Kreis und quer:Monster im Beschlussvorschlag

Warum Behörden Straßenausbaubeitragssatzung und Abstandseinhaltungserfassungsvorrichtung schreiben, aber Berg-Ahorn und Winter-Linde

Kolumne von Iris Hilberth

Wer Spaß an langen Wörtern hat, dem sei die Lektüre von Beschlussvorlagen aus der Verwaltung empfohlen. Wenn jemand die Gabe besitzt, Begriffe zu schaffen, die mehrmaliges Üben erfordern, um sie fehlerfrei auszusprechen und höchste Konzentration beim Lesen, um zu begreifen, um was es überhaupt geht, dann sind das wohl die Angestellten in Rathäusern und Behörden. Lückenlos wird hier Buchstabe an Buchstabe aneinandergereiht, um dann eine Empfehlung zu geben, die nicht mal in eine Zeile passt, etwa den Beschluss einer "Abstandseinhaltungserfassungsvorrichtung".

Nicht nur, dass man erst mal darauf kommen muss, dass es sich hierbei um Markierungen auf der Autobahn handelt. Man fragt sich bei solchen Ungetümen wie der Straßenausbaubeitragssatzung oder der Restmüllbeseitigungsbehälterentleerung: Warum haben die im Amt eigentlich keine Bindestriche? Unterhachings Bürgermeister Wolfgang Panzer musste sich diese Woche wieder im Bauausschuss durch unzählige Seiten mit Wortmonstern lesen, als er die Abwägungen zu einem Bebauungsplan vortrug: Abstandsflächentiefen, Telekommunikationsinfrastruktur, Niederschlagswasserfreistellungsverordnung. Da konnten die Begriffe aus der Sitzung des Planungsverbands Äußerer Wirtschaftsraum München locker mithalten. In Oberhaching ging es um Kaltluftleitbahnen, um Fernwärmeversorgungsgebiete und Mietnebenkostennachzahlung. Undenkbar, was die vielen Bindestriche den Steuerzahler kosten würden, sollte man all diese Wörter koppeln. Eine Bindestrichausdruckverordnungspauschale wäre wohl unvermeidlich.

Umso erstaunlicher ist die Anregung aus dem Landratsamt, die Gemeinde Unterhaching solle die Liste der Gehölze in ihrem Bebauungsplan sehr wohl mit Bindestrichen versehen. Die nämlich wollte Bergahorn, Feldahorn, Waldkiefer, Vogelkirsche und Winterlinde in das erweiterte Gewerbegebiet Nord pflanzen. Aber ohne Bindestriche geht es in dem Fall nicht, machte die übergeordnete Behörde der gemeindlichen Bauabteilung klar.

Da es sich um echte Vertreter ihrer Gattung handelt, so das Landratsamt, müsse man Berg-Ahorn, Feld-Ahorn, Wald-Kiefer, Vogel-Kirsche und Winter-Linde schreiben. Aber Vorsicht bei der Korrektur: Hainbuche und Eberesche stimmen, weil nämlich die Hainbuche keine echte Buche, sondern ein Birkengewächs ist und die Eberesche eine Sorbus-Art, die mit der echten Esche, also der Fraxinus, nur optisch etwas zu tun hat. Da schau her! Bevor man also leichtfertig Bindestriche oder gar Binde-Striche verteilt, sollte die Echtheit zumindest von Gehölzen unbedingt überprüft werden.

Unterhaching hat sein Budget an Bindestrichen damit für dieses Jahr wohl aufgebraucht. Wie gut, dass niemand darüber nachdenken muss, ob es nun Zebra-Streifen oder Zebrastreifen heißt, wenn das Zebra nicht echt ist. Da schreibt man besser Querungsanlagenmarkierung.

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