Kreis und quer:Viel Gewicht, keine Trophäen

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Bis zu fünf Abgeordnete aus dem Landkreis könnten in den Bundestag einziehen. Das muss aber nicht unbedingt mehr Einfluss für die Region bedeuten

Von Lars Brunckhorst

Es ist keine Missachtung des Wählers als Souverän und man greift auch nicht dem Wahltag voraus, wenn man die Prognose wagt, dass die CSU im Landkreis München am Sonntag die meisten Stimmen erzielen und ihr Kandidat Florian Hahn sein Direktmandat im Bundestag verteidigen wird. Eine Frage ist nur, wie souverän beide das schaffen. Von dieser Verlässlichkeit abgesehen ist aber vieles offen: Gelingt es dieses Mal auch SPD-Kandidatin Bela Bach, wenigstens über die Liste nach Berlin zu kommen? Schließen die Grünen mit ihrem Lokalmatador Anton Hofreiter zur SPD auf oder überholen diese gar? Wird die FDP in der einstigen liberalen Hochburg, die der Landkreis einmal war, nach dem Absturz vor vier Jahren wieder zweistellig? Und wie stark wird hier die AfD?

Interessant ist die Wahl aber auch aus einem anderen Grund: Gut möglich, dass der Landkreis München in der kommenden Legislaturperiode mit fünf Abgeordneten vertreten ist, nachdem es zuletzt nur zwei waren. Neben Hahn und dem Fraktionschef der Grünen, Hofreiter, könnte dieses Mal auch Bach den Sprung schaffen - vorausgesetzt die SPD rutscht in Bayern nicht unter 20 Prozent. Bei einer Rückkehr der FDP ist auch Jimmy Schulz wieder im Bundestag, und Gerold Otten könnte es bei einem entsprechenden Wahlergebnis der AfD ebenfalls schaffen. Als chancenlos gelten nur Eva Schreiber von den Linken, Ilse Ertl von den Freien Wählern und Katharina Graunke von der ÖDP.

Was würde eine solche geballte Power für den Landkreis bedeuten? Hätte das Münchner Umland im fernen Berlin dadurch mehr Gewicht? Flösse dann schneller und mehr Geld in Ganztagsschulen, Kindertagesstätten oder barrierefreie Bahnhöfe? Könnte der Landkreis mit weiteren prestigeträchtigen Bundesbehörden wie dem Cyberabwehr-Zentrum in Neubiberg rechnen? Und bliebe der BND vielleicht doch ganz in Pullach?

Kaum. Dass zwei Neulinge und ein Rückkehrer große Trophäen heimtragen, ist eher nicht zu erwarten. Selbst einem Schwergewicht auf der Berliner Bühne wie Anton Hofreiter ist das nicht gelungen. Zumal sich der Grüne als Fraktionsvorsitzender ohnehin nicht als reiner Sachwalter seiner Heimat versteht. Das ist auch richtig so: Abgeordnete sollten keine Lobbyisten ihres Wahlkreises sein. Als solcher agiert allenfalls Florian Hahn. Der Verteidigungs- und Sicherheitspolitiker hat sich in den vergangenen Jahren machtvoll, erfolgreich für die Luft- und Wehrindustrie am Standort Ottobrunn und Taufkirchen eingesetzt. Ob Airbus oder Ludwig-Bölkow-Campus - Hahn hat vor und hinter den Kulissen geschickt Fäden gezogen. An der Entscheidung für das Cyber-Abwehrzentrum in Neubiberg war der Putzbrunner maßgeblich beteiligt. Ob sich so ein Einsatz für den Wahlkreis lohnt und letztlich in Stimmen auszahlt, wird indes der Wahlabend zeigen.

© SZ vom 23.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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