Kreis und quer:Wünsch dir was

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Weihnachten ist auch die Zeit, um über die wirklich wichtigen Dinge im Leben nachzudenken. (Foto: Claus Schunk)

An Weihnachten liegen wieder die Päckchen unter dem Baum. Doch die wirklich wichtigen Dinge, kann man sich wünschen - aber nicht schenken lassen

Von Lars Brunckhorst

Wer jetzt noch nichts hat, muss sich beeilen. Bestenfalls ein paar Stunden bleiben, um für die Lieben ein Geschenk zu besorgen. Doch was man am Ende auch aussucht - was wir uns wirklich wünschen, wird auch heuer eher nicht unterm Weihnachtsbaum liegen. Das ist ja das Eigenartige: Wir schenken uns jedes Jahr das noch neuere Schlautelefon, die noch schnellere Spielekonsole, den noch hipperen Kopfhörer, doch wenn das Fest dann kommt, wünschen wir uns, was man nicht kaufen kann - Friede, Glück und Gesundheit. Selbst Melania Trump, die Frau von diesem gefährlichen Selbstdarsteller im Weißen Haus, wünscht sich - so war es neulich zu lesen - von Santa Claus nur eines: Frieden auf der Welt. Nun gut, sie hat ja auch sonst alles. Andererseits brächte es vielleicht mehr, wenn sie den Wunsch an ihren Mann richtete.

Die Diskrepanz zwischen unseren Wünschen und der Wirklichkeit zeigt jedenfalls: Im Grunde wissen wir, worauf es ankommt. Hospizhelfer können das nur zu gut bestätigen. Wenn sie an Sterbebetten sitzen, hören sie von den vielen unerfüllten Lebenswünschen: dem versäumten Erfahren fremder Länder und Kulturen, der verpassten Aussöhnung mit einem Angehörigen, der nie gewagten Flucht aus der Enge des eigenen Alltags.

Niemand muss ein schlechtes Gewissen haben

Dass man nicht das neueste iPhone X besessen hat, steht nicht auf der Liste. Auch die vielen ehrenamtlichen Asylhelfer können aufzählen, was ihren Klienten wirklich wichtig ist: dass die Familie nachziehen darf und dass man, bitte, nicht abgeschoben wird nach Afghanistan oder Sierra Leone. Und wer durch einen Schicksalsschlag oder Krankheit Job und Heim verloren hat, hat ganz einfache materielle Wünsche: einen dicken Wintermantel, ein Dach über dem Kopf oder einfach nur eine warme Mahlzeit.

In den vergangenen Wochen haben wir über viele solche Fälle berichtet. Bei der diesjährigen Spendenaktion des SZ-Hilfswerks Adventskalender für gute Werke rufen wir wieder dazu auf, jenen Menschen zu helfen, die auf der Schattenseite im ach so reichen Großraum München leben: Schwerkranke, Behinderte, Alleinerziehende, Menschen mit Mini-Rente. Bewegende Schicksale sind darunter, etwa von einer Frau, die durch einen Flugzeugabsturz ihren Mann und ein Kind verlor und sich jetzt um den an einer Depression erkrankten Sohn kümmert.

Deshalb muss niemand am Heiligabend ein schlechtes Gewissen haben, wenn er das Geschenkpapier aufreißt und sich darüber freut, dass ein lang gehegter Wunsch erfüllt wird. Es soll auch niemand darauf verzichten, seine Liebsten mit Aufmerksamkeiten zu überraschen. Vielleicht könnte man dabei nur daran denken, wie gut es uns eigentlich geht. Spätestens dann, wenn wir in unseren voll gestellten Wohnungen nach einem Platz für die vielen neuen Errungenschaften suchen.

© SZ vom 23.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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