Kreis und quer:Jungenwitze in der Umkleide

Die politische Beleidung ist so alt wie Politik selbst. Was sich die Pullacher geleistet haben, spottet jeder Beschreibung

Kolumne von Lars Brunckhorst

Die politische Beleidigung ist so alt wie die Politik selbst. Schon Cicero galt als ein Meister darin, seine politischen Gegner mit Schmähungen niederzumachen. "Halunke", "Abschaum", "Pestbeule" waren keineswegs die schlimmsten Beschimpfungen, die er sich mit anderen Senatoren im alten Rom an den Kopf warf. Aus der jüngeren Vergangenheit ist Herbert Wehner, der frühere Zuchtmeister und Fraktionschef der SPD im Bundestag, als grandioser Spötter und Verhöhner seiner Gegner in Erinnerung. Unvergessen, wie er den CDU-Abgeordneten Wohlrabe als "Übelkrähe" ansprach. Auch der spätere Außenminister Joschka Fischer hat sich diesbezüglich in die Geschichtsbücher eingetragen: Als junger Abgeordneter schleuderte er dem Bundestagspräsidenten Richard Stücklen einst ein "Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch!" entgegen.

Dagegen nehmen sich die Tiraden des aktuell größten Pöblers der Welt geradezu plump und einfallslos aus. Wenn der Mann, der im Weißen Haus sitzt und sich für den Präsidenten der Vereinigten Staaten hält, Nordkoreas Kim als "Raketenmann" bezeichnet und dazu anmerkt, seine seien größer, erreicht das allenfalls das Niveau von Jungenwitzen in der Sportumkleide. Nicht viel besser ist, was sich Pullachs Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund seit einiger Zeit anhören muss: Als "böse Hexe" wird sie von ihren Gegnern bezeichnet oder mit Kim, Stalin und eben Trump in einen Topf geworfen. Auch Faschismus-Vergleiche wurden bemüht, was die These bestätigt, wonach jede politische Debatte früher oder später bei den Nazis und Hitler landet.

Derlei Vergleiche sagen in der Regel mehr über den Urheber als den Adressaten aus. Und so ist Susanna Tausendfreund gut beraten gewesen, dergleichen lange Zeit an sich "abperlen" zu lassen, wie sie es selbst nennt. Diese Woche nun war aber auch bei ihr das Maß voll. In ruhigen, wohl dosierten, jedoch klaren Worten wies sie die Protagonisten des Pullacher Schmierenstücks in die Schranken, ebenso wie jene, die ihnen die Bühne bereiten: die Herausgeber des Anzeigen- und Amtsblatts, die willfährig alles abdruckten.

Eines hat die Grünen-Rathauschefin damit bereits erreicht: Der Verlag des Isar-Anzeigers will künftig mehr Sorgfalt beim Abdruck von Leserbriefen walten lassen und gegebenenfalls auch Zuschriften ablehnen. Weniger Einsicht zeigt dagegen FDP-Gemeinderat Alexander Betz. Im Interview mit der SZ wollte er nichts von seinen Aussagen zurücknehmen - auch nicht, nachdem sich acht Mitglieder aus dem Ortsverband von Ton und Stil ihres Parteifreundes distanziert haben. Ob er damit Erfolg hat? Ein anderer, bekannterer Politiker, der ebenfalls nicht zimperlich im Austeilen war, attestierte einmal seiner politischen Gegnerin von oben herab: "Die kann es nicht!" Wie es ausging, ist bekannt. Gerhard Schröder war nach sieben Jahren als Kanzler Geschichte, Angela Merkel ist seit nunmehr 15 Jahren immer noch da.

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