Kunst am Bau:Vögel aus neuer Perspektive

Der Künstler Wolfgang Stehle schafft für die neue Jagdfeldschule in Haar unter dem Titel "Birdlife" fünf Skulpturen, die Ornithologie und Geometrie verbinden

Von Bernhard Lohr, Haar

Wenn die Kinder künftig am Morgen zur neuen Jagdfeldschule kommen, können sie erst einmal Meister Adebar ein fröhliches "Guten Morgen" entgegenrufen, bevor sie dem Hausmeister "Grüß Gott" sagen. Schräg neben dem Eingang des Neubaus an der Grundschule soll ein lebensgroßer Storch aufgestellt werden, der täuschend echt aussehen soll. Den naturalistischen Ansatz bricht allerdings ein Rad, auf dem die Bronzefigur steht, die von ihrem Platz aus mit dem Schnabel sogar ein zweites Rad zeichnet. Ein Vogel, der sich mit Geometrie befasst: Die Kinder dürfen sich davon gerne inspirieren lassen. Es wäre im Sinne von Wolfgang Stehle.

Kunst am Bau: Der Münchner Künstler Wolfgang Stehle bringt mit seiner Arbeit "Birdlife" Biologie und Geometrie zusammen.

Der Münchner Künstler Wolfgang Stehle bringt mit seiner Arbeit "Birdlife" Biologie und Geometrie zusammen.

(Foto: Wolfgang Stehle /oh)

In Haar gehört es seit Jahren wie selbstverständlich dazu, dass bei größeren öffentlichen Bauten immer auch die bildende Kunst zu ihrem Recht kommt. Renommierte Kunstschaffende wie Werner Mally, Hans Kastler und Wolfgang Sandt haben so in der Gemeinde an vielen Orten schon Spuren hinterlassen. Kunst soll Brücken schaffen, so lautete die Intention, als es sich der damalige Bürgermeister Helmut Dworzak (SPD) und seine rechte Hand im Rathaus, Ute Dechent, zur Aufgabe machten, die Kunst zu den Menschen zu bringen und umgekehrt.

So ließ man erst vor Monaten ganz bewusst die Bahnsteigunterführung am Haarer Bahnhof von dem Münchner Künstler Jochen Scheithauer gestalten. Eine am Ort weithin bekannte Skulptur schuf Susanne Pittroff mit der begehbaren, geneigten, roten Plattform "Concrete Voyage" am Jagdfeldsee, die Assoziationen an einen fliegenden Teppich und somit ans Reisen weckt.

Nicht weit davon und auch nicht weit von grünem Blattwerk und roten Blüten auf breiten Glaselementen, die Klaus von Gaffron am Gymnasium nahe der Brücke über die B304 installiert hat, soll nun Wolfgang Stehles Werk mit dem Namen "Birdlife" Platz finden.

Kunst am Bau: Vögel sind geschickte Baumeister.

Vögel sind geschickte Baumeister.

(Foto: Wolfgang Stehle /oh)

In seiner von einer Jury Ende November mit "klarem Votum", wie es heißt, ausgewählten Arbeit hat sich Stehle intensiv mit der Welt der Vögel auseinandergesetzt und dabei sogar einen Bogen zum Lernen und zur Schule geschlagen. Stehle schilderte kürzlich im Gemeinderat, der die Umsetzung der Vogelinstallation einstimmig beschloss, dass er bei der Beschäftigung mit Vögeln festgestellt habe, wie intelligent die Tiere seien. Beim Nestbau etwa und auch sonst zeigten gewisse Vogelarten "ein eigenes ästhetisches Empfinden". Der Anblick der Vögel soll den Schulkindern nach Stehles Vorstellung den "spielerischen Umgang der Vögel mit geometrischen Formen" zeigen. Sie sollen es als eine Art Angebot auffassen, "Lerninhalte aus verschiedenen Fächern in Zusammenhang zu bringen". Geometrie und Biologie wachsen bei Stehles Kunst zusammen.

Stehles Storch zeichnet also nicht zufällig vor der Westfassade der neuen Schule einen Kreis. Es wird dazu an der Westfront einen Uhu geben, der auf einem Ast über dem Haupteingang sitzt und einen auf einem Tetraeder schwebenden Wanderfalken. Auch Passanten am Jagdfeldring sollen die Vögel wahrnehmen. Anders die Schwanzmeise, die einen Dodekaeder baut, und die an einer Kugel hängende Blaumeise. Diese beiden werden auf der Nordseite der Schule an der Fassade situiert, so dass die Schulkinder sie quasi entdecken müssen.

Die Vögel werden aus Bronze gegossen und sie sollen naturalistisch mit einem Zwei-Komponenten-Autolack bemalt und am Ende mit einer Klarlackschicht überzogen werden. Die geometrischen Formen bleiben in Bronze mit dunkler Patina. Die Halterungen und Stangen sind aus mit DB-Lack beschichtetem Stahl gefertigt.

Kunst am Bau: Der Künstler regt Schüler dazu an, sich mit der Welt zu beschäftigen und über Grenzen hinweg zu denken.

Der Künstler regt Schüler dazu an, sich mit der Welt zu beschäftigen und über Grenzen hinweg zu denken.

(Foto: Wolfgang Stehle /oh)

Die Jury unter Mitwirkung von Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD), Vertretern aller Fraktionen und drei Künstlerinnen des Berufsverbands Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK) würdigten die Qualität der Arbeit "Birdlife" als "klassisch und leise" und strichen heraus, dass sie "den genauen Blick" herausfordere und inhaltliche Bezüge zur Schule herstelle, die "eher vage, aber passend" seien. Ute Dechent, die im Rathaus das Projekt betreut, wies bei deren Präsentation im Gemeinderat nicht zuletzt auf die Verbindung zum Jagdfeld-Gebiet hin, wie es früher einmal war, mit Wald und viel Natur.

Umgesetzt wird das Kunstwerk in den nächsten Wochen bis zum Sommer. Die Fundamentarbeiten sollen im März laufen. Wolfgang Stehle hatte schon erste Termine mit den Schulhausarchitekten. Knapp 80 000 Euro wird das Kunstwerk kosten.

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