Kreis und quer:Die alten Amigos lassen grüßen

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In Grünwald steht die Zeit still und die CSU regiert mit einer Arroganz, die eigentlich längst vergessen schien

Kolumne von Wolfgang Krause

Von 1962 bis 2008 regierte die CSU in Bayern unangefochten mit absoluter Mehrheit und trieb die anderen Parteien mit einer Mischung aus Selbstherrlichkeit und Arroganz in die Verzweiflung. Auch in vielen Gemeinden kartelten die Schwarzen lange Zeit alle wichtigen Posten und Entscheidungen unter sich aus. Damals war es nicht ungewöhnlich, dass die CSU nicht nur den Ersten Bürgermeister, sondern auch alle Stellvertreter stellte. Und wenn mal ein paar Stimmen zur Mehrheit fehlten, dann griff man auf die Freien Wähler zurück, die damals noch keine Partei waren.

Diese Zeiten sind - zumal im großstädtisch geprägten Landkreis München - längst vorbei. Die CSU hat inzwischen überall erhebliche Konkurrenz bekommen und sie kann von Glück reden, dass es in dem einen Ort die Grünen sind, im anderen die SPD und im dritten die Freien Wähler. Auf diese neue Situation hat sich die Partei erstaunlich gut eingestellt, indem sie je nach Bedarf mal mit den einen paktiert und mal mit den anderen. Das "Mir san mir" von einst ist einer geradezu aufdringlichen Umarmungsstrategie gewichen, der die anderen Parteien kaum etwas entgegenzusetzen haben.

In Kirchheim etwa hielt der CSU-Bürgermeister Maximilian Böltl die SPD klein, indem er ihr bereits vor der Kommunalwahl im vergangenen März den Stellvertreterposten versprach, in Neubiberg und Haar setzen die auch äußerlich kaum voneinander zu unterscheidenden CSU-Rathauschefs Thomas Pardeller und Andreas Bukowski auf die Unterstützung der Grünen und versuchen gleichzeitig, diese beim Umwelt- und Klimaschutz zumindest PR-mäßig zu überholen. Nur in Grünwald scheint die Zeit stehen geblieben.

Dort regiert die CSU mit absoluter Mehrheit und gibt sich nicht einmal Mühe, den Eindruck zu erwecken, dass ihr an einer Zusammenarbeit mit den anderen Fraktionen gelegen ist. Bürgermeister Jan Neusiedl lässt sich, wenn er wie so oft nicht im Rathaus ist, ausschließlich von Parteifreunden vertreten. Und wenn die Opposition - ein Begriff, der in einem kommunalen Selbstverwaltungsgremium eigentlich nicht vorgesehen ist, aber hier zutrifft - frech wird, dann wird sie niedergebügelt.

Jüngstes Beispiel ist die Affäre um die großzügige Fahrtkostenpauschale, welche die CSU im Gemeinderat ihrem Bürgermeister freihändig gewährt. Die Grünen verlangten, dass der Rathauschef drei Monate lang mit einem Fahrtenbuch nachweist, dass er wirklich tausend Kilometer dienstlich mit dem Privatwagen unterwegs ist. Das fand die CSU so ungehörig, dass sie die Fahrtkostenpauschale sogar noch erhöhte - nur um ihre Macht zu demonstrieren und den anderen eins auszuwischen.

Das ist so dreist, dass es eigentlich nach sofortiger Bestrafung schreit. Aber in Grünwald hat die CSU offenbar nichts zu befürchten. Gut, dass es anderswo inzwischen anders ist.

© SZ vom 30.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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