Süddeutsche Zeitung

Kulturvorschau:Fein ausbalanciert

Das Unterföhringer Bürgerhaus bietet mit seinem neuen Programm eine Mischung aus Musik, Theater und Kabarett

Von Udo Watter, Unterföhring

In der ersten und berühmtesten aller "Kir Royal"-Folgen "Wer reinkommt, ist drin" tanzt die Münchner Bussi-Gesellschaft irgendwann am späten Abend im französischen Edelrestaurant "Champs Elysee" auf den Tischen. Nachdem die um Klatschreporter Baby Schimmerlos herumscharwenzelnden Gäste das übliche Nouvelle-Cuisine-Angebot verspeist haben, lassen sie zu den Can-Can-Klängen aus Jacques Offenbachs "Orpheus" so richtig die Sau raus.

Auf eine mutmaßlich kultiviertere und mit Sicherheit elegantere Liaison zwischen Tanz und Essen dürfen sich die Besucher Ende September im Bürgerhaus Unterföhring freuen: Der Choreograf Johannes Härtl, der schon zahlreiche Uraufführungen mit internationalen Protagonisten in der Gemeinde präsentiert hat, zeigt dort mit seiner Compagnie das von ihm konzipierte Tanztheaterstück "French Kitchen". Das autobiografisch gefärbte Stück mit Musik von Jan Paul Werge spielt in einer Hotelküche, in der seltene Gerichte zubereitet werden. Härtl selbst wuchs in einem Hotel in Garmisch-Partenkirchen auf und nun erzählt er, inspiriert von französischen Filmen und der eigenen Kindheit, tänzerisch von skurrilen Alltagsszenen in einer Küche bis hin zu einer besonderen Reise, die alle Sinne gleichermaßen ansprechen soll. "Wir sind sehr gespannt", sagt Florian Nagel vom Bürgerhaus Unterföhring. "Der Zusammenhang erschließt sich vielleicht erst mal nicht, aber auch der Ablauf in einer so großen Küche muss ja perfekt durchchoreografiert sein und es wird sicher interessant, wie die Tänzer von schnöden Bewegungen ins Poetische umschwenken." Härtls Inszenierung ist nicht die einzige Uraufführung respektive Premiere, für die in der kommenden Spielzeit 2018/19 - der klassische Abo-Verkauf startet an diesem Samstag um 10 Uhr - das Bürgerhaus als Schauplatz dient.

Auch die "Theaterlust"-Produktion "Helden zeugen" von John von Düffel wird im Januar 2019 in der Mediengemeinde zum ersten Mal aufgeführt. Die musikalische Komödie mit Cécile Bagieu, Sebastian Gerasch, Anja Klawun und Florian Thunemann spielt in einer Kinderwunsch-behandlungspraxis. Zwar nicht im klassischen Abo-Schauspiel-Angebot, dafür aber ein Termin, den man sich als Freund der lokalen Kulturschaffenden eventuell vormerken sollte: die Premiere von "Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch" nach einem Roman von Michael Ende am 12. Januar. Nach dem Erfolg der Aufführung von "Der Kanzler" geht das theaterpädagogische Projekt des Jungen Bürgerhauses mit diesem neuen Stück in die zweite Runde.

Generell ist das Angebot im jüngsten und architektonisch wohl auffälligsten Bürgerhaus des Landkreises gewohnt vielfältig und Qualität versprechend. Im Schauspiel-Abo stehen neben "Helden zeugen" noch Theaterklassiker wie Molières "Die Streiche des Scapin" im September oder Arthur Millers "Hexenjagd" im Oktober auf dem Spielplan, dazu eine zeitgenössische Komödie mit Florian Zellers "Eine Stunde Ruhe" am 1. Dezember. Das Interesse des Publikums an der Schauspielsparte ist jüngst wieder gestiegen, dank einer jüngst vorgenommenen "akustischen Ertüchtigung" ist das Haus inzwischen auch ein besserer Ort für Sprechtheater.

Natürlich werden auch wieder zahlreiche Kabarettisten und Comedians das Publikum mit scharfen Worten und flotten Gedanken unterhalten. Christian Springer und HG Butzko zählen zu den routinierten Größen der Szene, Constanze Linder ist in den vergangenen Jahren zu einer echten Nummer avanciert und Lars Redlich gilt als vielseitiger Newcomer. Simon & Jan, die ihr Programm "Halleluja" präsentieren, haben 2016 beim Deutschen Kleinkunstpreis den Förderpreis gewonnen sowie den Bayerischen Kabarettpreis, sie sind aber hier noch nicht so bekannt. "Das ist unser Ansatz, dass wir auch gerne neue Gesichter präsentieren", erklärt Nagel. Die Unterföhringer Lachnacht im Januar mit dem bewährten Moderator Ole Lehmann und Comedians, die sonst nicht so oft in Bayern zu sehen sind, passt zu diesem Konzept und ist regelmäßig ausverkauft.

Das klassische Musik-Abo beinhaltet neben "French Kitchen" den Auftritt der Nürnberger Symphoniker, die Operette "Der Vogelhändler" und ein Konzert der Singphoniker mit den Münchner Symphonikern. Zudem gibt es klassische Ballettaufführungen, etwa "Schwanensee" oder das Weihnachtsoratorium von Bach. Eine Besonderheit in dieser Spielzeit: Mit "Footloose" gibt es eine Musical-Produktion, die spektakuläre Showelemente verspricht

Bereits am Beginn der neuen Saison findet das dritte Bürger-Kulturfestival statt: Von 28. bis 30. September präsentieren Unterföhringer unter dem Motto "Ein Ort kommt zusammen" ein Programm mit Konzerten, Theater, Tanzveranstaltungen und sportlichen Darbietungen. Weitere Höhepunkte des Festivals sind die offene Kunstausstellung "Fering-Art", an der sich etliche Unterföhringer Künstler beteiligen, und eine Jubiläumsfeier mit Ensembles der Partnergemeinden Kamsdorf/Thüringen und Tarcento/Friaul. "Eine große Sache für den Ort", sagt Nagel.

Der Vorverkauf für die Abos startet am Samstag, 16. Juni, um 10 Uhr. Der Verkauf der Wahlabos beginnt am Samstag, 23. Juni, um 10 Uhr und Einzelkarten sind von Samstag, 30. Juni, an erhältlich. Nähere Informationen gibt es unter 089/ 95 08 15 06 oder www.buergerhaus-unterfoehring.de.

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Quelle:
SZ vom 13.06.2018
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