbstfahrenden Inext-Mobile aus dem Tor rollen.

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