Süddeutsche Zeitung

Landkreis:Der Toni soll's richten

Die Grünen im Landkreis unterstützen Fraktionschef Hofreiter bei der Urwahl des Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl mit einem einstimmigen Votum

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Und der Rechenschaftsbericht? "Ah ja, stimmt. Den sollten wir noch vor der Wahl abgeben", erinnert sich Antje Wagner, die gerade schon mit dem Tagesordnungspunkt "Wahl eines neuen Vorstandes" weitermachen wollte. Der dezente Hinweis eines Besuchers der Grünen-Kreisversammlung macht die Vorsitzende darauf aufmerksam, dass sich auch die einstigen Revoluzzer an bürokratische Gepflogenheiten halten müssen.

Eine rebellische Partei sind die Grünen schon länger nicht mehr - zumindest nicht die Basis im Landkreis: Die folgt gehorsam der Regieanweisung des Kreisvorstands, die vorsieht, Toni Hofreiter als Direktkandidaten für die Bundestagswahl 2017 zu nominieren und zugleich mit einem starken Votum in die Urwahl der Partei zu schicken, in der die Grünen von September an bundesweit über ihre beiden Spitzenkandidaten für den Wahlkampf entscheiden. Und die 40 Mitglieder, die an diesem Mittwochabend ins Eine-Welt-Haus in München gekommen sind, kommen diesem Auftrag bereitwillig nach - einstimmig.

Der Fraktionschef der Grünen im Bundestag lässt an diesem Abend selbst keine Zweifel aufkommen, dass er Spitzenkandidat werden will. Und Hofreiter gibt noch ein weiteres Ziel für 2017 aus: die Rückkehr in die Regierungsverantwortung. "Wir brauchen mehr grüne Politik und wir brauchen mehr grüne Politik in der Bundesregierung", sagte Hofreiter am Mittwochabend. Mit welchen Partnern - das ließ er offen und flüchtete sich in die typische Politikerfloskel, nach der Wahl mit allen demokratischen Parteien sprechen zu wollen.

Den etwa 40 Grünen, die zur Kreisversammlung gekommen sind, gefallen die ambitionierten Ausführungen ihres ehemaligen Kreis-Chefs, der sich an den aktuellen Krisen abarbeitet: An der "immer noch nicht ausgestandenen Banken- und Finanzkrise", die mit verantwortlich dafür sei, dass gerade in Deutschland die Ungleichheit immer weiter wachse. An der "Flüchtlingskrise" und der - aus seiner Sicht - nicht vorhandenen Bekämpfung der Fluchtursachen durch die Bundesregierung. "Merkel sagt, die Balkanroute muss kontrolliert werden, es brauche Hotspots in Griechenland und der Türkei müsse geholfen werden", zählt Hofreiter auf. "Aber das ist keine Bekämpfung der Ursachen. Wir müssen vielmehr die große Anzahl der Bürgerkriege in den Griff bekommen."

Über allem stehe doch, dass die Gerechtigkeit größer werden müsse - global betrachtet, aber auch im Speziellen in der Bundesrepublik. "Die nächste Wahl wird für uns auch ein Kampf um die offene Gesellschaft. Und darum, das Chaos der letzten zehn Jahre ohne grüne Beteiligung zu beenden", sagte Hofreiter.

Für die Grünen im Landkreis ist ein Besuch Hofreiters immer auch wie ein Wiedersehen mit einem alten Bekannten. Hofreiter hat seine Wurzeln nie vergessen. "Entscheidend ist, was hier passiert. Das merken sich die Leute", spricht der Sauerlacher aus Berlin den Parteifreunden Selbstbewusstsein zu. Und es passiert tatsächlich etwas: Mit 370 Mitgliedern ist der Kreisverband nach dem in der Landeshauptstadt der zweitstärkste im Freistaat, noch vor Ausburg und Nürnberg.

Sabine Pilsinger und Antje Wagner dürfen sich diesen Erfolg auf die eigenen Fahnen schreiben, denn die beiden Kreisvorsitzenden aus Grünwald und Gräfelfing werden von den Mitgliedern in ihren Ämtern bestätigt.

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Quelle:
SZ vom 08.04.2016
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