Haushaltsberatungen im Kreistag:Streit um Stellenplan fürs Landratsamt

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Am neuen Standort des Landratsamtes in der Messestadt Riem wird Desk-Sharing praktiziert, Mitarbeiter teilen sich dort Arbeitsplätze. (Foto: Claus Schunk)

Die Kreisverwaltung will bis zu 150 neue Mitarbeiter. Die SPD reagiert "entsetzt" und fordert Landrat Göbel auf: "Machen Sie Ihre Hausaufgaben und legen Sie eine realistische Einschätzung vor."

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis München

Der Landkreis München schreibt immer neue Rekordzahlen und wird entsprechend mit einem Rekordhaushalt in das kommende Jahr gehen. Erstmals in der Geschichte wird das Volumen des Gesamthaushalts bei mehr als 1,1 Milliarden Euro liegen. Allein über die Kreisumlage, die Leistungen der 29 Städte und Gemeinden, wird der Landkreis nahezu 700 Millionen Euro einnehmen. Dennoch warnte Kreiskämmerer Markus Kasper in der ersten Haushaltsberatung des Finanzausschusses am Montag vor allzu viel Euphorie - die wirtschaftlichen Daten ließen für die kommenden Jahre wenig Raum für allzu großen Optimismus. Die Warnungen hatten großen Anteil daran, dass in der Sitzung ein heftiger Streit darüber entbrannte, wie viel Personal sich das Landratsamt künftig leisten darf und kann. Denn im Entwurf des Haushalts sind bis zu 150 neue Stellen vorgesehen - ein Plus von etwa zehn Prozent; derzeit zählt das Landratsamt etwa 1500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Seine Fraktion sei "entsetzt" angesichts dieses Stellenplans, sagte der SPD-Kreisrat und Garchinger Bürgermeister Dietmar Gruchmann. "Das ist eine exorbitante Steigerung auch im Vergleich mit den Nachbarlandkreisen. Wenn ich meinem Stadtrat so etwas vorlegen würde, würde er mich in Grund und Boden stampfen." Pullachs Bürgermeisterin, die Grünen-Kreisrätin Susanna Tausendfreund, warnte dagegen an Gruchmann gerichtet, es dürfe kein Krieg zwischen den Städten und Gemeinden auf der einen sowie dem Landkreis München auf der anderen Seite entfacht werden. Es brauche vielmehr eine enge Zusammenarbeit.

Gruchmann warf namentlich Landrat Christoph Göbel (CSU) vor, dieser wolle seiner Verwaltung nicht weh tun, und forderte den Behördenchef auf: "Machen Sie Ihre Hausaufgaben und legen Sie uns eine realistische Einschätzung vor." Angesichts der wirtschaftlich unsicheren Lage - und auch klammer kommunaler Haushalte wie in Unterhaching oder Neubiberg - könne die SPD dem Haushalt in dieser Form nicht zustimmen. Der Landrat ging nicht auf die Vorwürfe ein und erwiderte nur allgemein: "Ich kann Ihnen versichern, dass ich kein fauler Mensch bin, sondern fleißig arbeite. Ich agiere verantwortungsvoll und übe meine Führungsrolle aus."

Auch der Krieg in der Ukraine trägt dazu bei, dass die Aufgaben im Landratsamt zunehmen

Das Landratsamt argumentiert, dass die zu bewältigenden Aufgaben immer größer würden; dazu trage vor allem auch der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die damit verbundene Flucht Hunderttausender bei. Aber auch im Jobcenter, im Bereich Umweltschutz, bei der Mobilitätsplanung, in der Pflege oder beim Thema Ordnung und Sicherheit nähmen die Aufgaben immer weiter zu. Dieser Argumentation schloss sich auch Grünen-Sprecherin Tausendfreund an. Sie warf zugleich ihrem Amtskollegen Gruchmann vor, "stillos" zu agieren. "Der Landkreis wächst, auch an seinen Aufgaben. Das schlägt sich auch im Stellenplan nieder", so die Pullacherin. Ihr sprang CSU-Kreisrat Helmut Horst zur Seite. "Unser Landkreis hat seine Besonderheiten, wir haben ein enormes Wachstum", sagte der Ismaninger.

Der Streit um Stellenzuwächse im Landratsamt dürfte damit nicht ausgestanden sein und in den kommenden Wochen eine Fortsetzung finden. Das machte auch SPD-Fraktionssprecher Florian Schardt noch vor der ersten Haushaltsberatung deutlich. Er rechnete in einer Pressemitteilung vor, dass die Zahl der Beschäftigten im Jahr 2012 noch etwa 750 betragen habe und sich seitdem auf nahezu 1500 verdoppelt. "und jetzt sollen mitten in der Krise nochmal 149 Stellen obendrauf kommen", kritisiert Schardt. "Da stimmt was nicht." Der Landkreis mache es sich zu leicht, während bereits erste Kommunen krisenbedingt in finanzielle Schwierigkeiten gerieten. In der vorliegenden Form sei der Etat für seine Fraktion "inakzeptabel".

Die Grünen indes signalisierten bereits Zustimmung, wenn auch über einzelne Stellen noch gesprochen werden müsse, wie ihr Fraktionssprecher Christoph Nadler sagte. Die Menschen im Landkreis hätten einen berechtigten Anspruch darauf, dass ihre Anliegen in der Behörde schnell bearbeitet werden und die Kreispolitik habe auch eine Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern im Landratsamt. Laut seiner Fraktionskollegin Claudia Köhler hat die personelle Ausstattung des Landratsamtes auch eine "wirtschaftliche Dimension". "Wir dürfen jetzt nicht auf die Bremse treten. Es ist für uns als prosperierender Landkreis enorm wichtig, dass Anträge schnell bearbeitet werden und Genehmigungen nicht länger dauern."

Der Haushalt soll kurz vor Weihnachten in der letzten Sitzung des Kreistags in diesem Jahr verabschiedet werden.

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