Kreis und quer:Kneippkur im Schwimmbecken

Lesezeit: 2 min

Die Senkung der Wassertemperatur ist eine heikle Angelegenheit. Denn wer will schon als Badespaßverderber dastehen?

Kolumne von Iris Hilberth, Landkreis München

Ist das Wasser gut so? Es ist eine Frage der Wohlfühltemperatur am Waschbecken, und die ist in der Friseurbranche wichtig für die Kundenzufriedenheit. Vermutlich ist es der erste Satz, den ein Lehrling beigebracht bekommt, bevor er zu Schere und Lockenwickler greifen darf. Ob nun die Innung der Haarstylisten darüber nachdenkt, die Kopfwaschtemperatur um zwei Grad zu senken, um die Energiekosten zu reduzieren? Noch ist dazu nichts an die Öffentlichkeit gedrungen. Aber wer weiß! Die Deutschen Gesellschaft für Bäderkultur zumindest hat sich in dieser heiklen Angelegenheit schon mal nach vorne gewagt und rät: Runter mit der Beckenwassertemperatur. Damit stellt sie Bürger- und Bademeister allerorts vor eine große Herausforderung. Denn bei der Wassertemperatur hört für viele der Badespaß auf.

Loriot-Freunde werden sich an den Dialog der zwei "Herren im Bad" erinnern. Hier zur Auffrischung:

Müller-Lüdenscheidt: "Was machen Sie da?"

Dr. Klöbner: "Ich lasse etwas kühleres Wasser ein."

Müller-Lüdenscheidt: "Das ist sehr aufmerksam, aber ich hätte doch gern noch eine Kleinigkeit von dem heißen."

Dr. Klöbner: "Wenn ich jetzt einen Schuss von dem kalten dazunehmen könnte?"

Müller-Lüdenscheidt: "Das war eine Idee zu viel."

Dr. Klöbner: "Ach."

Müller-Lüdenscheidt: "Ich glaube, noch ein paar Tropfen heißes und man könnte sich einigen. - Geht es so?"

Es ist nicht bekannt, auf welche Temperatur sich die beiden Herren in dem Sketch aus dem Jahr 1978 letztlich geeinigt haben. Immerhin war das fünf Jahre nach der ersten und ein Jahr vor der zweiten Ölkrise und Energiesparen durchaus ein Thema. Kalte Bäder gehen aber eher auf die Kneippsche Wassertherapie zur Stärkung des Immunsystems zurück. Jenseits dieser Kur gibt es auf der Skala zwischen Schockfrosten und Köcheln eine große Bandbreite an Meinungen, welche Celsius-Werte angenehm sind. Manchmal müssen sich sogar Gerichte mit zumutbaren Wassertemperaturen befassen. 2011 etwa, als das Amtsgericht München einen Vermieter verpflichtete, eine leistungsstärkere Therme einzubauen, damit das Badewasser des Mieters mindestens 41 Grad erreicht. Die Richterin urteilte aus eigener Erfahrung. Ob sie stets krebsrot dem Bade entsteigt, weiß man nicht.

Nicht ganz so heiß, aber immerhin 31,5 Grad zeigt das Thermometer im Warmwasserbecken des Unterhachinger Freibads. Die Verwaltung hatte in dieser Woche vorgeschlagen, auf 30,5 Grad runterzugehen. Im Schwimmerbecken von 24,5 auf 22,5. Dort wäre es so merklich kälter geworden als aktuell in der Ägäis, im Gardasee oder im Feringasee. Echte Ersparnisse würde das nicht bringen, denn die Anlage wird durch die Geothermie beheizt. Nur, um "mit einem guten Beispiel voranzugehen", wie der Bürgermeister im Energie- und Klimaausschuss warb. Die Leute fröstelnd nach dem Schwimmen unter die heißen Duschen treiben, wollte aber keiner. Man dachte an die rheumageplagten Senioren und die bibbernden Kinder. Beschluss: Das Wasser bleibt warm. Und die Ente in der Wanne.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: