Kreis und Quer:Psst, Geheimtipp!

Wer als Journalist idyllische Ausflugsziele verrät, läuft Gefahr, sich unbeliebt zu machen. Dabei gibt es oft alternative Anregungen

Kolumne von Michael Morosow

Schon wieder ein Wochenende, an dem wir, mit Abstrichen, tun und lassen können, was wir wollen, ohne dass uns Covid-Minister Jens Spahn zurückpfeift. Zum Beispiel sich im Biergarten eine Radlerhalbe hinter die Binde kippen, ohne zuvor einen Teil des Tages maskiert in einer langen Registrierungsschlange verbracht zu haben. Aber ob beim Wirt seiner Wahl überhaupt noch ein Plätzchen frei sein wird, weil doch andere auch auf diese Idee gekommen sind? Besser die Wanderschuhe schnüren und den Wallberg hinauflaufen. Aber begegnete man zuletzt nicht der Hälfte der gehfähigen Münchnerinnen und Münchner beim Auf- und Abstieg, sodass man vor lauter freundlich gekeuchten "Servus", "Griaß God" und "Hallo" der entgegenkommenden Hauptstädter kein Vogelgezwitscher mehr vernahm? Ausflug zum Tegernsee? Bloß nicht, hier hält sich die andere Hälfte mit M-Kennzeichen auf.

Wer also dem Massentourismus aus dem Weg gehen will, muss Ausschau halten nach versteckten Plätzen, die es freilich zuhauf gibt. Nicht selten liegen sie außerdem noch viel attraktiver als die Klassiker der Ausflugsziele, und das Beste daran: fast nur Einheimische wissen um ihre Existenz - märchenhafte Waldweiher etwa, in die man unbeobachtet auch nackt springen kann, ohne dass am Ufer die Handykameras klicken. Oder versteckte und daher kaum begangene Pfade durch idyllische Landschaften mit herrlichen Wiesen zum Picknicken entlang der Wege. Wer nun aber erwartet, dass an dieser Stelle eine Aufzählung der geheimsten Geheimtipps folgt, wird enttäuscht sein. In Sorge um seine körperliche Unversehrtheit unterlässt es der Autor dieser Zeilen, auch nur eine der verborgenen Freizeitklausen zu nennen.

Schon einmal hatte er besten Gewissens eine besonders attraktive Location verraten, einen lauschigen Moorsee im Süden des Landkreises mit Hechten und Zandern, eingezäunter Liegewiese, Sprungbrett, Umkleidekabinen. Überaus familientauglich, und das auch noch bei freiem Eintritt. Eine Woche nach Drucklegung seines Ausflugtipps ließ er sich dort abermals nieder und kam alsbald mit einem einheimischen Fischer ins Gespräch. "Viel los heute", sagte er naiv und erhielt zur Antwort: "Normalerweise ist hier weniger los, aber seit so ein Volldepp von der Süddeutschen Zeitung darüber geschrieben hat, kommen sie von überall her." Wenigstens der Volldepp wurde seither dort nicht mehr gesehen.

Das Wetter an diesem Wochenende wird durchwachsen sein, es eignet sich nur bedingt für Badefreuden. Aber, doch noch Geheimtipp, wer am Samstag und Sonntag im Freizeitbad Pullach aufschlägt, wird dennoch auf seine Kosten kommen, und das, obwohl an beiden Tagen Baden verboten ist, selbst wenn der Titel des Freiluftevents "Auftauchen" lautet. Livemusik auf der Liegewiese wird stattdessen geboten, Chöre, Orchester und Bands aus Pullach treten auf. Hinter vorgehaltenem Mundschutz sei verraten: Auch Münchner sind willkommen.

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