Kreis und quer:Castingshow ums Landratsamt

Auch wenn der Verwaltungschef des Landkreises so manche Kröte schlucken muss, hat die Kommunalwahl doch wenig mit dem Dschungelcamp gemeinsam

Kolumne von Stefan Galler

Die nächsten Wochen heißt es wieder: DLSS - der Landkreis sucht den Superstar. Der- oder diejenige, die am 15. März zum Landrat gewählt werden möchte, sollte ein Politik-Ass sein, ein Diplomat und Strippenzieher, ein stattlicher Repräsentant für den einwohnerstärksten Landkreis Bayerns und ein Verwaltungsprofi mit Manager- und Führungsqualitäten, schließlich wird sie oder er Boss von weit mehr als tausend Mitarbeitern.

In so ziemlich jeder Beziehung ist die Landratswahl das Gegenstück zum Dschungelcamp, schließlich geht nicht darum, Leute raus-, sondern einen oder eine rein zu wählen ins Amt am Mariahilfplatz. Mit dem Trash-Format eines Privatsenders hat die Suche nach dem Verwaltungschef des Landkreises auch sonst wenig gemein, allenfalls dass man auch als Landrat je nach Abstimmungsergebnis des Kreistages so manche Kröte schlucken muss - wenn schon nicht Kotzfrüchte oder Känguruhoden. Bislang musste sich der Landrat auch nur in den seltensten Fällen mit Unrat bewerfen lassen. Ob sich das in Zukunft ändert, wird womöglich auch vom Abschneiden der AfD abhängen und der Frage, ob sie künftig dem Kreistag und seinen Ausschüssen angehört.

Womit wir bei der Kandidatenkür wären. Der Kreis der Aspiranten umfasst diesmal gleich sechs Personen, wobei der Amtsinhaber klar favorisiert ist, während für die fünf Herausforderer allenfalls das alte Dschungelmotto "Du bist es vielleicht" gelten dürfte. Christoph Göbel will auch in den nächsten sechs Jahren der Chef im ehemaligen Paulanerkloster sein; der CSU-Mann füllt das Amt mit aller Leidenschaft aus und strebt nicht nach höheren Weihen, etwa in der Staatsregierung. Er sei schließlich einem alten Cäsar-Zitat zufolge "lieber in der Provinz der Erste als in Rom der Zweite".

Christoph Nadler hält es da schon eher mit den alten Griechen. Die mythenreiche Insel Kreta hat es dem Grünen-Kandidaten angetan. Beim bodenständigen Taufkirchner besteht jedoch keine Gefahr, dass er wie Ikarus zu nahe an die Sonne fliegen könnte, schließlich ist Nadler Realist und weiß seine Chance als gering einzuschätzen. Und das mit dem Fliegen ist für einen Grünen heutzutage sowieso so eine Sache.

Apropos Klimaschutz und Verkehrskollaps: SPD-Kandidatin Annette Ganssmüller-Maluche setzt mit ihrer Kampagne voll auf die Karte ÖPNV, sie will ihren Überraschungscoup von vor sechs Jahren mindestens wiederholen, als sie Göbel in eine Stichwahl (im Privatfernseh-Jargon: "Recall") zwang. Und während FDP-Mann Michael Ritz die liberale Nische sucht und von einer "Präsenzkandidatur" spricht, setzt Otto Bußjäger (Freie Wähler) auf das Motto "Zusammen geht's besser". Die AfD wird er darin freilich kaum einschließen. Deren Kandidaten Gerold Otten, der auf den allerletzten Drücker auch noch in der Castingshow ums Landratsamt mitmischt, würden alle anderen wohl gerne raus wählen.

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