Süddeutsche Zeitung

La Baracca:Beim E-Taliener

Kellner? Fehlanzeige! Im italienischen Restaurant La Baracca läuft die Bestellung über ein Touchpad. Die Technik hat zwar noch so ihre Tücken, ein Erlebnis ist der Besuch allemal.

Petra Markovic

Dieser Text ist leider veraltet, das Restaurant gibt es inzwischen nicht mehr.

Was wäre, wenn man seine Bestellung direkt am Tisch über einen Computer abgeben könnte? Ohne lästiges Warten auf überforderte Kellner, ohne nervendes "Passt alles bei Ihnen?" übermotivierter Bedienungen. Das La Baracca am Maximiliansplatz wagt diesen Versuch.

Mark Korzilius, der auch die Kette Va Piano erfunden hat, hat sich getraut: Das La Baracca kommt ohne Bedienungen aus - zumindest fast. Knapp eine halbe Million Euro soll allein in die Entwicklung der Software investiert worden sein, die in dem kleinen, in Leder gebundenen, Touchpad steckt. Es ist die Speisekarte und gleichzeitig das Terminal, an dem man sein Essen und Trinken bestellt. Die Bedienung ist dann eigentlich nur noch dafür zuständig, alles von der Küche an den Tisch zu bringen.

Geht man nach der Anzahl der Gäste, scheint das Konzept aufzugehen. Oder zumindest auf erhöhtes Interesse zu stoßen, denn bei unserem Besuch hätten wir ohne Reservierung keinen Platz bekommen.

Am Eingang des La Baracca erhalten wir eine Chip-Karte, auf die die verzehrten Speisen und Getränke gebucht werden. Gezahlt wird am Ausgang. Die Platzanweiserin begleitet uns zu einer langen Tafel. Dort sitzt bereits ein Pärchen, das in die kleinen Computer am Tisch vertieft ist.

Das gesamte Restaurant ist hell und sehr luftig eingerichtet. Holz und dunkler Marmor dominieren den Raum. Es gibt Sitzplätze an einer Theke und an Tischen. Trotz seiner Größe ist das La Baracca familiär eingerichtet: Dick gerahmte Bilder hängen an der Wand, Bücherregale erinnern an das eigene Wohnzimmer. Bei der verglasten Antipasti-Station, in der Spezialitäten wie luftgetrockneter Schinken und italienische Salami hängen, kann man die Köche bei der Zubereitung der Vorspeisen beobachten.

Ein Blickfang sind die Weinstationen, an denen insgesamt 84 verschiedene Weine selbst "gezapft" werden können. Und wer erst kosten möchte, bevor er sich für einen teuren Rebensaft entscheidet, kann sich für etwa einen Euro ein edles Probier-Tröpfchen in sein Glas füllen.

Sobald wir die Karte auf den dafür vorgesehenen Sensor legen, leuchtet die Speisekarte im Touchpad auf. Das System ist leicht verständlich, die Speisen sind in die verschiedenen Gänge unterteilt. Durch die digitalisierte Speisekarte eröffnen sich viele Möglichkeiten: So gibt es zum Beispiel eine Veggie-Funktion, die Fleisch- und Fischgerichte ausblenden soll. Leider hat die Technik hier noch ihre Tücken und bei unserem Besuch wurden sämtliche Gerichte ausgeblendet.

Nachdem wir mehrere Minuten in der Speisekarte gesurft haben, entscheiden wir uns für unsere Getränke. Als Aperitif bestellen wir einen Sprizz (4,80 Euro), der sich bei seiner Ankunft als riesig herausstellt. Später zum Essen werden wir ein Montepulciano D'Abruzzo (1,80 Euro/ ein Achtel Liter) und ein Chardonnay (3,70 Euro / ein Achtel Liter) bestellen, wobei vor allem der weiße Chardonnay überzeugt.

Als Vorspeise bestellen wir gekühlte Oliven (2,20 Euro) und Parmesan mit einer Balsamico-Honig-Soße (3 Euro). Schon nach kurzer Wartezeit werden sie von einer sehr freundlichen Bedienung an den Tisch gebracht.

Oliven, Parmesan und vor allem der Balsamico-Honig-Dip schmecken hervorragend (zugegeben, hier kann man wenig falsch machen). Wir hätten gerne Brot zu unserer Vorspeise bestellt, doch leider haben wir es auf die Schnelle in der digitalen Speisekarte nicht gefunden.

Nach diesem kleinen Appetizer überlegen wir uns, was wir als nächstes essen. Wieder durchklicken. Man muss darauf achten immer einen Gang nach dem anderen zu bestellen, sonst werden alle auf einmal geliefert.

Wir entscheiden uns für Bruschette mit Tomaten (3 Euro) und Ravioli mit Hühnchen-Ricotta-Füllung (4,50 Euro). Es sind kleine Portionen, das Konzept ist eben typisch italienisch. Man schlemmt sich den gesamten Abend durch viele kleine Gerichte, anstatt ein einziges, großes zu verzehren. Wie sonst sollte man vier Gänge essen, wenn man schon dem ersten das Bedürfnis hat, den Hosenbund zu weiten?

Der dritte Gang: Das Entrecôte (8 Euro) ist well done, trotzdem nicht trocken und gut gewürzt. Die Rosmarinkartoffeln (2 Euro) und das Grillgemüse (2,80 Euro) müssen extra bestellt werden, kommen aber zur gleichen Zeit. Außerdem bestellen wir noch Spinatcannelloni mit Ricotta (5,40 Euro). Auch optisch geben die Gerichte einiges her. Sie kommen hübsch angerichtet auf einem rustikalen Holzbrett daher.

Das Dessert ist der Höhepunkt des Abends. Das Semifreddo mit Blaubeeren (3,80 Euro) ist im Gegensatz zu den anderen Gängen reichlich, dafür nur wenig süß. Die Dessertplatte "Dolce Vita" (7,50 Euro) hält, was der Name verspricht: Eine ganze Armada von Nachspeisen versüßt das Leben: Tiramisu, warmer Schokoladenkuchen und eine Tasse Espresso - garniert mit einem Löffelbisquit. Krönung der Dessertplatte ist allerdings die Panna Cotta, nicht zu hart, nicht zu weich: ein Traum in Weiß.

Für den gesamten Abend haben wir für zwei Personen etwa sechzig Euro gezahlt. Der Abend ist nicht ganz so billig, wie es die Preise anfangs vermuten ließen. Etwas Besonderes ist der Besuch im digitalen Restaurant aber allemal.

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