Landesgartenschau:Die Wildnis muss erst wachsen

Landesgartenschau: "Das sieht gerade nicht schön aus": Von dem Landschaftspark mit seinem See und fünf Sphären, der in drei Jahren hier liegen soll, ist momentan noch nichts zu erkennen. Die Kräne gehören zu der Baustelle des neuen Gymnasiums, das am Rande des Parks entsteht.

"Das sieht gerade nicht schön aus": Von dem Landschaftspark mit seinem See und fünf Sphären, der in drei Jahren hier liegen soll, ist momentan noch nichts zu erkennen. Die Kräne gehören zu der Baustelle des neuen Gymnasiums, das am Rande des Parks entsteht.

(Foto: Claus Schunk)

In drei Jahren öffnet in Kirchheim die Landesgartenschau. Bis dahin soll außer dem Park auch ein Teil der neuen Ortsmitte fertig sein. Ein Rundgang über die Baustelle zeigt, dass noch viel Vorstellungskraft nötig ist.

Von Anna-Maria Salmen, Kirchheim

Es ist ein Ausflug in die Zukunft: Von breiten Balkonen aus werden die Schüler des neuen Kirchheimer Gymnasiums in den Ortspark blicken können, der sich direkt neben dem Schulgelände erstreckt. Entlang an weitläufigen Wiesen und einem kleinen Waldstück führt der Hauptweg des Parks ans schilfbewachsene Ufer eines Sees. An der Promenade erheben sich das moderne Rathaus und der angrenzende Bürgersaal, die Fassaden der beiden Gebäude sind geprägt von dunklem Holz und Glas. So soll die neue Ortsmitte zwischen Kirchheim und Heimstetten in rund drei Jahren aussehen.

Zahlreiche Bauten des Großprojekts Kirchheim 2030 sollen bereits zur Landesgartenschau 2024 fertiggestellt sein. Noch besteht das insgesamt 486 600 Quadratmeter große Gebiet zu einem großen Teil aus Feldern - die ersten Baustellen lassen allerdings die Ausmaße des Projekts bereits jetzt erahnen. Es sei eine der spannendsten Phasen im Verlauf der Planungen, sagt Kirchheims Bürgermeister Maximilian Böltl (CSU), immerhin könne man Stück für Stück miterleben, wie die Entwürfe Realität würden.

Der größte Fortschritt ist aktuell am neuen Gymnasium zu beobachten. Hinter dem Bauzaun sind zwei hohe Kräne im Einsatz, zahlreiche Arbeiter laufen zwischen den Gerüsten umher. Derzeit sind die Rohbauarbeiten im Erdgeschoss im Gange, Holzpflöcke und Baugerüste zeigen die groben Umrisse der Schule. An der Baustelle lassen sich auch die Dimensionen der neuen Anlage erkennen: Circa 1350 Schülerinnen und Schüler können das Gymnasium eines Tages besuchen. "Mir kommt es manchmal vor wie eine kleine Uni", sagt Böltl. "Aber man braucht den Platz für die vielen Fachräume und die Freianlagen."

Nach Aussage des Bürgermeisters laufen die Arbeiten nach Zeitplan. Die Schulfamilie soll im Herbst 2023 in das neue Gymnasium einziehen. Wenig später, Anfang 2024, sollen auch die Freianlagen fertig werden. Daran angrenzen wird eine der fünf Sphären, die das vom Berliner Architekturbüro Sinai entwickelte Konzept für die Landesgartenschau prägen. Eingefasst von Baumreihen und dem kleinen Wäldchen neben dem Gymnasium soll eine weitläufige Wiesenfläche die Besucher empfangen.

Landesgartenschau: "Ich sehe selbst jedes Mal etwas Neues": Bürgermeister Maximilian Böltl (CSU) bei einem seiner regelmäßigen Besuche auf der Großbaustelle zwischen den Ortsteilen Kirchheim und Heimstetten.

"Ich sehe selbst jedes Mal etwas Neues": Bürgermeister Maximilian Böltl (CSU) bei einem seiner regelmäßigen Besuche auf der Großbaustelle zwischen den Ortsteilen Kirchheim und Heimstetten.

(Foto: Claus Schunk)

Aktuell ist vom Gras jedoch noch nichts zu sehen, lediglich einige Bäume, die vom Kirchheimer Oval, dem Kreisverkehr an der Staatsstraße, umgepflanzt wurden, deuten den späteren Parkbereich an. Denn bevor die Wiese angesät werden kann, muss der Boden des Feldes archäologisch untersucht werden.

