Kreishaushalt:Der Landkreis leistet sich Rekordschulden

Euro-Geldscheine

Die Neustrukturierung der Finanzierung weiterführender Schulen wird den Landkreis richtig Geld kosten.

(Foto: Bernd Wüstneck/dpa)

Nach einem Millionen-Überschuss belasten 2018 Ausgaben für Schulen und Abgaben an den Bezirk den Haushalt. Die Kommunen müssen eine höhere Umlage zahlen

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Der Landkreis München ist Milliardär. Nach Prognosen der Finanzabteilung im Landratsamt wird die Umlagekraft des Landkreises im kommenden Jahr erstmals die Hürde von einer Milliarde Euro überschreiten. Dieser Ausdruck von steuerlicher Kraft und wirtschaftlicher Prosperität der 29 Städte und Gemeinden ist allerdings Segen und Fluch zugleich. Denn fest steht auch, dass der Landkreis im Haushaltsjahr 2018 in eine Rekordverschuldung schlittern wird, die womöglich eine satte Erhöhung der Kreisumlage - also der Zahlungen der Kommunen an den Kreis - nach sich ziehen wird.

Die mit dem deutlichen Anstieg der Umlagekraft verbundenen steuerlichen Mehreinnahmen bedeuten laut Kreiskämmerer Markus Kasper nämlich nicht, dass der Landkreis dauerhaft im Geld schwimmen wird: "Wir werden das Geld sehr schnell wieder ausgeben müssen." Landrat Christoph Göbel (CSU) sprach im Finanzausschuss des Kreistags von einer "kuriosen Situation": Ausgerechnet dem umlagenstärksten Landkreis Deutschlands stünden neue Kreditaufnahmen in Millionenhöhe bevor.

"Wir werden uns bei den Haushaltsberatungen gemeinsam Gedanken machen müssen, wie wir das stemmen." Drei Szenarien eröffnete der Landrat den Kreisräten in deren Sitzung: eine - äußerst wahrscheinliche - Erhöhung der Kreisumlage, die derzeit noch bei 44,9 Punkten liegt; das Streichen von bereits beschlossenen Projekten; oder weitere Kreditaufnahmen - etwa um Grundstückskäufe für neue Schulen zu finanzieren.

Die Rückzahlungen muss der Landkreis wohl über Kredite finanzieren

Die weiterführenden Schulen haben einen nicht unerheblichen Anteil daran, dass neue Schulden gemacht werden müssen. Schließlich haben die Kreisräte unlängst beschlossen, die Finanzierung von Neubau und Unterhalt grundlegend neu zu ordnen: Bisher übernahmen die Kommunen beim Neubau einer Realschule oder eines Gymnasiums 70 Prozent der förderfähigen Kosten, der Kreis nur 30 Prozent. Dieses Verhältnis kehrten die Kreisräte um - und zwar rückwirkend bis zum Jahr 1993. Die dadurch entstehenden Rückzahlungen in Höhe von etwas mehr als 71 Millionen Euro, die von Mitte 2018 an erfolgen werden, muss der Landkreis über Kredite finanzieren. Für 2018 bedeutet dies Kämmerer Kasper zufolge eine Erhöhung der Kreisumlage um 0,32 Punkte; von 2019 an um 0,64 Punkte, das Doppelte.

Hinzu kommt vom kommenden Jahr an eine zweite Belastung: die Erhöhung der Bezirksumlage um 1,75 Punkte. Der bayerische Landkreis- und der Städtetag haben unlängst entschieden, die Sozialleistung der ambulanten Pflege zu zentralisieren und von den Landkreisen in die Verantwortung der Bezirke zu übertragen, wogegen sich der Münchner Landrat vehement, aber erfolglos gewehrt hat. Denn bisher kostete die ambulante Hilfe den Landkreis München jährlich nur 1,9 Millionen Euro. Wenn diese Sozialleistung beim Bezirk liegt, wird sich der Landkreis anteilig entsprechend seiner enormen Umlagekraft beteiligen müssen.

Die Pro-Kopf-Verschuldung wird weit über dem Durchschnitt liegen

Dadurch würden die Kosten auf etwa 11,7 Millionen Euro explodieren. Anders ausgedrückt: Von den 20 Landkreisen und drei kreisfreien Städten in Oberbayern trägt der Landkreis München dann 14,3 Prozent der Aufwendungen für die soziale Pflege in Höhe von 82 Millionen Euro. Damit verbunden wäre wiederum eine Erhöhung der Kreisumlage um einen Punkt. "Ich habe mich gegen die Entscheidung des Landkreis- und Städtetags gewandt", sagte Göbel. "Denn es gilt die Faustregel: Wenn der Bezirk Aufgaben übernimmt, wird es für uns teuer."

Davon ist in diesem Jahr noch nichts zu spüren. "2017 ist ein gutes Jahr", sagt Kämmerer Kasper. Er rechnet für dieses Haushaltsjahr mit Ausgaben von etwas mehr als 570 Millionen Euro, denen Einnahmen von etwa 608 Millionen Euro gegenüberstehen. Im kommenden Jahr aber droht ein gewaltiger Schuldenberg: Dieser wird aus den genannten Gründen von aktuell 53 Millionen Euro schätzungsweise auf etwa 125 Millionen Euro im kommenden Jahr ansteigen. Die Pro-Kopf-Verschuldung wird dann von 154 Euro auf 354 Euro je Landkreisbewohner steigen und läge damit weit über dem bayerischen Durchschnitt (230 Euro). Das Spannungsverhältnis von steigender Umlagekraft und neuen Schulden veranschaulichte Landrat Göbel an einem Beispiel: "Wenn ich hier ein Grundstück kaufe, zahle ich natürlich einen ganz anderen Preis als ein Kollege in Franken."

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