Süddeutsche Zeitung

Kultur- und Bildungszentrum:In großen Teilen unbespielbar

Die Gemeinde feiert mit einem Bürgerfest und einem feierlichen Empfang die Fertigstellung des 31,4 Millionen Euro teuren Kultur- und Bildungszentrums. Allerdings wird die Laune von einem massiven Wasserschaden in der neuen Musikschule etwas getrübt

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

Es hätte alles so schön ein können: Das neue Gebäude von Volkshochschule und Musikschule ist fertig, zum Bürgernachmittag auf dem Brunnenplatz lockt die Sonne unzählige Besucher an und für den Festabend im großen Saal des Hauses haben sich knapp 200 Ehrengäste angesagt. Und dann das: Ein massiver Wasserschaden in den Häusern 3 und 4 der Musikschule von Anfang August macht 90 Prozent der dortigen Räume unbespielbar. Die Gemeinde rechnet mit Wiederherstellungskosten von bis zu anderthalb Millionen Euro, wie Bauamtsleiter Lothar Kapfenberger sagt.

Doch Unterföhring wäre nicht Unterföhring, wenn man sich die Pläne zum großen Eröffnungsfest mit vielen Bürgermeistern aus der Region und Besuch aus den Partnergemeinden Tarcento in Italien und Kamsdorf in Thüringen am Freitag hätte durchkreuzen lassen. Und so wird trotzdem ausgelassen gefeiert. Mit fröhlicher Musik, einer sehenswerten Science-Slam-Aufführungen von Matthias Mader vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching, Speisen und Getränken - und einer Reihe von Ansprachen.

Architekt Martin Hirner vom Münchner Büro Hirner und Riehl, von dem das anspruchsvolle Gebäude gegenüber dem Unterföhringer Bahnhof entworfen wurde, gelingt es an diesem Abend, das Publikum in die Überlegungen der Planer einzubeziehen. Hirner spricht von der Bedeutung von Licht und Material - zwei Faktoren, die für das Raumgefühl verantwortlich sind. So vermittelten die im lichtdurchfluteten Foyer verbauten Ziegel Wärme und erinnerten an die Geschichte Unterföhrings als Ziegeleidorf. Jeder Raum in dem gut 4700 Quadratmeter großen Kultur- und Bildungszentrum habe seine eigene Lichtstimmung, sagt Hirner. Ihm und seinen Kollegen sei es wichtig gewesen, "ein stimmiges und stimmungsvolles Haus" zu gestalten.

Landrat Christoph Göbel (CSU) nennt es an diesem Festabend beachtlich, "was Unterföhring für Bildung und Kultur" tut. Dass VHS und Musikschule an einer solch prominenten Stelle in der Ortsmitte ein derart gelungenes Zuhause erhalten, sei ein Zeichen großer Wertschätzung. "Das macht die Identität eines Ortes aus", sagte der Landrat und gratulierte zu der "besonderen Architektur".

Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer (Parteifreie Wählerschaft, PWU) ist anzusehen, dass ihm der enorme Wasserschaden im Bereich der Musikschule zu schaffen macht, dennoch habe die Gemeinde entschieden, "dass uns das nicht vom Feiern abhalten soll". Das von Hirner und Riehl entworfene Gebäude sei ein "wunderbares Haus mit wunderbarer Akustik", sagt der Bürgermeister und erinnert in seiner Rede an die bereits in der Neunzigerjahren angestellten Überlegungen während der Ortsentwicklungsplanung, der VHS ein eigenes Domizil zu gewähren.

Doch die Volkshochschule brauchte viel Geduld, ehe sie ihre auf zahlreiche Standorte in der Gemeinde verteilten Angebote an einem Platz zusammenziehen konnte. Dass in dem neuen Zentrum auch die Musikschule ein Zuhause finden sollte, ist noch nicht so lang her: Der Gemeinderatsbeschluss stammt von 2015 - "und dann ging alles sehr schnell", so Kemmelmeyer. In zweieinhalb Jahren wurde das VHS- und Musikschulhaus gebaut, Unterföhring hat dafür 31,4 Millionen Euro in die Hand genommen. Nach den Worten des Bürgermeister ist jeder Euro davon richtig angelegt, weil es sich um "eine Investition in Bildung und Kultur handelt".

Die Nutzer des Hauses stellt der kapitale Wasserschaden vor einige Herausforderungen. Während die Musikschule den größten Teil ihres Bereiches bis mindestens zum Jahresende nicht nutzen kann, weil nach Angaben ihres Leiters Johannes Mecke nur drei Räume und das Büro im Haus 3 und 4 trocken geblieben sind, ist die Volkshochschule "mit einem hellblauen Auge" davongekommen, sagt VHS-Direktor Lothar Stetz. Man habe zwar keinen Strom gehabt, sei aber ansonsten verschont geblieben. Stetz und Mecke ist trotz des Malheurs anzumerken, wie sehr sie sich über das neue Bildungs- und Kulturzentrum in der Unterföhringer Ortsmitte freuen. Für die VHS sei es Herausforderung und Verpflichtung, "dieses fantastische Gebäude" zu füllen. Ein Vorhaben, das auch er Musikschule bevorsteht, wenn denn die durchs Wasser beschädigten und zerstörten Räume, wie etwa das Tonstudio, wieder saniert sind.

Dass es gut war, die beiden Einrichtungen unter einem Dach unterzubringen, davon zeugen die Erfahrungen nach dem "schwarzen Montag", wie Mecke die Entdeckung des Wasserschadens Anfang August nennt. Das Zusammenrücken und die Zusammenarbeit mit der VHS seien hervorragend gewesen, sagt der Musikschulleiter. "Das war unser Lackmustest", so Mecke. Und dieser habe gezeigt, "wir werden alles wuppen".

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4602050
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 16.09.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.