Kreis und quer:Die Kraft der Ungeduld

Die Jugend will nicht länger warten, bis die Alten handeln. Das ist gut so, denn ihnen gehört die Zukunft

Kolumne Von Bernhard Lohr

Gedacht haben es sich damals schon viele. Gesagt haben es als erste die Jungspunde. Horst Seehofers Zeit als Parteichef sei abgelaufen, fand die Junge Union im November 2017, nachdem der CSU-Vorsitzende gemeint hatte, den JU-Parteitag ignorieren zu können, weil er sich nach dem frustrierenden Ergebnis bei der Bundestagswahl in Berlin bei den Koalitionsverhandlungen für unverzichtbar hielt. Gut ein Jahr und eine Wahlniederlage später räumt Seehofer mit 69 Jahren seinen Stuhl. Gerade junge Menschen haben das Gezerre bis dahin nur unter Schmerzen ertragen.

Klimawandel, Verkehrskollaps, Wohnungskrise, digitaler Umbau und Globalisierung. Es gilt für die große Politik im Bund und im Land genauso wie für das Lokale - die Probleme sind groß. Und das Vertrauen ist geschwunden, dass es die Alten, Erfahrenen schon richten werden. Diesen Freitag gingen Schüler auf die Straße und demonstrierten für entschiedenes Handeln gegen die Erderwärmung. Die Jusos und die Jungen Liberalen im Landkreis fordern mehr Mut in der Verkehrspolitik und einen Ausbau der digitalen Infrastruktur. Die Jungen treiben die Politik voran. Und sie sind bereit, Verantwortung zu übernehmen.

Dieser Tage meldete die JU im Landkreis München, dass die Zahl ihrer Mitglieder die 500er-Marke überschritten habe. Die Jusos zählten 2018 immerhin insgesamt 34 neue Mitglieder. Die Grünen legten von 430 Mitgliedern im Landkreis zu Beginn des vergangenen Jahres auf 530 zu. Alleine 30 Neue schlossen sich der Umweltpartei seit vergangenem Dezember an. Darunter viele Junge.

Das sind gute Nachrichten für die Demokratie. Der Grünen-Kreisvorsitzende Volker Leib bekommt es immer wieder zu hören, wie ein irrlichternder US-Präsident Donald Trump, ein fremdenfeindlich polternder Viktor Orban und das Brexit-Chaos Jugendliche beunruhigen und politisieren. Ähnliches vernimmt der stellvertretende Juso-Kreischef Kevin Cobbe, der zudem feststellt, dass Wahlen dazu beitragen, das politische Bewusstsein zu schärfen, und Menschen motivieren, einer Partei beizutreten.

Es stehen bewegte Zeiten bevor. Längst bereiten sich die Parteien im Landkreis auf die Europawahl im Mai und die Kommunalwahl im Jahr 2020 vor. Viele Menschen, die die Zukunft vor sich haben, wühlt die Frage auf, ob sie weiter in einer weltoffenen, auf starken Werten basierenden EU leben werden. Die Kommunalwahl bietet ihnen dagegen Gelegenheit, sich persönlich einzubringen und aktiv zu gestalten. Der Landkreis München steht angesichts enormen Zuzugs bei Schulen, im Wohnungsbau und beim Verkehr vor gewaltigen Herausforderungen. Als in Höhenkirchen-Siegertsbrunn in dieser Woche hundert Bürger zusammenkamen, um über Ortsentwicklung und ein Leitbild zu diskutieren, forderte der JU-Chef übers Reden das Handeln nicht zu vergessen. Selten war die Ungeduld der Jungen so groß. Und selten war sie so wichtig wie heute.

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