Kreis und quer:Bello graut's vorm Todestrakt

Auf der Gassimeile in Unterhaching begehen zahlreiche Vierbeiner Gesetzesbrüche

Von Michael Morosow

Taro, ein stattlicher Hund von 50 Kilogramm, saß drei Jahre in einem Trakt des Hochsicherheitsgefängnisses von New Jersey, rechtskräftig von der nicht gerade zimperlichen US-Justiz zum Tode verurteilt. Das Verbrechen des Gefangenen Nr. 914095: Er hatte nach einem kleinen Mädchen geschnappt, der Nichte des Sheriffs. 1994 wurde das Todesurteil in Lebenslänglich umgewandelt.

Wenn Burli davon Kenntnis hätte, würde er jetzt wohl nicht so leichtfertig im Gras sitzen, das neben der ehemaligen Start- und Landebahn im Landschaftspark Hachinger Tal hoch wächst und ausweislich mehrerer Schilder ausschließlich den Bodenbrütern vorenthalten ist. Burli aber ist definitiv kein Bodenbrüter, und das, was er gerade ins Gras fallen lässt, ist auch kein Ei. Burli heißt eigentlich anders, aber er soll an dieser Stelle nicht ans Messer geliefert werden, drei Jahre im Todestrakt würde er nicht überstehen. Der Yorkshire mit einem Gesamtgewicht von vielleicht zwei Leberkäsesemmeln hat in zweifacher Hinsicht das Gesetz übertreten. Erstens dürfen Hunde keine Pfote auf die Bodenbrüterwiese setzen, zweitens müssen sie an der Leine gehen, wenn sie sich außerhalb einer für sie abgesteckten 1650 Meter mal fünf Meter messenden Gassimeile im Norden des Parks aufhalten.

Verdeckte Recherchen der SZ an einem sonnigen Apriltag haben freilich ergeben: Auf dieser Sündenmeile wimmelt es nur so von Straftätern wie zum Beispiel Bello (Name geändert), der die Spur nicht mehr hält und seinen korpulenten Kumpel über die angrenzende Streuobstwiese jagt. "Die Gassimeile ist super", findet sein Frauchen. Vielleicht würden weniger Hunde im Landschaftspark das Gesetz übertreten, wenn sie endlich den Umgang mit dem Maßband beherrschen würden und die fünf Meter Breite nicht länger frei Schnauze abschätzen müssten. Vielleicht könnte ein Besuch in einer Hundeschule hilfreich sein, allerdings nur, wenn Rechnen mit Zahlen und Geometrie auf dem Lehrplan stehen.

So aber waren es insgesamt 14 Hunde, die innerhalb der einstündigen verdeckten Beobachtungen unerlaubt die Gassimeile verlassen hatten. Dabei kennt das Unterhachinger Ordnungsamt neuerdings keine Gnade mehr für Schwanz wedelnde Straftäter. Janni, ein Schäferhundmischling, hat das zuletzt zu spüren bekommen, wurde er doch für neun Monate hinter "Gitter" gesteckt, weil er nach einem Mädchen geschnappt hatte. Janni wurde nunmehr von einem Münchner Verwaltungsrichter begnadigt. Er muss nun innerorts an der Leine keinen Maulkorb mehr tragen und darf außerorts ohne Kopfgitter rennen.

Der verhinderte Bodenbrüter Burli, übrigens, meidet wegen der vielen großen Hunde dort grundsätzlich die Gassimeile, und die Bodenbrüter, so sein Frauchen, müssten keine Sorgen haben: "Der hat mehr Angst vor den Vögeln als umgekehrt."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: