Kreis und quer:Kopf an Kopf mit Orofino

Auszeichnungen gibt es wie Sand am Meer - für Sportler, Tier, Wörter. Und jetzt wird auch noch der Bürgermeister des Jahres gesucht - von einem Ex-Rathauschef

Von Stefan Galler

Auch wenn es noch ein paar Monate hin ist, so laufen die Vorarbeiten für die große Abrechnung schon im Spätsommer an. Am Ende eines Jahres wird bilanziert - und zwar in allen Bereichen. Die Hits des Jahres trällern aus dem Radio; Vogel und Pflanze des Jahres werden gekürt. Nicht zu vergessen das Unwort des Jahres (2014: "Lügenpresse") und alle möglichen besonders erfolgreichen Athleten (meistens irgendein Harting). Nostalgiker werden sich bestimmt an Addi Furler erinnern, einen Sportreporter mit jockeyhafter Figur, Schnauzer und getönter Brille, der in der ARD-Sportschau den Galopper des Jahres suchte - unvergessen, wie Anfang der Achtzigerjahre drei Mal der Hengst Orofino triumphierte, dessen Vater auf den klingenden Namen Dschinghis Khan hörte.

In der Politik hält man sich mit derlei Auszeichnungen zurück. Irgendwie nachvollziehbar, schließlich wird in unserer Demokratie ohnehin schon dauernd gewählt. Versucht man beispielsweise, bei Wikipedia "Politiker des Jahres" einzugeben, erhält man: Nichts. Nach ein paar getippten Buchstaben bietet das Online-Lexikon zumindest noch "Politiker Derblecken" an. Forscht man genauer nach, finden sich doch noch ein paar Ehrungen für die besten Volksrepräsentanten. So vergibt das Fachmagazin "Politik & Kommunikation" Jahr für Jahr den Politik-Award. Preisträgerin von 2015 ist Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), unter ihren Vorgängern waren die schwäbische Grünen-Ikone Winfried Kretschmann und Karl-Theodor zu Guttenberg, der früher nicht nur einen Doktortitel, sondern auch die Hoffnungen aller Christsozialen im Land trug.

Auf Landesebene sucht nun seit 2014 ausgerechnet ein ehemaliger Bürgermeister nach den Besten der Besten: Stefan Detig, einst Pullachs Rathauschef, gibt sozusagen den "Ex-Guru", der als Experte auftritt, wie man es vom Fußball kennt. Allerdings kürt Detig seine Favoriten nicht direkt, er lässt Bayerns "Bürgermeister des Jahres" von einer Jury wählen.

Man kann sich vorstellen, wie gerne Detig selbst zu dieser Wahl antreten würde, doch seine politische Karriere endete abrupt: Er strebte in den Landtag - und unterlag 2007 in einer Kampfabstimmung Kerstin Schreyer-Stäblein. Seither hat er sich aus der Politik herausgehalten, er arbeitet als Rechtsanwalt mittlerweile in seiner eigenen Kanzlei. Aber so ganz loslassen will Detig offenbar doch nicht. Man kann ihm zumindest nicht vorwerfen, dass er seine alte Wirkungsstätte nach vorne voten würde. Wie der ganze Landkreis München ging auch Pullach bisher leer aus, was vielleicht auch daran liegt, dass die Bürgermeisterin eine Grüne ist. Ausgezeichnet wurden Freyung, Antorf oder das Schrobenhauser Land.

Dann nehmen wir das jetzt mal in die Hand: Aktuelle Vorschläge bis 30. September an Detigs Kanzlei in Pullach. Gerne per Postkarte. Wie damals bei Orofino.

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