Bildende Kunst:Freude an der Farbe

Bildende Kunst: Sabine Ziegler hat sich auf Aquarelle mit München-Motiven spezialisiert.

Sabine Ziegler hat sich auf Aquarelle mit München-Motiven spezialisiert.

(Foto: Claus Schunk)

Der Kunstverein Ottobrunn wartet nach den Einschränkungen und Turbulenzen der vergangenen Jahre gleich mit zwei Ausstellungen im Mai auf - eine in der eigenen Galerie "Treffpunkt Kunst", die andere im Rathaus.

Von Franziska Gerlach, Ottobrunn

Plötzlich ist da wieder Farbe im "Treffpunkt Kunst", der Galerie des Kunstvereins Ottobrunn. Sabine Ziegler hat sie mitgebracht, die Künstlerin aus Aßling hat sich auf Aquarelle mit München-Motiven verlegt. Odeonsplatz, Bayerischer Landtag, Hackerbrücke, besonders viel Strahlkraft aber hat ihre Version der Fröttmaninger Fußball-Arena, sie leuchtet von innen heraus. Da macht es keinen Unterschied, ob man nun im Treffpunkt Kunst vor Zieglers Bild steht oder nachts von der Autobahn kommend daran vorbeifährt. "Sicht-Achsen" lautet der Titel der Ausstellung, die Zieglers Aquarelle nun bis zum 28. Mai gemeinsam mit den reliefartigen Coudrage-Arbeiten der Textilkünstlerin Franziska Polzer-Foreman zeigt.

Und damit nicht der genug der Kunst in Ottobrunn. Im Rathaus eröffnete nämlich am Freitagabend außerdem die Mitgliederausstellung "Letztes Jahr" (bis 31. Mai) des Kunstvereins Ottobrunn, bei der sich auch der neue erste Vorsitzende Reiner Binsch und die neue künstlerische Leiterin Anna Arndt vorstellten. Der Titel der Gemeinschaftsausstellung ist dabei wörtlich zu nehmen: Die Exponate müssen zwar nicht zwingend die Pandemie zum Gegenstand haben, sollten aber doch im vergangenen Jahr entstanden sein. "Wir wollten einfach wissen, was unsere Leute in der letzten Zeit so getan haben", sagt Binsch, 69, früher Architekt, mittlerweile Rentner. Lange überlegen musste er nicht, ob er den Vorsitz des Vereins übernimmt. Und er muss die Aufgabe auch nicht alleine schultern. Nach den "unruhigen Phasen" - der Vorgänger- Vorstand war nur kurze Zeit im Amt gewesen - wird der Vorstand nun aus fünf Köpfen bestehen, die sich um die Belange der Kunst und der Künstler kümmern.

Bildende Kunst: "Lustig im Löwenzahn" heißt dieses Bild von Bernhard G. Kreissl.

"Lustig im Löwenzahn" heißt dieses Bild von Bernhard G. Kreissl.

(Foto: Claus Schunk)

Auch sonst ist einiges anders: Statt annähernd 60 Künstler wie zuletzt stellen diesmal nur 20 der 130 Vereinsmitglieder im Rathaus aus, dafür können diese jeweils mehrere Werke zeigen. Außerdem sollen die Mitglieder künftig an zwei Terminen pro Jahr ihre Arbeiten im Rathaus präsentieren dürfen. Dazu muss man zunächst einmal sagen, dass deren Schaffenskraft in der Corona-Zwangspause offenbar nicht gelitten hat. Im Gegenteil: Wenn nach einer langen Phase der Abwesenheit die Kunst wieder da ist, hat das etwas von einem Klassentreffen, zu dem jeder das Büffet mit einer anderen Leckerei bestückt: Fantasievolle Aquarelle in luftigem Blau, wie Anna Arndt sie erschafft, Humoriges von Bernhard G. Kreissl, Pouring von Harald Stark und in Katja Käfer ist sogar eine Künstlerin vertreten, deren bizarr-schöne Werke durch Hacken mit der Axt entstehen.

"Wir sind froh, unterschiedliche Künstler da zu haben."

Friederike Hofmann wiederum hat ein ganzes Jahr lang immer die selbe Bank fotografiert, sie machte sich Notizen und sprach mit den Leuten, sie malte, klebte und dokumentierte, was sich dort zugetragen hat. Und, so sagt sie, das Kunstprojekt sei noch nicht zu Ende. "Wir sind froh, unterschiedliche Künstler da zu haben, die uns zeigen, wie unterschiedlich die Menschen sind", sagt die künstlerische Leiterin Anna Arndt. Sie steht vor einem Blumengemälde von Urszula Widzgowska. Es ist ein expressives Bild, mit starken Farben. Und einer starken, lebensbejahenden Kraft.

