Die dichten grauen Wolken lassen kaum Urlaubsstimmung aufkommen an diesem Vormittag. Doch das ändert sich schnell, als man sich seinen Weg über den Platz vor dem Eingang zur Kirchheimer Landesgartenschau bahnt. In Grüppchen warten dort Menschen auf den Einlass, italienische Satzfetzen dringen ans Ohr. Wenig später schallt unisono ein herzliches „Buongiorno“ über den Platz, als Andreas Holzhammer, Vorsitzender des Partnerschaftskomitees, die Gäste aus Italien begrüßt.
Fast 60 Italiener aus der Partnergemeinde Caramanico Terme in den Abruzzen sind an diesem Wochenende nach Kirchheim gekommen, um die Landesgartenschau zu besuchen. Schon seit 1998 besteht die Partnerschaft zwischen den beiden Kommunen, und zwar nicht nur auf dem Papier. Der Austausch ist lebendig, wie Kirchheims Bürgermeister Stephan Keck (SPD) sagt.
Regelmäßig sind die Kirchheimer zu Besuch in den Abruzzen und die Caramanichesi in Bayern. In all den Jahren seien echte Freundschaften entstanden, sagt Keck. Er selbst ist schon lange mit Franco Parone befreundet, ebenfalls ein Sozialdemokrat, der vor drei Wochen zum Bürgermeister der abruzzesischen Kommune gewählt wurde.
Dass die Freunde aus Caramanico sich das größte Projekt anschauen, das Kirchheim jemals gestemmt hat, versteht sich von selbst. Die Delegation ist am Freitag angekommen und besuchte am Samstag zunächst die Münchner Innenstadt, sagt Hermann Holzhammer vom Partnerschaftskomitee, der Vater des aktuellen Vorsitzenden. Er selbst pflegt ebenfalls schon von Beginn an die Kontakte mit den Italienern.
Am Abend traf man sich zum „Klassik-Calcio“, verband also ein klassisches Konzert mit Fußball-Schauen. Für die italienische Nationalmannschaft ging das weniger glücklich aus: Die Niederlage gegen die Schweiz bedeutete das Ende der Europameisterschaft für die Azzurri. „Aber das hat der Stimmung keinen Abbruch getan“, sagt Holzhammer.
Ihre Hymne stimmen die italienischen Gäste auf dem Gartenschau-Gelände fast mit derselben Inbrunst an wie die Fußballer. Aber auch bei der deutschen zeigen sie sich textsicher. Bürgermeister Keck versucht sich bei der Begrüßung umgekehrt ebenfalls in der Sprache seiner Gäste: „Cari amici, benvenuti a Kirchheim.“ Er lächelt entschuldigend, damit sei sein Italienisch schon erschöpft. Eine Übersetzerin springt ein.
In Zeiten von Krieg und Erstarken von Rechtspopulisten in Europa sei es wichtiger denn je, „dass wir uns treffen und ein Zeichen setzen für Frieden und Demokratie“. Kecks Amtskollege Parone spricht ebenfalls von einer Spaltung: „Das ist nicht das Europa, das uns gefällt.“ Eine Gemeindepartnerschaft hingegen sei ein „Synonym für Einheit und Liebe zwischen den Völkern“.
Das passt auch zur Landesgartenschau, die für Einheit sorgen soll zwischen den bis dahin von Äckern getrennten Ortsteilen Kirchheim und Heimstetten. Keck erzählt das seinen Gästen bei einem Rundgang über das Gelände, die Italiener staunen, als sie erfahren, dass im Zentrum des Parks früher die Hauptstraße verlief. Jetzt findet man hier üppiges Grün und Blumenbeete. „Bellissimo“, ruft eine Frau.

Auch die Völkerverständigung klappt, untereinander sprechen die Gäste mal Italienisch, mal Englisch mit den Kirchheimer Gastgebern. Zwei junge Frauen rätseln, was ein Schild bedeutet, das vor einem kunstvollen Blumenarrangement angebracht ist. „Bitte nicht berühren“, steht dort auf Deutsch, schnell haben die beiden Italienerinnen das übersetzt.
Assunta, eine junge Frau aus Caramanico, ist begeistert von der Gartenschau. Bisher war sie noch nie in Kirchheim. „Das war ein sehr schönes Erlebnis. Es gibt viel zu sehen.“ Vor allem die vielen Spielplätze und die Wahl der Pflanzen hat sie überzeugt. Antonio stimmt ihr zu: „Es ist gelungen, einen botanischen Garten zu verbinden mit einem Park.“
Bürgermeister Parone und sein Vorgänger Mario Mazzocca schwärmen ebenfalls. „Bellissimo“ und „fantastico“, rufen sie laut über das Gelände, als man sie nach ihrem Eindruck fragt. „Es ist nicht einfach nur Grün, sondern ein Projekt mit einer Idee dahinter“, sagt Parone. Und wo ist es nun schöner, auf der Landesgartenschau oder in Caramanico? Parone lacht, festlegen will er sich nicht. „Es sind ganz unterschiedliche Orte, das kann man nicht beantworten. Wir sind Brüder.“