Süddeutsche Zeitung

Landkreis:Ein Zuckerl für die Gemeinde

Im Landkreis tun sich Carsharing-Anbieter schwerer als in der Stadt - außer sie arbeiten mit den Kommunen zusammen

Von Irmengard Gnau, Landkreis

Der Wunsch, kein eigenes Auto mehr zu haben, sondern bei Bedarf eines mit anderen zu teilen, verstärkt sich in den vergangenen Jahren bei den Bürgern in vielen Landkreisgemeinden. Dabei setzen die Kommunen auf unterschiedliche Modelle. Während die Nachbarn in Freising und Vaterstetten das Thema wie die Schleißheimer (siehe nebenstehenden Text) selbst in die Hand genommen haben und als Vereine Carsharing betreiben, haben einige Landkreisgemeinden Absprachen mit gewerblichen Anbietern getroffen.

Stattauto München, der in der Landeshauptstadt an gut 90 Stationen Autos für Carsharing vorhält, hat beispielsweise auch mehrere Fahrzeuge im Landkreis platziert. Jeweils eines steht am Bahnhof in Unterföhring und Unterhaching bereit, je zwei können vor dem Garchinger und dem Haarer Rathaus in Benutzung genommen werden. Hinzu kommen zwei weitere Standorte in Gräfelfing und einer in Planegg mit insgesamt sechs Fahrzeugen. Die verschiedenen Autos können telefonisch oder mit Hilfe einer App gebucht und später wieder an ihrem Standort abgestellt werden.

In Pullach finden die Bürger seit März auf dem ehemaligen Taxistand in der Schwanthalerstraße gegenüber der Post und auf dem Gelände des Theologischen Studienseminars der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands in der Bischof-Meiser-Straße gegenüber des Friedhofes Autos der Firma CiteeCar. Die Isartalgemeinde stellt dafür einen Parkplatz und erhofft sich nach eigenen Angaben im Gegenzug eine "flexible und kostengünstige Mobilitätsalternative zum Privatwagen" und dass damit die gute Verkehrsanbindung nach München optimal ergänzt werde. Neue Carsharer können sich im Rathaus oder beim örtlichen Reisebüro in der Bahnhofstraße für das Angebot anmelden. Wer registriert ist, kann auch andere Fahrzeuge des Anbieters nutzen - bundesweit betreibt CiteeCar derzeit etwa 750 Autos.

Gleichwohl fällt auf, dass sich bisher weit weniger Anbieter in den Landkreis wagen als in den Ballungsraum München, wo bald auf Tausend Einwohner ein Fahrzeug zum flexiblen Mieten kommt. Diese Erfahrung hat auch die Gemeinde Ismaning gemacht. Die Kommune hatte bereits erste Absprachen mit zwei Anbietern getroffen, denen sie je einen Parkplatz für Carsharing zur Verfügung stellen wollte. Nun muss sie sich doch noch einmal neu auf die Suche machen - ein Anbieter wollte nachträglich über eine Förderung verhandeln, beim zweiten passte das Geschäftsmodell nicht.

Das Problem: Im Landkreis fürchten Betreiber häufig zu geringe Nutzungszeiten ihrer Wagen, das macht das Angebot unrentabel. "Ein gewisser Mindestbetrieb ist nötig, um kostendeckend zu arbeiten ", erklärt Christian Gusic, Geschäftsführer von "Lautlos durch Deutschland". "Ein Fahrzeug kostet nun einmal Geld." Gusic bietet seit 2012 in Hohenbrunn ein Elektroauto zum Carsharing an. Weitere Verhandlungen mit den Kommunen Oberhaching, Höhenkirchen-Siegertsbrunn und Neubiberg verliefen hingegen zuletzt im Sande, beziehungsweise liegen derzeit auf Eis. Gusic' Erfahrung nach ist Carsharing im Landkreis nur dann erfolgsversprechend, wenn sich die Kommune an dem Projekt beteiligt. In Hohenbrunn beispielsweise nutze der Gemeindebote das Auto regelmäßig, etwa um zum Landratsamt nach München zu fahren oder Plakatwände im Ort zu bestücken.

Mit der Kooperation mit Kommunen hat auch Stattauto gute Erfahrungen, allerdings andersherum. Haar und Gräfelfing stellen dem Carsharing-Anbieter ihre Autos, die von Montag bis Freitag von Gemeindemitarbeitern benutzt werden, am Wochenende für dessen Flotte zur Verfügung. Die Einkünfte werden geteilt. "Das ist eine Win-Win-Situation", sagt Olaf Rau von Stattauto. Der Anbieter kann in der Hauptauslastungszeit auf mehr Fahrzeuge zurückgreifen, die Gemeinde verdient über den Wochenendeinsatz ihrer Autos ein Zubrot.

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Quelle:
SZ vom 31.08.2015
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