Kreis und Quer:Wie man eine Partei versenkt

Dass eine junge Abgeordnete wie Bela Bach jetzt hinschmeißt, offenbart viel über den Zustand der SPD, die gutes politisches Personal gern absägt

Kolumne von Martin Mühlfenzl

Es gab vor nicht allzu langer Zeit in der Landeshauptstadt mal einen direkt gewählten Bundestagsabgeordneten der SPD. Kein Witz. Politisch Interessierte könnten sich vielleicht noch erinnern. Axel Berg heißt der Mann. Und festhalten: Bei der Bundestagswahl 2005 holte er im Wahlkreis München-Nord 43,7 Prozent der Erststimmen. Ein Sozi! In Bayern! Nur leider kam dann das Jahr 2012 und mit ihm ein gewisser Florian Post, der in einer SPD-internen Kampfabstimmung um die Bundestagskandidatur in so erlesenen Vierteln wie Milbertshofen und Hasenbergl gegen Berg antrat - und gewann.

"Wie man einen Mann versenkt." So titelte die SZ einmal über den Umgang der eigenen Partei mit Axel Berg. Und es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet Florian Post jüngst bei der Vorauswahl der oberbayerischen Kandidaten für die Liste der Bayern-SPD zur Bundestagswahl dasselbe Schicksal widerfahren ist. Der Münchner Sebastian Roloff hat Post in einer Kampfabstimmung vom Bundestags-Sockel gestoßen. Und der mimt seitdem wahlweise den Beleidigten, Einzelkämpfer oder SPD-Kritiker.

Ach, 2012 und 2021 sagen so viel über den Zustand der SPD aus. Schade nur, dass es bei der Revolte gegen Post auch Bela Bach mitgerissen hat, die noch amtierende Abgeordnete aus dem Landkreis. Auch sie hat bei der Vorauswahl eine Kampfabstimmung verloren, dann noch eine Abstimmung beim Nominierungsparteitag um Platz 18 auf der Bayern-Liste - und am vergangenen Donnerstag hat sie dann ihren kompletten Rückzug aus der Politik angekündigt.

Es ist ein strukturelles Problem der SPD, dass eine junge, talentierte Abgeordnete nun hinwirft; genau genommen sind es zwei Probleme. Noch immer klammert sich die Partei an archaische, vollkommen aus der Zeit gefallene Maßstäbe, wenn es darum geht, die richtigen Kandidaten etwa für den Bundestag auszuwählen. Nach wie vor ist SPD getrieben vom Proporz, der allen Bezirken gerecht werden muss - und gleichzeitig verhindert, dass sich das beste politische Personal durchsetzen kann. Im Übrigen ist die SPD noch immer einer Partei der Netzwerker, der Strippenzieher; nur wer sich tief in den Machtapparat einarbeitet, die richtigen Leute kennt, Seilschaften zieht, hat Aussicht auf Erfolg. Vor allem dauerhaft.

Bela Bach war und ist keine Netzwerkerin. Genau so wenig wie Axel Berg ein ausgemachter Parteimensch war. Im Hasenbergl wählen die Menschen übrigens schon lange nicht mehr vornehmlich SPD - und auch im Landkreis werden es immer weniger. Da droht eine Partei in der Versenkung zu verschwinden.

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