Kreis und quer:Die Brücke zum Gardasee

Wenn viele heutzutage auch nicht mehr wissen, warum wir Fronleichnam feiern, so wissen sie doch um den Vorteil von Brückentagen, um mal schnell an den See oder in die Berge zu entfliehen

Von Lars Brunckhorst

Als Gott den Sonntag schuf, um sich von seiner Arbeit während der Woche auszuruhen, ahnte er nicht, dass seine Statthalter später eine Reihe Feiertage hinzufügen sollten. Und erst recht nicht, dass seine Schäfchen noch viel später den Brückentag dazu erfinden würden. Letzterer ist vielen Menschen inzwischen heiliger als Ostern, Pfingsten und Weihnachten zusammen. Und wissen heutzutage auch immer weniger, was es mit Christi Himmelfahrt und Fronleichnam auf sich hat, so wissen sie doch eines ganz genau: Mit dem Freitag, der sich beiden Feiertagen anschließt, lässt sich wunderbar ein langes Wochenende aus den grauen Arbeitswochen heraus schinden, um mal schnell von Donnerstagfrüh bis Sonntagabend an den Gardasee oder ins Zillertal zu entfliehen.

Dieses Wochenende ist wieder so eines und wer gestern zu den wenigen gehörte, die für ihre ausgeflogenen Kollegen die Stellung im Büro hielten, musste sich zwangsläufig fragen, ob er eigentlich der einzige Dumme ist. Jedenfalls konnte gut und gerne der Eindruck entstehen, dass alle weg sind und alles zugesperrt ist. Ob Rathäuser, Bauhöfe oder Büchereien - am Freitag war im Landkreis München nahezu alles geschlossen. Wäre Gott seinerzeit ähnlich bequem gewesen und von Donnerstag bis Sonntag auf einen Aperol Sprizz nach Limone gedüst, wäre es für die Menschen nicht gut ausgegangen. Denn ehe er am siebten Tag von seiner Arbeit ausruhte, schuf er am fünften noch schnell die Fische und die Vögel und am sechsten die Tiere auf dem Land und zu guter Letzt den Menschen. Der dagegen lässt einfach den Packen mit Kreditanträgen und Schadensregulierungen bis Montag auf dem Schreibtisch liegen.

Auch in der Gemeinde Haar blieb das Rathaus "für den Publikumsverkehr" geschlossen. Brückentage seien beliebte Urlaubstage, erklärt Rathaussprecherin Ute Dechent. Umso mehr, wenn ein solcher Tag in die Schulferien falle. "Auch die Gemeinde Haar belohnt ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einem Brückentag." Die Gemeinde bitte um Verständnis. Geht's noch? Erstens kann man allenfalls um Verzeihung bitten und Verständnis gibt es dafür bestimmt nicht. Unsereins kann schließlich kein Schild an die Redaktionstür hängen: "Wegen Brückentag geschlossen!" Da würde sich der Leser schön bedanken, wenn er bis Montag keine Zeitung erhielte.

Der Trost: Mit den Brückentagen war's das dann erst einmal. Juni und Juli - Fehlanzeige! Und im August fällt Mariä Himmelfahrt auf einen Montag. Ätsch! Das nächste lange Brückentags-Wochenende gibt's daher erst Ende Oktober, Anfang November, weil Allerheiligen heuer auf einen Dienstag fällt. Dafür sieht es zum Jahresende für alle Kurzurlauber zappenduster aus: Der erste Weihnachtsfeiertag ist ein Sonntag, damit auch Neujahr. Aber in den nächsten Jahren sieht es wieder besser aus mit Brückentagen. Gott sei dank!

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