An der Ludwigstraße, wo in den kommenden Jahren ein neues Wohnquartier entsteht, bleibt der Bürgermeister stehen. "Wahnsinn, ich sehe selbst jedes Mal etwas Neues, wenn ich hier bin", entfährt es Böltl. Auf dem weitläufigen Gelände wurde der ausgehobene Kies zu einem hohen Hügel aufgehäuft. In der Ferne stehen Verkaufscontainer, die Fahnen mit den Logos der Bauträger flattern im Wind.

Über die Gestaltung der Wohnungen hatte es vor einiger Zeit im Gemeinderat hitzige Debatten gegeben. Die Gebäude würden aussehen wie ein Plattenbau, seien zu urban und modern - so lautete die Kritik einiger Kommunalpolitiker. Die Nachfrage nach den neuen Wohnungen sei bislang allerdings groß, sagt Bölt, für ihn ein Zeichen, dass die Entwürfe durchaus ankämen. Um das neue Quartier optimal anzubinden, soll die Ludwigstraße fortgeführt und mit dem Kreisverkehr an der Staatsstraße verbunden werden. "Sobald die Anbindung fertig ist, wird die Hauptstraße stillgelegt", erläutert Böltl. Schließlich soll dort, wo aktuell die Straße am Jugendzentrum vorbeiführt, zur Landesgartenschau das Ufer des Sees in der Sphäre Wasser entstehen.

Landesgartenschau: Hier entsteht das neue Ortszentrum mit der Landesgartenschau.

Hier entsteht das neue Ortszentrum mit der Landesgartenschau.

(Foto: Claus Schunk)

Bis es so weit ist, muss sich die Bevölkerung laut Böltl allerdings auf einige Unannehmlichkeiten einstellen. Einige Straßensperrungen seien unvermeidbar, kündigt der Bürgermeister an. "Wir werden eine Zeit lang viele Umwege in der Gemeinde haben, aber die sind ja nicht umsonst." Die Rathausverwaltung erhalte regelmäßig Anfragen zu den Straßensperren und zu weiteren Nebeneffekten der Bauarbeiten, unter anderem auch zu den Baumfällungen. "Aber wenn man den Bürgern erklärt, warum man etwas macht, haben die meisten auch Verständnis dafür", sagt Böltl. Als Beispiel nennt er die Fällungen am Oval an der Staatsstraße: "Das sieht zwar gerade nicht schön aus, dafür kommt aber dann ein Radweg. Der ist ja auch gut für den Klimaschutz."

Von dem neuen Kreisverkehr an der Staatsstraße geht es über einen kleinen Erdwall hinein in den Bereich, der später zur Sphäre Wildnis werden soll. Über schmale Stege verbundene Lichtungen sollen die Besucher inmitten des kleinen Wäldchens südlich der Staatsstraße zum Erholen einladen. Auch die vor kurzem im Gemeinderat intensiv diskutierte achteinhalb Meter hohe Aussichtsplattform wird in diesem Bereich stehen.

Umstrittene Fällungen

Um die Wildnis für diese Pläne zugänglich zu machen, wurde vor einigen Wochen das Gehölz gelichtet - die Fällungen lösten Protest von Naturschützern aus. "Ich habe selbst gehadert, ob man die Bäume nicht stehen lassen soll", sagt Böltl und blickt sich in dem Waldstück um. Zwei durchaus legitime Anliegen stünden sich gegenüber: der Erhalt der Natur einerseits, der Bau eines für die Bevölkerung zugänglichen Parks andererseits. Mit der Landesgartenschau wolle man eben auch die Natur erlebbar machen.

Aktuell ist das Gestrüpp in der Wildnis noch kahl, die Sonne scheint durch das Gehölz. In die ausgeschnittenen Wege ragen kleine Äste, auf der Erde liegen trockene Zweige, die unter den Schuhen knacken. Böltl hat bereits jetzt eine klare Vision vom späteren Parkbereich vor Augen. "Wenn hier die Bäume wieder grün werden und man mitten in dem kleinen Wald steht, dann wird das etwas Besonderes."

Tritt man aus dem kleinen Gehölz, erblickt man bereits das vorbereitete Areal für den Neubau des Rathauses mit Bürgersaal: An der Heimstettner Straße ist eine riesige Baugrube ausgehoben, in der Bagger und Baustellenfahrzeuge bereit stehen. Im Juni soll hier laut Böltl der Bau beginnen, circa zwei Jahre später soll der Komplex stehen. "Wenn ich momentan durch den Ort fahre, denke ich mir schon oft, dass es aussieht wie eine Kraterlandschaft", sagt Böltl. "Aber man braucht einfach ein bisschen Vorstellungskraft, wie es mal aussehen wird." Er selbst hat sie.

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