Kreis und quer:Der Bräu hat sich was eingebrockt

Mit der Entscheidung, der AfD die Türen öffnen, haben sich die Ayinger Wirtsleute Inselkammer keinen Gefallen getan

Von Lars Brunckhorst

Von Putin weiß man, dass er Sympathien für die Straches, Orbans, Salvinis und Wilders Europas hegt, und von diesen, dass sie ihn verehren. So passt es zusammen, dass sich Rechtspopulisten aus Österreich, Ungarn, Italien und Holland am kommenden Montag mit AfD-Funktionären dort treffen, wo der russische Präsident vor 13 Jahren kurz abstieg: im Brauereigasthof in Aying. Doch während Putin mit allen Ehren empfangen wurde, dürften die Populisten ausgepfiffen werden. SPD, Grüne, Freie Wähler und CSU haben zur Gegendemonstration aufgerufen. Das ist der Unterschied zu 2006: Damals galt Putin noch als "lupenreiner Demokrat" und Parteien wie die österreichische FPÖ und die italienische Lega wurden allenfalls als lokale Sonderlinge bestaunt.

Inzwischen aber stehen die Rechten von Polen bis Frankreich vor dem Durchmarsch ins Europaparlament bei den Wahlen in vier Wochen. Und deshalb müssen sich die Wirtsleute des renommierten Ayinger Gasthofs fragen lassen, warum sie AfD und Konsorten für eine Wahlkampfveranstaltung ihren 180 Zuhörer fassenden Sixthof vermieten. Zusätzliche politische Brisanz erhält die Entscheidung, weil Juniorchef Franz Inselkammer selbst CSU-Kreisrat ist und seine Mutter Angela Inselkammer Präsidentin des bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes. Entsprechend schlug die Nachricht beim Verband Wellen.

Nun kann man den Inselkammers mitnichten Nähe zu rechten Gesinnungen unterstellen. Als Verbandschefin hat Angela Inselkammer mehrmals ein Bleiberecht für Asylbewerber und ein Einwanderungsgesetz gefordert. Zugleich hat sie aber Kollegen, die AfD-Veranstaltungen zuließen, wiederholt gegen Kritik verteidigt. Bei anderen Gästen stelle man auch nicht die Frage nach der politischen Gesinnung, so ihre Argumentation. Ähnlich äußerte sich der Hoteldirektor, der von der Familie vorgeschickt wurde: Die AfD sei eine demokratisch legitimierte Partei. Man vertrete nicht deren Meinung, auch wenn man sie beherberge.

Das mag stimmen. Auch ist es die freie Entscheidung eines Wirts, wen er bedient - aber eben auch, wen nicht. Anders etwa als Städte und Gemeinden, die von Gerichten schon gezwungen wurden, ihre Hallen der AfD zu öffnen. Insofern ist die Entscheidung der Familie Inselkammer sehr wohl eine politische, selbst wenn sie im Grunde eine persönliche gewesen sein mag. Die Inselkammers kennen den AfD-Abgeordneten, der nach Aying einlädt, seit langem: Franz Bergmüller ist selbst Gastwirt im nahen Feldkirchen-Westerham und war Funktionär im Gaststättenverband. Da hilft man sich. Deshalb durfte er für seine Veranstaltung wohl auch das Werbevideo fürs Internet im Gasthof und Biergarten filmen. In diesem hält er demonstrativ einen Krug mit Brauereiwappen in die Kamera. Ob all das klug ist, werden der Bräu von Aying und seine Familie erfahren - wenn nicht bei der Demo am Montag, dann wenn Biertrinker beim Einkauf abstimmen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: