Kultur in Ottobrunn:Erotik und andere Verbrechen

Die neue Ottobrunner Spielzeit wartet neben aufwendigen Musicals und einer Theaterpremiere, welche die Liebe zwischen Lady Macbeth und Macbeth ins Zentrum rückt, auch mit einer Burlesque-Show auf

Von Udo Watter, Ottobrunn

Man muss sich die Macbeths als glückliche Menschen vorstellen. Zumindest zu Beginn ihrer Liaison. "Ein wahnsinnig kraftvolle Liebe, geprägt von Erotik und sexueller Anziehung", erklärt der Regisseur Bernd Seidel. Das allein reichte Lady und Mr. Macbeth aber ganz offenbar nicht - in William Shakespeares berühmten Drama bringen sie aus Machtgier den schottischen König Duncan um, aus gut wird böse, aus fair wird foul, die schändliche Tat fordert peu à peu ihren seelischen Tribut. "Erst die große Liebe, dann der Machthunger, das Morden und am Ende fallen sie ins erbärmliche Nichts", sagt Seidel, der den Shakespeare'schen Stoff schon 2010 und 2011 inszeniert hat. Er wird ihn nun ein drittes Mal schöpferisch bearbeiten: das Stück "Der große Fall der Lady Macbeth und Macbeth" feiert am 12. Oktober in Ottobrunn Premiere - und diesmal steht eben die leidenschaftliche Liebesbeziehung eines der bekanntesten mörderischen Ehepaare der Tragödiengeschichte im Mittelpunkt.

Kultur in Ottobrunn: "Let's Burlesque" zeigt die Kunst des stilvollen Entkleidens.

"Let's Burlesque" zeigt die Kunst des stilvollen Entkleidens.

(Foto: Stephan Rumpf)

Der 65-Jährige, der als künstlerischer Berater des Wolf-Ferrari-Hauses auch maßgeblich für das Ottobrunner Kulturprogramm verantwortlich zeichnet, will das Publikum - wie so oft in seinen Inszenierungen - mit fantasievollen Bildern, eindrucksvollem Bewegungstheater und einem starken Schauspieler-Ensemble überzeugen. Das neue Stück selbst ist an Shakespeares Drama angelehnt, arbeitet aber auch mit Zwischentexten, und könnte als erste Eröffnungsveranstaltung der kommenden Ottobrunner Spielzeit auch gleich einer ihrer Höhepunkte werden.

Kultur in Ottobrunn: Sissi Perlinger erklärt "worum es geht".

Sissi Perlinger erklärt "worum es geht".

(Foto: Stephan Rumpf)

Das neue Programmheft ist jüngst erschienen, der Abo-Verkauf hat begonnen, und wenn man auch keinen programmatischen roten Faden behaupten kann - Seidel spricht gerne von einem gut gemischten, "hochkarätigen Unterhaltungsprogramm" - so könnte man doch augenzwinkernd von einer thematisch leicht erotisierten Spielzeit sprechen. Neben der heftigen Romanze des Ehepaars Macbeth wird etwa in der Show "Let's Burlesque", die im Dezember zu Gast ist, ungeniert der Sünde und Sinnlichkeit gefrönt. Die furiose Mischung aus Musik, Tanz, Artistik und natürlich vor allem die Kunst der Burlesque-Stars, verführerisch und mit Finesse die Roben fallen zu lassen, schaffen im Idealfall eine laszive, aber im Gegensatz zum Striptease eben nie unangenehm schlüpfrige Atmosphäre. Auch musikalisch ist das Ensemble aus Berlin mit den Protagonisten Evi & das Tier sowie der Band The Glanz eine Klasse für sich.

tat kreativ akademie, der große fall der lady macbeth

Bernd Seidels Ensemble Theater mit leidenschaftlichen Macbeths.

(Foto: tat kreativ akademie)

Dass die Musicalshow über Tom Jones, die im März gezeigt wird, nach einem seiner berühmtesten Hits "Sexbomb" heißt, passt auch ins Bild. Zudem wird der zum Sir geadelter walisische Sänger im kommenden Jahr 80. Das Wolf-Ferrari-Haus wird überdies Schauplatz weiterer Musicals und Shows sein wie "Pasión de Buena Vista", "Musical Night 2020" der Abraxas Musical Academy oder von "Black and White - die Hits von Michael Jackson". Dass die Missbrauchsvorwürfe gegen den 2009 verstorbenen "King of Pop" zuletzt wieder stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt sind, ist den Ottobrunner Verantwortlichen bewusst, hat aber die Entscheidung, die Produktion zu engagieren, nicht geändert: Es handelt sich "nach unserer Meinung um ein eigenständiges Produkt, das sich ohne Bewertung seiner Person ausschließlich auf das künstlerische Werk von Michael Jackson konzentriert" heißt es im Programmheft. Oder in Seidels Worten: "Es geht um die Kunst. Die Show ist preisgekrönt und die Musik ist geil. Basta."

Darüber hinaus gibt es auch wieder Theaterklassiker wie Bertolt Brechts "Mutter Courage" in der Inszenierung des Landestheaters Schwaben oder Opern-Evergreens wie Mozarts "Die Zauberflöte" (Freies Landestheater Bayern") und natürlich Kabarett: mit Sissi Perlinger ("Die Perlingerin - worum es wirklich geht) oder dem Kabarett Distel aus Berlin ("Weltretten für Anfänger - einmal Zukunft und zurück"). Jenseits des Abonnementangebots geht erneut der etablierte Kabarett-Wettbewerb "Amici Artium" Ende November über die Bühne. Zum bereits 19. Mal werden dann scharfzüngige Satiriker und Comedians aus dem gesamten deutschsprachigen Raum um den Sieg wetteifern. Viel versprechend und unkonventionell klingt die Produktion "Der Elefantenmensch": ein Livehörspiel mit Trickfilmprojektionen der Mediabühne Hamburg, das im Januar aufgeführt wird. Die Parabel gegen Vorurteile und für mehr Toleranz, die1980 vom David Lynch verfilmt wurde und einen körperlich entstellten Außenseiter in den Blick rückt, entführt ins viktorianische London. "Eine eigenwillige und sehr interessante Geschichte", freut sich Seidel. Erotik spielt in diesem Sozialdrama keine Rolle.

Es gibt diverse Abo-Angebote (Klassik, Gemischt, Unterhaltung). Die Bestellung ist unter anderem möglich im Wolf-Ferrari-Haus, Rathausplatz 2, Ottobrunn (Telefon 089/60 80 83 01), oder online über www.wfh-ottobrunn.de.

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