Kreis und quer:Grenzen des Wachstums

Es wird eng im Landkreis München. Ottobrunn fragt deshalb, wie viel Platz einem Menschen mindestens zusteht. Eine andere Gemeinde hat eine fragwürdige Lösung parat

Von Martin Mühlfenzl

Um die Endlichkeit des Wachstums zu beschreiben, hat der Kabarettist Volker Pispers einst einen bitterbösen, aber sehr lustigen Vergleich bemüht. Pispers sagte: "Es gibt kein ewiges Wachstum. Fragen Sie Reiner Calmund." Wer sich nicht mehr erinnert: Calmund war jener Fußballmanager, dem sein eigenes Wachstum offensichtlich wichtiger war als das seines Vereins Bayer Leverkusen. Nun darf zurecht gefragt werden, was Reiner Calmunds buddhagleiche Konstitution mit dem Landkreis München zu tun hat. Wenig. Aber für Vergleiche taugt der Gourmet aus dem Rheinland immer noch. Doch dazu später.

Viel war in dieser Woche auch im Landkreis von Wachstum die Rede. Im Ottobrunner Gemeinderat etwa wollte die Fraktionssprecherin der Bürgervereinigung angesichts der Struktur ihrer Gemeinde - drittgrößte Bevölkerungszahl aller 29 Kommunen im Landkreis, zweithöchste Einwohnerdichte republikweit - wissen, ob in der Kleinstkommune überhaupt noch Wachstum möglich oder sinnvoll sei. Und wie viel Quadratmeter überhaupt jedem der etwa 22 000 Einwohner zur Verfügung stünden. Das versucht die Verwaltung jetzt herauszufinden. Was aber wird das Ergebnis aussagen? Und werden wichtige Faktoren berücksichtigt? Schließlich kann bei der Berechnung herauskommen, dass der individuelle Raum für einen Reiner Calmund gerade so ausreicht, während auf derselben Fläche - mit Verlaub, Frau Landratsgattin - mehrere Ochmaa Göbels fröhlich Auslauf fänden.

Einfacher macht es sich da die Gemeinde Unterhaching. Die hat für ihr Wachstum eine Obergrenze festgelegt. 28 000 Einwohner! Mehr sollen es nicht werden. Angesichts der Prognosen eine sehr mutige Entscheidung. 24 000 sind es schon und bis zu 400 000 Menschen sagt das Statistische Landesamt dem Kreis bis ins Jahr 2034 voraus. Wie Unterhaching aber damit umgehen wird, wenn der 28 001. Bürger geboren wird oder in die Gemeinde zieht, ist noch unklar. Aus- oder abweisen dürfte schwierig werden. Denn der Landkreis bleibt der prosperierende Anziehungspunkt der Republik. Das haben die Wissenschaftler des Instituts Prognos wieder einmal bestätigt und der Region zwischen Unterschleißheim, Aying und Grünwald die besten Zukunftsaussichten aller 402 Landkreise und Städte in Deutschland bescheinigt. Nirgendwo lebt, arbeitet und lernt es sich besser. Vollbeschäftigung herrscht hier - paradoxerweise auch Fachkräftemangel. Und da sind wir wieder beim Wachstum. Das, sagt der Chefökonom der Industrie- und Handelskammer München und Oberbayern, sei eben auch stark von vorhandenen Experten abhängig. Reiner Calmund aber sollte sich eine Bewerbung in den Landkreis München lieber sparen. Hier isst es sich zwar auch sehr gut, aber Fußballmanager haben schon ein sehr eingeschränktes Fachwissen.

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