Kultur-Ausblick 2017:Vorstellungen mit Profil

The Kenny Garrett Quartet perfom in Szczecin

Größen des Jazz: So wie Al di Meola und Klaus Doldinger gastierte bereits der Saxophonist Kenny Garrett in Ottobrunn.

(Foto: Jerzy Undro/dpa)

In diesem Jahr ist viel geboten: Unter anderem steigt in Haar das "Zamma"-Festival und die Ottobrunner Konzerte feiern Zehnjähriges.

Von Udo Watter

In den urbanen Randbereichen verschwimmen gerne mal die Konturen. Besonders die Peripherie der Metropolen ist durch eine gewisse Unschärfe gekennzeichnet, was kommunale oder auch nur gefühlte Grenzen angeht. So ist es für Orte in unmittelbarer Nachbarschaft zur Großstadt schwer, das eigene Profil zu schärfen. Oder PR-mäßiger ausgedrückt: einen Markenkern zu schaffen.

Etliche Gemeinden im Landkreis München kennen diese Problematik und manche der dortigen Bewohner ziehen es auch aus Imagegründen vor, als Teil der urbanen Welt wahrgenommen zu werden. Prominente Künstler, die in der Region wohnen, firmieren dann oft als Münchner Künstler - was die durchaus verbreitete Fehleinschätzung befeuert, Orte wie Unterföhring, Ottobrunn, Neubiberg oder Grünwald als Stadtteile Münchens zu sehen.

Neben sportlichen sind vor allem auch kulturelle Spezifika ein viel versprechender Weg, mit dem solch ungehöriger Einverleibung entgegengewirkt werden kann. Die "Ottobrunner Konzerte" etwa, die 2017 zehn Jahre alt werden, haben ihren Teil dazu beigetragen, dass der 21 000-Einwohner-Vorort auch ob seiner kulturellen Seite wahrgenommen wird. 2007 von den Brüdern Cornelius Claudio und Johannes Tonio Kreusch ins Leben gerufen, hat sich die Reihe als überregional attraktives Festival etabliert: viele Weltklasse-Künstler, vor allem aus dem Bereichen Jazz und Gitarre wie Al di Meola, Kenny Garrett, Klaus Doldinger, das L.A. Guitar Quartet, Pepe Romero oder Paco Peña haben seither im Wolf-Ferrari-Haus gespielt. Darüber hinaus gehören Workshops und Künstlergespräche zum Konzept.

Dahinter stand von Beginn an der Wunsch der Brüder, die beide erfolgreiche Musiker sind, ihrer Heimatgemeinde etwas zurückzugeben: "Wir wollten nachhaltig zum Kulturleben beitragen", sagt Cornelius Kreusch. Und: "Die Reihe ist auch ein Bekenntnis der Gemeinde, dass sie mehr ist als ein Vorort oder die Randzone der Kulturhauptstadt München."

Zusammenarbeit mit dem Jazz-Universität Berklee

Ein besonderer Aspekt ist die Zusammenarbeit mit der Jazz-Universität Berklee College of Music, der in der Jubiläums-Saison 2017 noch forciert wird. Unter dem Emblem "Berklee@Ottobrunn" sind Konzerte und Auditions im Februar und Dezember geplant. Zudem wird es an mehreren Wochenenden diverse Festivals geben: ein Flamenco-Festival mit der Tänzerin Ana Morales im März oder ein Festival der Gitarre mit den Katona Twins, Don Ross oder dem Gesang-Gitarre Duo Friend'n Fellow. Beim Piano Marathon im Dezember ist ein Abend dem Jazz und der andere der Klassik gewidmet. Der BR wird aufzeichnen und es kommen Größen wir Bernd Glemser, Michael Korstik oder Alexeij Gorlach. Dazu gibt es im Juli ein Jazz and World Festival und ein Klassik und Crossover Festival im November.

Auch das nördlicher gelegene Haar wird mitunter als Stadtteil Münchens gesehen, wobei der Ort selbst urbaner wirkt als das benachbarte Trudering. Natürlich ist die Gemeinde aber auch als Standort des Isar-Amper-Klinikums für Psychiatrie bekannt. Schon lange, bevor der Begriff Inklusion in der Welt war, wurde in Haar das Zusammenleben von Menschen verschiedener Fähigkeiten praktiziert. Berührungsängste mit Patienten wurden im Zuge eines offeneren Umgangs abgebaut. So scheint es mehr als passend, dass "Zamma", das Kulturfestival des Bezirks Oberbayern mit dem Schwerpunkt Inklusion, 2017 in der Gemeinde statt findet. Die einwöchige Veranstaltung - die vom 1. Juli bis 8. Juli terminiert ist - will dabei die gesamte Bandbreite der Kultur sowie orts- und gesellschaftsspezifische Themen präsentieren.

Mitmach-Festival in Haar

Kern dieses alle zwei Jahre statt findenden Mitmach-Festivals ist, dass die Bürger der Ausrichter-Kommune selbst das Programm stemmen. "Das große Ziel ist, Kultur für alle und von allen umzusetzen", sagt die Festivalleiterin Petra Kellermann. Die Vorbereitungen laufen schon seit vielen Monaten - es gab Ideentage und Arbeitskreise - und die Haarer haben schon zahlreiche spannende Vorschläge und potenzielle Projekte entwickelt: etwa die Idee, das Rathaus im Stil des bulgarischen Künstlers Christo zu verhüllen, Ortsgeschichten, die von Haarer Urgesteinen erzählt werden, eine inklusive Trachtenschau, ein Sirtaki-Tanzwettbewerb, ein fahrendes Klavier, ein Stummfilm zur Gemeinde, Gesangs- und Tanz-Flashmobs, Lasershows, umhäkelte Bäume, Theater, Müllkunstwerke, ein öffentliches Fotoalbum, ein Mitmach-Zirkus und anderes. Man wird sehen, was alles in der ersten Juli-Woche realisiert wird, auf jeden Fall dürfte es ein buntes Festival werden, das sowohl zahlreiche kulturelle als auch soziale Aspekte beinhaltet und befeuert.

Neben diesen besonderen Veranstaltungen verspricht das kulturelle Leben im Landkreis generell auch 2017 wieder einen immensen Abwechslungsreichtum und viele hochkarätige Stars werden auftreten: allein im Januar kann man die Schauspielerin Katharina Thalbach in Unterhaching sehen (8. Januar), die Geigerin Vilde Frang in Grünwald (16. Januar), den Pianisten Kit Armstrong in Pullach (26. Januar) oder Gerhard Polt in Unterschleißheim (27. Januar) - Kultur jenseits der Großstadt und mitten im Ort.

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