Kreis und quer:Söder völlig losgelöst

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Der Ministerpräsident schiebt in Ottobrunn ein Raumfahrtprogramm an die Startrampe. Hoffentlich vergisst er dabei nicht die irdischen Probleme.

Kolumne von Michael Morosow

Den Geheimnissen im Herzen der Milchstraße auf der Spur. (Foto: dpa)

Das bayerische Pendant zu Donald Trumps "America first" lautet "Mia san mia", und die Mühe, Tradition und Moderne in Einklang zu bringen, läuft bei der CSU seit langem unter der Parole "Laptop und Lederhose". Trotzdem stürzte die Partei zuletzt in der Wählergunst ab. Nun aber gibt im Freistaat ein neuer Ministerpräsident die Richtung vor, und die führt - wie soll's anders sein? - steil nach oben, bis zur Erdumlaufbahn gar und von dort in unendliche Weiten. In Ottobrunn soll nach dem Willen Markus Söders ein Forschungszentrum mit eigener Raumfahrtfakultät entstehen. Der Name, den der Himmelsstürmer dem bayerischen Raumfahrtprogramm gegeben hat, ist Programm: "Bavaria one". Zukünftig also "Skylab und Lederhose." Erde an Söder: Bravo!

Nach der Vorstellung des Projekts wusste jeder Besucher: Die Nasa wird bald einpacken können. Selbst wenn sich die Sonne noch ein paar mal um Markus Söder drehen wird, bis der die bayerische Rautenflagge und ein Jesus-Kreuz in einen fremden Himmelskörper rammen darf, der Anfang ist gemacht mit der Entwicklung zunächst unbemannter Flugkörper. Noch ist nicht die Rede von Astronauten, aber sicher liegen die Pläne dafür bereits beim Chef in der Schublade, neben einer Liste von Passagieren, die sich in einer weiß-blauen Raumkapsel, freiwillig oder nicht, dereinst auf den Weg in ferne Galaxien machen werden.

Natürlich feixen auf den Oppositionsbänken des Landtags jetzt wieder etliche Erdlinge, als ob der Franke ein maritimes Forschungszentrum am Deininger Weiher einrichten wollte. Sie sähen ihn lieber in einem schwarzen Loch verschwinden, als seinen Griff nach den Sternen als Heldentat zu würdigen. Dabei will er doch nur dem Aufstieg Bayerns zum europäischen Zentrum der Luft- und Raumfahrttechnik einen weiteren kräftigen Schub verleihen. Dass er sein innovatives Vorhaben im weltweit als Hochtechnologie-Standort bekannten Ottobrunn (MBB, EADS, IABG) auf die Startrampe schiebt, ist da nur logisch.

Mit Ottobrunner Raumfahrttechnik zu Mond und Sternen - die Standortwahl hängt wohl mit der besonderen Anziehungskraft des Landkreises München zusammen. Und natürlich fühlen sich die Bürger, insbesondere die Ottobrunner, geehrt. Aber bevor nun jeder himmelhoch jauchzt, schnell noch eine Frage an Commander Söder, solange er noch hienieden weilt: Die Forscher von der Raumfahrtfakultät planen doch Flugkörper, die selbst in lebensfremd eisige oder heiße Sphären problemlos fliegen. Es müsste für die Forscher doch galaktisch simpel sein, was G'scheits für die S-Bahn zu erfinden, sodass darin auch an heißen Tagen ein Leben möglich ist und bei Schnee und Eis nicht ständig die Türen einfrieren. Und dann noch ein fast verwegener Gedanke: Wenn noch ein wenig Geld überbleibt vom Forschungsetat - wie wär's mit einem Zehn-Minuten-Takt auf der S 7? Nur damit die Astronauten pünktlich zum Start kommen.

© SZ vom 12.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Von Martin Mühlfenzl

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