Kreis und quer:Trommeln in der Warteschleife

Materialmangel, Lieferschwierigkeiten, Kostensteigerung und noch eine Machbarkeitsstudie. Warum alles so lange dauert.

Kolumne von Iris Hilberth, Landkreis München

Ein gigantischer Stahlturm ragt seit ein paar Jahren im Perlacher Forst in den Himmel. Genau genommen sind es 310 Meter, ein schlanker Wolkenkratzer quasi, mitten auf dem Mugl. Landrätin Johanna Zapf von den Grünen ist an diesem sonnigen Herbsttag 2037 angereist. Sie wird das einzige und auch einzigartige Windrad im Landkreis München zwar noch immer nicht einweihen können, weil weiterhin die Rotorenblätter aus glasfaserverstärktem Kunststoff fehlen - Materialmangel, Lieferschwierigkeiten, Kostensteigerung, man kennt das. Aber immerhin konnte der Landkreis die Außenwand des Turms an Jochen Schweizer verpachten, der dort eine Kletteranlage errichtet hat, die die Landrätin mit ein paar launigen Worten eröffnen darf, gemeinsam mit der Blasmusik von St. Korbinian. Oberhachings Altbürgermeister Stefan Schelle hat seine Tuba mitgebracht, Zapf eine Trommel. Das gibt schöne Bilder. Denn im Frühjahr will die Landrätin wiedergewählt werden.

Der Landkreis hatte dieses Pilotprojekt in der Energiekrise der Zwanzigerjahre flott angeschoben. Think big war die Devise. Weil es bis zum Ende des Jahrzehnts mit den benötigten 400 Windrädern nicht voranging und gerade nach einem achten Gutachten die siebte Vogelzählung abgeschlossen und eine weitere Bürgerbefragung vorbereitet wird. Eine aktuelle Machbarkeitsstudie steht auch noch aus. Der Koloss vom Perlacher Forst, wie das unfertige Windrad im Volksmund heißt, sollte nicht nur die Energieprobleme lösen, sondern auch Schipkau den Rang ablaufen. Schipkau ist eine wirklich kleine Gemeinde im Landkreis Oberspreewald-Lausitz. Dort hatte man im Mai 2022 verkündet, das größte Windrad der Welt zu bauen: 300 Meter hoch. Champions League ist aber Sache von Bayern, von München und vor allem vom Landkreis München.

Doch auch hier braucht alles Zeit. Bevor überhaupt darüber nachgedacht werden kann, Entscheidungen zu treffen, müssen erst einmal alle abgefragt und diverse Experten eingeschaltet werden. Deshalb warten die meisten Haushalte noch immer auf einen Geothermie-Anschluss. Es fehlen die Rohre oder die Heizungsbauer oder beides. Im Unterhachinger Stadion spielen die Fußballer inzwischen im Winterhalbjahr mit Stirnlampen, weil sich die Spielvereinigung noch immer nicht auf einen Kaufvertrag mit der Gemeinde einigen konnte und unklar bleibt, wer die Stromrechnung zahlt. Und warum die Expressbusse vor 15 Jahren ausgebremst wurden, weiß keiner genau, weil man weiter auf eine Auskunft aus dem Unterföhringer Rathaus wartet.

Um in dieser Dauerwarteschleife nicht total nervös zu werden - denn das ist ungesund - hat die Volkshochschule ihr Kursprogramm im Bereich Achtsamkeit ausgeweitet. Die Renner sind in Unterhaching seit dem Herbstsemester 2022 "Die dunkle Seite des Gehirns. Wie wir unser Unterbewusstes überlisten und negative Gedankenschleifen ausschalten" sowie "Trommel dich frei für leicht Fortgeschrittene".

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