Landgericht:Betrüger fliegt zur Verurteilung aus den USA ein

Gericht Köln

Gefängnis oder Bewährungsstrafe - das ist die Frage.

(Foto: dpa)

Mit seinem Geständnis vor Gericht will der 46-Jährige, der von Taufkirchen aus 250 000 Euro ergaunert hat, reinen Tisch machen.

Von Patrik Stäbler, Taufkirchen

Martin R. hat die Hände vor dem Bauch verschränkt und lauscht gebannt, wie Richterin Petra Wittmann das Urteil verkündet - das Urteil, das wegweisend für sein künftiges Leben sein wird.

Von Taufkirchen aus hat der 46-Jährige mit einem Kompagnon mehrere Personen um mehr als 250 000 Euro betrogen. Die Taten liegen über zehn Jahre zurück, seither hat sich Martin R. ein neues Leben in den USA aufgebaut. Doch nun droht ihm eine Haftstrafe. Und sollte sie nicht zur Bewährung ausgesetzt werden, müsste er ins Gefängnis - seine Vergangenheit würde sein neues Leben aus den Angeln heben.

Doch dazu kommt es nicht: Zwei Jahre Haft auf Bewährung lautet das Urteil des Münchner Landgerichts und als die Richterin es verkündet, fällt von dem Angeklagten sichtbar eine Last ab. Tief schnauft er durch, schließt für einen Moment die Augen. Später wird er bekräftigen, wie erleichtert er in diesem Moment gewesen sei. Als die Richterin zum Ende der Verhandlung fragt, ob er darauf verzichte, gegen das Urteil in Revision zu gehen, antwortet R. hastig und heftig nickend: "Ja, ja, ja. Ja, bitte!"

Der 46-Jährige war am Freitag in Los Angeles in den Flieger gestiegen - mit großen Sorgen im Gepäck. Vor ihm lag der Prozess in München, hinter ihm eine schlaflose Nacht. Denn sein Haus in Kaliforniern ist wegen der dortigen Waldbrände am Donnerstag evakuiert worden. "Ich konnte nur das Nötigste mitnehmen", sagt Martin R. und zeigt zu seinen Füßen, die in Sandalen stecken: "Sogar meine Schuhe musste ich daheim lassen." Und so erscheint Martin R. zum Prozessauftakt am Montag zwar in Hemd und Krawatte im Gerichtssaal - aber mit Birkenstocks an den Füßen. Schon zu Beginn der Verhandlung machen er und sein Verteidiger klar, dass sie die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft weitgehend einräumen. Zudem ist der 46-Jährige sichtlich bemüht, Reue und Schuldeinsicht zu zeigen.

Eine Filmproduktionsfirma zum Schein

2005 ist der gebürtige Österreicher nach München gezogen, wo er mit einem Kompagnon eine Filmproduktionsfirma mit Sitz in Taufkirchen gründete. Diese habe jedoch bloß als "Deckmantel" fungiert, heißt es in der Anklageschrift, "um täuschungsbedingt Gelder zu akquirieren und für sich zu verbrauchen". Tatsächlich gelingt es dem Duo in den Jahren 2007 und 2008, drei Personen zu Zahlungen in Höhe von insgesamt gut 200 000 Euro an die Firma zu bewegen. Ihnen wird vorgegaukelt, es handle sich um eine "absolut risikofreie" Anlage - mit satten zwölf Prozent Zinsen im Jahr. Ein weiterer Geschädigter zahlt 75 000 Euro an die Firma für eine Kapitalerhöhung, die jedoch nie stattfindet.

Denn all das Geld fließt nicht etwa in das Unternehmen, sondern in die Taschen von Martin R. und seinem Kompagnon, die es für teure Reisen, teure Hotels und einen aufwändigen Lebensstil verprassen. "Ich sag's mal ganz brutal", formuliert der 46-Jährige vor Gericht: "Wir haben ganz doll auf wichtig gemacht."

Sein Kompagnon wird bereits 2012 zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Bei dem Österreicher hingegen verzögert sich das Verfahren, nachdem er sich bei einem Arbeitsunfall schwer verletzt hat und lange Zeit nicht verhandlungsfähig ist. Vor der Urteilsverkündung betont er in seinem letzten Wort: "Was wir gemacht haben, ist unentschuldbar. Ich habe so viele Leute mit reingezogen - auch meine Frau, die bis heute darunter zu leiden hat. Es tut mir leid." Nachdem er wegen schweren Betrugs in fünf Fällen - vier davon in Mittäterschaft - zu einer Bewährungsstrafe verurteilt ist, sagt er: "Ich bin erleichtert, dass endlich ein Schlussstrich gezogen ist."

Danach fährt der 46-Jährige direkt weiter zum Flughafen, wo er noch am selben Tag in einen Flieger in Richtung USA steigt - in sein neues Leben.

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