Es liegt im Wesen von Gemeinschaftsausstellungen, dass ganz unterschiedliche Stile und Techniken aufeinandertreffen, und will man in Ottobrunn partout eine Gemeinsamkeit herauslösen, so ist das vielleicht die Freude an der Kunst, die Freude an der Farbe und am Leben selbst. Sich endlich wieder austauschen zu dürfen mit anderen Künstlern. Denn auf Dauer tut ein einsames Dasein im Atelier wohl niemanden gut. Da wirkte das Motiv der Maske, das in den Bilder hier und da auftauchte, fast schon wie ein Relikt vergangener Zeiten. Maria Öhlin-Lohstetter greift das Thema in ihrer Tennis-Serie auf: Im Bild von 2016 ist der Blick der minimalistisch dargestellten Gesichter in den Zuschauerrängen noch auf die Smartphones gerichtet, fünf Jahre später beherrschen dann Maske und Abstand die Szene.

Bildende Kunst: Der neue Kunstverein-Vorsitzende Reiner Binsch zeigt selbst Werke im Rathaus.

Der neue Kunstverein-Vorsitzende Reiner Binsch zeigt selbst Werke im Rathaus.

(Foto: Claus Schunk)

Auch Reiner Binsch hat sich mit der Maske beschäftigt, als er Ärzte im Operationssaal gemalt hat. Darunter hängt eine Partyszene, durch die sich knallbunte Lichtreflexe schwirren. Binsch hat den Menschen Ausgelassenheit und Lebensfreude in die maskenfreien Gesichter gemalt, sie tanzen ohne Abstand, als ob es das Virus nie gegeben hätte. Christine Renner hat sich mit den verschiedenen Emojis auseinandergesetzt, ohne die Kommunikation kaum mehr denkbar ist. "Mich hat gereizt, das malerisch von klein auf groß umzusetzen", sagt die Künstlerin. Das sei auch "als Kniefall" vor der Leistung der Designer zu verstehen, die diese Piktogramme entworfen haben. Einen lachenden Smiley hat sie gemalt. Einen abgewinkelten Arm, der seine Muskeln spielen lässt. Und dann ist da noch der Eisbär vor hellblauem Hintergrund, für Renner ein Symbol für den Klimawandel. Das sehe man ja ganz deutlich, wie traurig sein Blick sei.

Bildende Kunst: Die Textil-Künstlerin Franziska Polzer-Foreman hat Stoffreste von Christo in ihren Bildern verarbeitet.

Die Textil-Künstlerin Franziska Polzer-Foreman hat Stoffreste von Christo in ihren Bildern verarbeitet.

(Foto: Claus Schunk)

Kunst ist eben immer auch Ausdruck dessen, was dem Künstler selbst wichtig ist. Bei Sabine Ziegler ist das die Aquarell-Malerei, sie sei ihre Leidenschaft, sagt sie im Treffpunkt Kunst, der nach einer Umgestaltung heller und offener wirkt, irgendwie größer. Was ihr so gut daran gefällt? "Man muss die Kontrolle aufgeben, damit es gut wird", sagt die Künstlerin, die sich als Vorstandsmitglied der Deutschen Aquarell Gesellschaft dafür einsetzt, das diese Technik hierzulande mehr Anerkennung erfährt. Denn Aquarellmalerei sei eben nicht nur zart und lieblich, nicht nur Blumen und Landschaften. Da sei so viel mehr möglich. Internationale Prominenz steuert dagegen Textilkünstlerin Polzer-Foreman zur Ausstellung bei, die mit einer eigens entwickelten Technik Stoffreste zu bunten Reliefs zusammenstellt, durch die sich ästhetische Linien und Furchen ziehen. Nun, und als sie 2016 am Iseo-See in Italien Christos Kunstprojekt "Floating Piers" besuchte, verteilten dessen Mitarbeiter auch Proben des orangefarbenen Stoffes, den der berühmte Verhüllungskünstler seinerzeit verwendete. Polzer-Foreman vernähte das Textil später in einem Kunstwerk. Gerade hängt es in der Galerie an der Rathausstraße 5. Ein Stückchen Christo in Ottobrunn, sozusagen.

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