Kreis und quer:Immer mehr und doch nicht genug

LKA erwartet 5000 Falschgeldfälle in Niedersachsen

Die Kassen des Landkreises sind prall gefüllt. Doch nicht alle profitieren davon.

(Foto: dpa)

Die Geldsäcke im Landkreis sind gut gefüllt und dennoch geht auch hier die Schere zwischen arm und reich auseinander.

Kolumne von Martin Mühlfenzl

Unter dem fiktiven Weihnachtsbaum des Landkreises München landen von Jahr zu Jahr opulentere Geschenke. Säcke, prall gefüllt mit immer mehr Geld. Mehr als eine Milliarde Euro beträgt heuer die Umlagekraft des Landkreises, den unablässig sprudelnden Steuereinnahmen sei Dank. Weihnachtsgeschenke gibt es so gesehen das ganze Jahr über in einer der reichsten Regionen Deutschlands. Doch wie hat der römische Dichter Horaz gesagt? "Dem wachsenden Reichtum folgt die Sorge."

Das Ausmaß der Sorge wird an Heiligabend in vielen Haushalten beim Blick unter den sehr realen Christbaum deutlich. Bei den einen stapeln sich die bunt verpackten Geschenke, während bei anderen gähnende Leere herrscht. Schließlich ist der Reichtum im reichsten aller Landkreise nicht gerade gleichmäßig verteilt. Immer mehr Menschen können sich das Leben hier nicht mehr leisten, die Mieten und Grundstückspreise explodieren immer weiter, die Lebenshaltungskosten fressen das Einkommen derer auf, die tagtäglich arbeiten gehen, aber nicht zu den Besserverdienenden gehören. Krankenschwestern, Erzieherinnen, Pfleger, Bauhofmitarbeiter - all die Menschen, auf die jeder im Leben einmal angewiesen ist, werden an den unteren Rand der Gesellschaft gedrückt.

Aus diesem Ungleichgewicht ist längst eine Verantwortung erwachsen, der sich die kommunale Ebene mit einer Vielzahl an Maßnahmen auch zu stellen versucht. Der Landkreis stockt in Eigenregie Sozialleistungen auf, subventioniert für Geringverdiener und Senioren Tickets für den öffentlichen Nahverkehr, baut Schulen um Schulen. Die Kommunen überweisen ihren Angestellten Zulagen, stellen vergünstigten Wohnraum zur Verfügung, öffnen Bibliotheken und Schwimmbäder zum Nulltarif.

Doch all das reicht nicht, weil die große Politik - Bund und Freistaat - den Landkreisen, Städten und Gemeinden die Unterstützung versagt, die sie zwingend benötigen. Es reicht nicht, weil die Investitionsbereitschaft in den ÖPNV fehlt, die Infrastruktur nicht ausgebaut wird. Weil Geld für den kommunalen Wohnungsbau fehlt, der den einzigen Ausweg aus dem weiter steigenden Druck auf dem Wohnungsmarkt darstellen kann. Weil den Kommunen und Landkreisen immer mehr Aufgaben übertragen werden, aber überlastete Mitarbeiter in den Verwaltungen diese Belastung überhaupt nicht mehr stemmen können.

Es lebt sich schön im reichsten Landkreis der Republik. Auch dank eines unfassbar breit gefächerten kulturellen, sportlichen und sozialen Angebots, das vor allem von den Menschen selbst getragen und organisiert wird. Dieses Engagement ist der Kitt, der die Gesellschaft noch einigermaßen zusammenhält. Damit sie nicht auseinanderdriftet und die Sorgen vieler Menschen nicht weiter zunehmen, muss die große Politik ihrer Verantwortung gerecht werden und den Kommunen deutlich mehr Geld unter den fiktiven Weihnachtsbaum legen. Das wäre ein schönes Geschenk.

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