Schulen in der Corona-Krise:An der Belastungsgrenze

Schulen in der Corona-Krise: Stimme ihrer Generation: die beiden Landesschülersprecher Isabell Sonnefeld und Nevio Zuber.

Stimme ihrer Generation: die beiden Landesschülersprecher Isabell Sonnefeld und Nevio Zuber.

(Foto: Claus Schunk)

Isabell Sonnefeld und Nevio Zuber aus Hohenbrunn vertreten seit Januar als Mitglieder im Landesschülerrat 1,7 Millionen Kinder und Jugendliche. Sie kämpfen für bessere Technik und hoffen auf eine Rückkehr zum Präsenzunterricht.

Von Irmengard Gnau, Hohenbrunn

Sie haben sich wahrlich keine einfache Zeit ausgesucht, um ihr neues Amt anzutreten. Dafür aber vielleicht eine besonders spannende: Seit Anfang Januar sind Isabell Sonnefeld und Nevio Zuber offiziell zwei von insgesamt zwölf Mitgliedern des Landesschülerrats und damit Sprachrohr der mehr als 1,7 Millionen Schülerinnen und Schüler in Bayern. In der Corona-Pandemie stehen die Schulen besonderen, vorher nie gekannten Herausforderungen gegenüber. Wie kann Unterricht im Zeichen der Kontaktvermeidung für alle gut gelingen?

Mit dieser Frage beschäftigen sich Zuber und Sonnefeld nun beinahe täglich. Sonnefeld besucht die zehnte Klasse der Carl-Steinmeier-Mittelschule in Hohenbrunn, wo sie sich auf ihre Mittlere Reife vorbereitet. Neben ihrem Amt in der Schülermitverwaltung ihrer Schule ist die 16-Jährige Bezirkssprecherin der oberbayerischen Mittelschulen. Nach weniger schönen persönlichen Erfahrungen in der Vergangenheit sagt Sonnefeld: "Ich habe viel Motivation, die Schule zu einem besseren Ort zu machen."

Für Nevio Zuber ist der Landesschülerrat, der für Mittel-, Real- und Berufsschulen sowie Gymnasien und Fach- und Berufsoberschulen zuständig ist, nur eines von mehreren Betätigungsfeldern, wo er sich für Themen, die ihm wichtig sind, einsetzen kann. "Politik interessiert mich", sagt der 17-jährige Elftklässler, der am Gymnasium Ottobrunn erster Schülersprecher ist.

Mit ihren Kolleginnen und Kollegen vom Landesschülerrat diskutieren Sonnefeld und Zuber zurzeit beinahe täglich. Dabei dominiert, natürlich, eine Frage: wie der Unterricht unter den außergewöhnlichen Voraussetzungen der Pandemie gelingen kann. Dass die Schulen nach den Winterferien wieder geschlossen blieben, habe ihn nicht überrascht, sagt Zuber. Die hohen Infektionszahlen hatten so etwas schon befürchten lassen. Nun also sitzen die bayerischen Schülerinnen und Schüler wieder größtenteils zu Hause vor dem Laptop oder Handy, um Mathe, Englisch oder Sozialwesen zu pauken.

Das klappt unterschiedlich gut, wissen Sonnefeld und Zuber. "Persönlich kam ich bisher mit dem Online-Unterricht gut zurecht", sagt Elftklässler Zuber. "Aber wir bekommen auch viele Nachrichten von Schülern, dass es nicht klappt." Insgesamt, so das Urteil der Landesschülersprecher, hänge das Gelingen stark von den einzelnen Schulen und deren personellen wie auch technischen Möglichkeiten ab. "Es gibt Schulen, da klappt der Online-Unterricht gut, da funktionieren auch die Plattformen, bei anderen Schulen verteilen Lehrer nur Aufgaben", berichtet Sonnefeld. "Das ist ein Problem."

Gerade jüngere Schüler tun sich schwer

Wenn der Kontakt zum Lehrer oder zur Lehrerin durch Videokonferenzen fehlt, tun sich vor allem jüngere Schüler schwer, dem Stoff zu folgen. "Es ist natürlich ein Unterschied, ob man mit Schülern aus der Oberstufe Online-Unterricht macht oder mit Zehn-, Elfjährigen, die noch nicht so erfahren sind mit der Technik", sagt Zuber. Gerade bei den Jüngeren müssen beim Homeschooling die Eltern mit anpacken - das kann diese leicht an die Belastungsgrenze bringen, wissen die Schülersprecher, gerade dann, wenn es von Seiten der Schule wenig Anleitung gibt. "Da sind auch die Eltern überfordert", sagt Sonnefeld. Sie selbst erlebt den Online-Unterricht als anstrengender als persönlich in die Schule zu gehen.

"Man starrt den ganzen Tag auf den Bildschirm. Außerdem ist es schwierig, in einer Videokonferenz den richtigen Moment abzupassen, um zu antworten - und zu Hause hat man viel Ablenkung." Der Landesschülerrat fordert deshalb, dass so schnell wie möglich zumindest die Abschlussklassen wieder zurück in den Präsenzunterricht wechseln dürfen, dann auch jüngere Schüler. "Das ist, glaube ich, egal für welche Schulart das wichtigste", sagt Sonnefeld.

Selbstverständlich, betonen die Schülersprecher, sei die Gesundheit aller zu schützen, man wolle an den Schulen kein Corona-Hotspot werden. Trotzdem setzen sich Zuber und Sonnefeld mit dem Landesschülerrat beim Kultusministerium für die bestmögliche Lösung für Bayerns Schülerinnen und Schüler ein. "Klar ist das momentan eine sehr schwierige Phase", sagt Sonnefeld. "Aber der Druck darf nicht an den Schülern ausgelassen werden", ergänzt Zuber.

Dass etwa die Faschingsferien in Bayern gestrichen wurden, kritisiert der Landesschülerrat scharf. Auch bei der Notenvergabe und bei Stoff, der nicht prüfungsrelevant ist, gebe es noch Möglichkeiten zur dringend nötigen Entlastung. Bei der technischen Ausstattung wünscht sich Sonnefeld weitere Verbesserungen für die Zukunft, insbesondere einheitliche Plattformen - und dass Schüler wie Lehrer besser im Umgang damit geschult werden.

Was beide in Corona-Zeiten am meisten vermissen, ist die Schule als Ort des sozialen Austauschs und der Projekte. "Schule ist zu einem Ort geworden, wo man nur noch zum Lernen hingeht", sagt Zuber. Auch das soll sich nach Ansicht der Landesschülersprecher so bald wie möglich wieder ändern.

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