Kreis und quer:Das Kreuz mit der Quote

Auch alte, weiße Männer mit fast noch roten Haaren wollen bei der Kommunalwahl berücksichtigt werden

Kolumne von Iris Hilberth

An Hans Potschacher auf Rang zehn führt einfach kein Weg vorbei. Sollte ihn bei der Aufstellungsversammlung für die Kommunalwahl in Unterhaching einer der Teilnehmer nicht auf der Rechnung gehabt haben, so überzeugte ihn wohl vor allem eine Anmerkung in Potschachers Bewerbungsrede: "Mit mir erfüllt ihr die Quote alter weißer Männer mit fast noch roten Haaren. " Eine seltene Kombination, wer sonst noch kann die schon vorweisen? Bei den Grünen fällt einem da spontan nur noch Daniel Cohn-Bendit ein. Aber der will nicht in den Unterhachinger Gemeinderat.

Die Listenaufstellung für die Wahlen im März ist eine nicht zu unterschätzende und sehr ernste Angelegenheit. Vermutlich ist es die komplizierteste Aufgabe für Parteivorstände überhaupt, hier einen Vorschlag zu erarbeiten, der manche Parteifreunde nicht unmittelbar zu Parteifeinden oder gar zu Ex-Mitgliedern macht. Je nach Größe der Gemeinde müssen die Namen von 14 Kandidaten - etwa in Straßlach-Dingharting und Baierbrunn - bis hin zu 30 Personen - wie in Unterhaching, Haar, Ottobrunn und Unterschleißheim - in eine Reihenfolge gebracht werden. Und klar ist von Anfang an: Einer ist immer sauer. Mindestens.

Wie also beginnen? Da sind zunächst die Männer und die Frauen. Die sortiert man heutzutage nicht mehr nur bei den Grünen nach dem Reißverschlussprinzip. Deren Ortsverbände haben diese Form der Parität sogar bereits überwunden und tragen offenbar einen Wettbewerb aus, wer die meisten Frauen unter die ersten Zehn bringt. Oberhaching und Hohenbrunn liegen mit sieben Kandidatinnen in Führung.

Aber dann sind da ja auch noch die Alten und die Jungen, die Erfahrenen und die Neuen, die Lehrer und die Landwirte, die Großen und die Kleinen, die Katholiken und die Protestanten, die Dicken und die Dünnen, die Kurz- und die Weitsichtigen und eben auch die Rothaarigen und die Blonden. Die Verantwortung ist groß, denn was soll der Wähler denken, wenn auf dem Wahlzettel kein kleiner, übergewichtiger Bartträger zu finden ist oder die Quote der frommen, Marathon laufenden Physikerinnen nicht erfüllt wird?

Mit dem Basteln der Liste wird daher früh begonnen und meist nichts dem Zufall überlassen. Es gibt schließlich Fallstricke genug. Allein all die Formalien zu erfüllen, bevor überhaupt bei einer Aufstellungsversammlung über die Reihung abgestimmt werden darf, ist eine Kunst für sich. Wenn sich dann noch mehrere auf einen Listenplatz oder einer immer wieder auf verschiedene Plätze bewirbt, wird die Sache leicht unübersichtlich und kann sich hinziehen. Da ist es dann schon praktischer, der eine oder andere wirft im Vorhinein hin, weil er befürchtet, gar nicht mehr aufgestellt zu werden, oder sich mit einem unattraktiven hinteren Platz begnügen soll. Die Eitelkeiten können groß sein. Wenn man keinen verärgern will, könnte man ja mal ganz anders sortieren: Nach Alphabet etwa oder nach Alter und Gewicht.

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